Kapitel 34

238 14 14
                                    

Camilla
Mein sechzehnter Geburtstag war etwas, auf das ich mich schon seit Langem freute. Ich weiß gar nicht warum. Ich glaube, weil man mit 16 seine Prime-Time und den Höhepunkt seiner Jugend erlebt. Man ist noch kein Erwachsener, der sich um alles kümmern muss, sondern man kann machen, was man will. Ich habe das Gefühl 16 ist das Alter, an das man später mit Sehnsucht zurückdenkt. Und morgen war dieser eine Tag.

Wir würden später rein feiern. Lucia und Tyler hatten eine Party organisiert. Sie hatten mir zwar versichert, dass es etwas Kleines werden würde, aber ich wusste, dass sie maßlos übertreiben würden. Wahrscheinlich hatten sie die halbe Schule eingeladen. Doch nur beim Gedanken an eine einzige Person schlug mein Herz schneller. Damion. Ich wusste, dass er da sein würde. Wir hatten einen kleinen Park mit Pavillon am See gebucht und Lucia hatte mir erzählt, dass sie unter anderem die Clique von Alex eingeladen hatte. Es war zwar noch nichts wirklich zwischen uns passiert, aber es waren die kleinen Momente mit Damion, die meinen Puls beschleunigten.

Er hatte sich verändert. Zumindest zum Teil. Manchmal war er immer noch dieser arrogante Mistkerl, der mich auf 180 brachte. Aber immer öfter zeigte er mir, was sich dahinter verbarg. Meistens nur für einen kurzen Augenblick. Zum Beispiel neulich bei unserer Nachhilfe. Allein die Erwähnung von Spanisch triggerte mich im Moment. Er hatte gemerkt, dass mich etwas belastete. „Was ist mit dir Cami?", hatte er gefragt. Da war dieser Ausdruck in seinen Augen. Nur ganz kurz. Aber da war Mitgefühl in seinem Blick. Ich hatte mich zwar rausgeredet und danach hatten wir ganz normal weiter gelernt, aber es hatte mich berührt, dass er sich um mich sorgte. Andererseits war er manchmal einfach nur unausstehlich und ein Rätsel. Wenn wir uns näherkamen, machte er zu. Er ging auf Abstand und war kühl und abweisend.

Wir mussten letzte Woche im Karaoke-Kurs eine Übung zusammen machen, bei dem man sich für zwei Minuten durchgehend in die Augen schauen musste, ohne den Blickkontakt abzubrechen und dabei einen Song zusammen singen. Wir hatten I wanna be yours von Arctic Monkeys zugeteilt bekommen. Da es um Lovesongs geht, war das mit dem Blickkontakt unsere erste Übung. Wir sollten unseren Teampartner besser kennen lernen und uns mit der Message vom Song identifizieren können. Es hatte keine zehn Sekunden gedauert, bis ich mich in seinen Augen verloren hatte. Da war etwas zwischen uns gewesen, als wir gesungen hatten. Eine Verbindung. Ich hatte fast meinen Einsatz verpasst. Er hatte auf meine Lippen geschaut und ich war nähergekommen. Doch plötzlich war er zurückgeschreckt und hatte den Rest des Songs starr auf den Text statt in meine Augen geguckt. Er hatte kaum mehr mit mir gesprochen und war am Ende der Stunde schnell gegangen.

Ich wurde einfach nicht schlau aus ihm. Ich fragte mich, ob es etwas mit seiner Panik vor Nähe zu tun hatte.

Aber er hatte mir gezeigt, dass er meine Nähe okay fand, oder nicht?
War es etwas anderes? War ich das Problem? Wollte er mich vielleicht gar nicht?
Hatte ich mir seine Blicke nur eingebildet und sein Verhalten falsch gedeutet?
Unmöglich.
„Wir hätten so enden können wie Alex und Lucia", waren seine Worte gewesen. Wieder einmal fragte ich mich, was ihn belastete. Was war es, was er mir am Lagerfeuer nicht erzählen konnte?

„Cami?" Ich schreckte hoch. Lucia lehnte in meinem Türrahmen. „Time to get ready bitchhh!!" Ich lachte. Wir hatten ungefähr zweieinhalb Stunden Zeit, bis wir losmussten, um die letzten Vorbereitungen zu treffen. „Eigentlich kriegst du ja deine Geschenke erst morgen, aber das könntest du heute eventuell gebrauchen." Erst jetzt realisierte ich, dass sie eine riesige Box in den Armen hielt. „Du musst mir doch nichts schenken, ihr organisiert doch schon die Party," sagte ich völlig überrumpelt. Sie setzte sich zu mir aufs Bett und gab mir ungeduldig die Box.

Verwirrt nahm ich sie entgegen und strich über die glatte Oberfläche. „Mach schon auf!", rief Lucia ungeduldig. Ich öffnete den Deckel und hielt die Luft an.  Tränen stiegen mir in die Augen. Ich blickte auf das wunderschönste Kleid, was ich je gesehen hatte. Es war ein Traum und traf zu 100% meinen Geschmack. Ich hielt es vor mich.  Es war aus einem pastellgrün, meiner Lieblingsfarbe, und der Schnitt sah einfach perfekt aus. Der Stoff war aus Tüll und überall waren kleine Blümchen eingenäht.

don't want to love youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt