Kapitel 32

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Damion
Ich starrte an die Decke. Mein Kopf dröhnte, doch an Schlaf war nicht zu denken. Nicht nach diesem Abend mit Camilla. Nicht, nachdem sie mich so angesehen hatte. Nachdem ich fast meine Beherrschung verloren und sie geküsst hätte. Möglicherweise sogar mehr als das. Wer weiß, was alles passiert wäre, wenn wir nicht unterbrochen worden wären. Ich schloss die Augen und dachte daran, wie es sich anfühlen würde, sie zu küssen. Ihre Brüste durch dieses Kleid verdammt knappe Kleid zu berühren. Ihren Hintern anzufassen. Sie auszuziehen. Sie völlig entblößt vor mir zu haben. Bei der Vorstellung daran wurde ich steinhart.

Ich fasste mich an, als ich weiter darüber nachdachte. Daran dachte, dass es ihre Finger waren, die mich berührten. Es dauerte nicht lang, bis mich diese Fantasie an meinen Höhepunkt brachte. Seufzend warf ich meinen Kopf ins Kissen. Verdammt. Auch wenn es mir blanke Panik über den Rücken laufen ließ. Es ist sehr gefährlich für mich in ihrer Nähe. Denn ich wusste, dass ich mich bei der nächsten Gelegenheit nicht mehr so zurückhalten können würde.

In den folgenden Tagen versuchte ich krampfhaft, an etwas zu denken als an sie. Doch es war zwecklos. Spätestens im Karaoke-Kurs war ich gescheitert. Da war diese Spannung zwischen uns seit dem Lagerfeuer. Wir mussten uns in Teams einteilen, in denen wir in den nächsten Wochen arbeiten würden. „Es ist doch kein Problem für dich, wenn ich mit Lucia arbeite, oder?", fragte Alex und grinste. Nach dem Lagerfeuer hatte er mich tagelang mit Fragen gelöchert und schließlich hatte ich ihm erzählt, dass nichts zwischen mir und Cami passiert war. Denn so war es. Nichts war passiert.

Doch Alex war scheinbar der Meinung, dass mir Camis Nähe guttut. Das Problem dabei war, dass er Recht hatte. Ich wollte sie in meiner Nähe. Ich rollte mit den Augen und zeigte ihm den Mittelfinger. „Partner?", fragte Cami und grinste mich an. „Okay," antwortete ich und wusste, dass ich es bereuen würde.

Zu Hause war mittlerweile so etwas wie Ruhe eingekehrt. Mein Vater und ich begannen uns langsam besser zu verstehen und auch wenn man in vielen kleinen Momenten merkte, dass Mom als Verbindung zwischen uns fehlte, wurde die Beziehung zwischen uns so etwas wie friedlich. Natürlich verstanden wir uns nicht unbedingt blendend und Dad war immer noch impulsiv und schnell wütend, aber wir verstanden uns. Irgendwie. Seit Moms Todestag hatte sich etwas verändert. Denn wir hatten gemerkt, dass es vor allem die Trauer um sie war, die uns verband. Früher hatte Dad nie über Mom gesprochen, doch mittlerweile schauten wir uns ab und zu alte Bilder von ihr an und erzählten Geschichten über sie.

Gestern hatten wir uns sogar wieder zusammen an einem koreanischen Gericht, was sie früher immer gekocht hatte, probiert. Vor ein paar Wochen hätte ich mir das niemals vorstellen können. Mit Dad allein kochen. Ohne irgendeinen veganen Scheiß von der Schnepfe. Eine weitere positive Entwicklung. Denn sie und ihren Stinkstiefel vermisste ich wirklich überhaupt gar nicht. Im Gegenteil. Es war wirklich befreiend, endlich meine Ruhe zu haben und ich hatte nicht lange gebraucht, um mich daran zu gewöhnen.

„Ich habe jetzt Tinder," hatte mir Dad bei unserem Essen gestern stolz erzählt und ich verschluckte mich heftig. Dann fing ich an zu lachen. „Das ist nicht dein Ernst," gluckste ich, doch Dad sah mich ernst an. „Natürlich. Ich vermisse deine Mutter zwar, aber du hast selbst gesagt, dass du verstehst, dass es Zeit ist, über eine neue Frau an meiner Seite nachzudenken," entgegnete er und ich nickte langsam. „Hauptsache du verschonst mich mit Details und ich treffe keinen von euch halbnackt im Haus an. Das wäre für alle unangenehm," erwiderte ich und damit war das Thema glücklicherweise beendet.

„Du hast dich echt positiv entwickelt Damion. Liegt das vielleicht an einem Mädchen?", fragte mein Vater stattdessen. Diesmal schaffte ich es gerade so, mich nicht nochmal zu verschlucken. „Wie kommst du denn darauf?", fragte ich schockiert und fühlte mich gleichzeitig ertappt. Denn Cami hatte wirklich einen Einfluss auf mich. Sie veränderte meine ganze Weltansicht und ich sah viele Dinge anders. Positiver. „Nur so ein Gefühl. Aber ist schon gut, du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst," entgegnete Dad und ich war froh, dass er mir eine Privatsphäre ließ. Denn mein Vater war wirklich der Letzte, mit dem ich über mein Liebesleben reden wollte. Vor allem, wenn es da nicht mal wirklich etwas zu erzählen gab.
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Camilla
Seit meinem Fast-Kuss mit Damion hatte er sich mal wieder völlig von mir zurückgezogen. Es war so ein unfassbar starkes Hin und Her mit ihm, dass mir langsam schwindelig davon wurde. Aber vielleicht war es auch gerade das, was mich so an ihm reizte. Dass er so unerreichbar und dann plötzlich wieder so greifbar war.

Ich versuchte mich trotz dessen so gut es ging auf die Schule und meine Noten zu konzentrieren. Und natürlich auf unser Volleyball-Team, was sich diese Saison übrigens hervorragend schlug. Bis jetzt hatten wir bis auf ein Spiel alle gewonnen, darunter auch einige wirklich starke Gegner. Ich war stolz auf uns. Das ganze Team hatte einen guten Einklang gefunden und ergänzte sich nahezu perfekt. Es machte richtig Spaß und von Woche zu Woche stieg mein Kampfgeist und die Chance auf die Meisterschaft immer weiter an.

Das einzige, was mir echte Bauchschmerzen bereitete, war Spanisch. Genauer gesagt Mr. Fernández. Und heute war es mal wieder so weit. Ich hatte in letzter Zeit viel zu oft geschwänzt und ich konnte es mir einfach nicht leisten, heute schon wieder zu fehlen. Lucia und Tyler waren ohnehin schon skeptisch und da ich immer noch nicht bereit war darüber zu sprechen, hatte nicht vor, ihre neugierigen und gefährlich scharfsinnigen Nasen noch mehr Futter zu geben. Immerhin hatte ich es mittlerweile geschafft, zu meinem normalen Essverhalten zurückzukehren, auch wenn es immer noch Tage gab, an denen mir allein beim Gedanken an meinen Spanischlehrer kotzübel wurde.

Ich hatte bereits einen Großteil der Stunde geschafft und den Rest würde ich auch noch hinter mich bringen und dann genau so schnell rausstürmen, wie die letzten Male. Mit der Ausrede, dass ich meinen Bus bekommen müsse. Ich versuchte mich abzulenken und quatschte Tyler an, der neben mir saß.
„Ist es mit deinem Vater eigentlich etwas besser geworden?", fragte ich leise. Wir waren gerade in einer Arbeitsphase, aber da Tyler ohnehin schon fertig war, machte es ihm nichts aus. Er seufzte leise und drehte sich zu mir. Seine Augen hatten sich bei der Erwähnung seines Vaters verdunkelt und sofort bereute ich meine Frage. Auch wenn ich für ihn da sein und ihn unterstützen wollte, hätte ich mir vielleicht eine andere Möglichkeit als den Unterricht zum Reden aussuchen sollen. Aber in letzter Zeit hatte ich Ty kaum gesehen geschweige denn länger als fünf Minuten allein gesprochen.

Wir hatten einfach alle wahnsinnig viel um die Ohren und da bald die letzte Klausurenphase anfing, büffelten vor allem Tyler und Lucia, was das Zeug hielt.
„Es ist nicht wirklich besser, nein. Ständig lässt er irgendwelche Kommentare los und egal wie sehr ich mich bemühe, er akzeptiert mich einfach nicht. Und das Schlimme ist, dass ich in schwachen Momenten sogar anfange den Scheiß zu glauben, den er mir erzählt. Manchmal wünsche ich mir einfach normal zu sein. Ein normaler Sohn, auf den seine Eltern stolz sind," sagte Tyler verzweifelt und schluckte. Ich griff nach seiner Hand
„Aber genau das bist du Tyler. Es gibt nichts an dir, was nicht liebenswert ist." Ich hatte eigentlich noch mehr sagen wollen, aber eine Stimme unterbrach mich.

„Camilla, macht es dir etwas aus deine Privatgespräche auf nach dem Unterricht zu verschieben?", fragte Mr. Fernández scharf. Scheiße. Ich schüttelte energisch den Kopf und lächelte entschuldigend. „Schön. Wir sprechen dann nach der Stunde nochmal darüber," entgegnete er und in meinem inneren verkrampfte sich alles. Nein, nein, nein. Das konnte nicht wahr sein. Verdammter Mist. Ich spürte, wie mir jegliche Farbe aus dem Gesicht wich und blickte schnell aus dem Fenster. Vor dem Ende der Stunde, was ich vor ein paar Minuten noch herbeigewünscht hatte, graute es mir immer mehr.

Und schließlich war es so weit. Ich befand mich in meinem schlimmsten Alptraum. Wir waren allein in der Klasse. „Du warst heute ein ganz schön ungezogenes Mädchen, was?", fragte mich mein Spanischlehrer und der Blick, mit dem er mich musterte, gefiel mir überhaupt nicht. Ich fühlte mich schmutzig und definitiv am falschen Ort. Er kam mir näher. Ich kratzte all meinen Mut zusammen. „Wenn Sie damit nicht aufhören, werde ich Sie melden," sagte ich und merkte, wie verzweifelt und dünn meine Stimme klang. „Womit denn?", fragte er und trat nun direkt vor mich. „Damit?" Seine Hand strich meine Hüfte entlang und ich erstarrte. Erstarrte so lange, bis er kurz davor war, meinen Hintern anzufassen.

Ich wusste nicht wie, aber irgendwie schaffte ich es, mich aus meiner Starre zu befreien und schlug ihm auf die Hand. „Finger weg!", rief ich und meine Stimme bebte. Ich fühlte mich furchtbar und wollte einfach nur weg. „Ach ja? Und wer wird dir glauben?", lachte Mr. Fernández abfällig.
„Niemand du dummes Mädchen. Ich arbeite hier seit 15 Jahren. Und was denkst du was dann passieren wird? Ich werde dich durchfallen lassen," sagte er und Triumph und Selbstgehässigkeit lagen in seiner Stimme. Verdammt. Wo war ich hier nur hineingeraten?

Mit letzter Kraft ging ich schnell aus dem Klassenzimmer, bevor er es sich anders überlegen und sich an mir vergreifen würde. Scheiße. Scheiße, scheiße. „Geh ruhig! Du wirst schon noch sehen, was du davon hast Camilla!", rief er mir hinterher und mir liefen Tränen über die Wangen.
Was sollte ich nur tun?!
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i'm kinda busy so see u tomorrow🫶🏼

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