Kapitel 12 - Erens Zuhause

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TW: Bulimie 

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POV Levi

In der Mathestunde sah ich ständig auf die Uhr und zählte die Minuten. Noch eine.. dann schlägt es 5 und wir dürfen endlich gehen. Unsere Lehrerin schreibt gerade noch die Hausaufgaben an die Tafel. Draußen war es immer noch so hell. Ich sah aus dem Fenster und spürte die Wärme. Es klingelte plötzlich und alle standen auf. Auch ich packte alles in die Tasche und ging zur Tür. "Schönes Wochenende, Levi!" schrie mir Mike von seinem Platz aus zu. Ich winkte ihm und Nanaba zu und ging dann nach draußen in Richtung Bibliothek. 

Ob das alles wirklich gut ist? Eren.. ist es richtig, dass ich dich treffe? Obwohl ich doch weiß, dass ich mein Leben zuerst in den Griff bekommen sollte.. Ruckartig wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und an die Wand gedrückt. Erwin stand vor mir und drückte mit seinem Arm gegen meinen Hals. Ich stand an der Wand, konnte nicht zurück und nicht nach vorne.. Ich kniff meine Augen zu und versuchte nach Luft zu ringen. 

Erwin beugte sich zu mir nach unten und flüsterte mir wieder ins Ohr.. "Wenn du mich noch einmal.. so stehen lässt wie heute morgen.. dann kannst du dich auf was gefasst machen. Du ignorierst mich nicht, verstanden?" Seine Stimme war so bedrohlich, so einschüchternd. Ich nickte schnell.. Bitte, lass einfach los.. Ich bekomme keine Luft.. Lass mich los.. Obwohl er meine Gedanken nicht hören konnte, lies er mich los und ging weg. Ich flog auf meine Knie, hielt meinen Hals und wischte meine Tränen weg. Ich atmete tief ein, füllte meine Lungen mit Luft und versuchte, mich zu beruhigen. Irgendwann stand ich auf und ging mit zittrigen Beinen zur Bibliothek.

Mein Blick wanderte durch den Raum und traf dann auf ihn, wie er auf einem großen Tisch, ganz alleine saß und in sein Buch sah. "Hey.." sagte ich ruhig und legte meine Hand auf die Tischkante, um mich abzustützen. "Ahh, da bist du ja!" Er lächelte mich an und fing an alles wegzuräumen. "Kannst ruhig noch fertig machen.." "Nein, das kann ich eh am Wochenende noch machen. Also, gehen wir?" fragte er mich dann und sah mich an. Mit seinen grünen, so unschuldigen und freundlichen Augen.. Kurz wartete ich.. Versuchte stabil zu stehen und antwortete mit einem kurzen "Ja.." Noch immer zitterte ich am ganzen Körper. Beruhig dich.. 

Wir gingen dann los und Eren erzählte mir von seinem Tag. Er war so frei.. er ist wie ein Licht, das in meine Welt gekommen ist. So rein und so gut.. Als wir am Schulhof vorbei gingen sah ich Erwin, der nur an der Wand lehnte und zu mir sah. Dann gingen wir um die Ecke und er verschwand. "Möchtest du mit zu mir kommen? Meine Mutter hat heute extra gekocht, weil ich heute Namenstag hab.." Ich sah ihn verwundert an. "Namenstag? Ihr feiert sowas? Sollten wir uns dann nicht lieber wann anders treffen..?" "Nein nein, kein Stress. Meine Mutter ist die einzige, die darauf Wert legt.. Ich weiß jedes Jahr wieder nicht wann mein Namenstag ist. Du kannst gerne mitessen." 

Ich war etwas unsicher.. Seine Eltern.. Ich hasse es, neue Menschen kennenzulernen.. Oder besser gesagt, ich hasse es, wenn ich mich vor neuen Menschen beweisen muss.. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll.. Ich habe nur Angst, dass sie erkennen, wie kaputt ich innerlich bin. Und sie mich hassen. Und sich denken, was ich für ein ekelhafter Junge bin.. Und dann auch noch Essen.. Fuck.. 

Trotzdem ging ich mit ihm mit. An der Tür angekommen läutete er an. Ich kannte sowas nicht. Meine Mutter war nie zuhause.. Es war schon so lange her, dass mich jemand zuhause erwartet hat.. Plötzlich stand eine Frau vor uns, die Erens Mutter sein musste. "Hallo Eren! Oh, da ist ja noch jemand?" Sie lächelte mich an. "Ja, das ist Levi.. Geht in meine Parallelklasse.. Ist es okay wenn er mit uns isst? Wir wollten noch zusammen lernen.." "Ja klar, kommt nur rein." Sie wirkte freundlich. Drinnen begrüßte mich auch Erens Vater. Seine Eltern waren zuhause.. Schön.. Wir gingen dann nach oben. Endlich. Ich fühlte mich immer so unwohl bei fremden Menschen.. 

Eren schloss dann die Tür und atmete aus. "So, hätten wir das auch." Er kam dann auf mich zu und umarmte mich. Einfach so.. Ich legte meine Hände ebenfalls um ihn. Diese Umarmung gab mir so viel Sicherheit.. Erwin konnte mich hier nicht erreichen.. Ich bin hier sicher.. Er war so warm. Zuhause.. Es war das Gefühl von zuhause.. Wir setzten uns dann aufs Bett und quatschen ein bisschen. Sein Zimmer war groß, sehr modern eingerichtet und alles sah neu aus. Hin und wieder gaben wir uns die Hand.. spielten mit den Fingern des anderen oder strichen einander über die Hand. 

Wir gingen dann nach unten, als uns Erens Mutter zum Essen rief. Seine Eltern fragten Eren wie die Schule war. Wie es ihm so geht. Wie wir uns kennengelernt haben.. Sie fragten ihn einfach so alltägliche Dinge. Wieviel ich geben würde, um so etwas auch zu haben.. Die meiste Zeit über hörte ich einfach nur zu.. Als wir dann fertig waren, gingen Eren und ich wieder nach oben. "Eren.. wo ist denn das Bad?" "Ah, gleich die zweite Tür." Wieder ging ich aufs Klo.. Ich konnte nicht damit aufhören. Eigentlich.. wusste ich gar nicht, ob ich wirklich nicht damit aufhören könnte. Es ist so normal für mich geworden, nach größeren Mahlzeiten auf die Toilette zu gehen.. Ich habe nie probiert, es nicht zu tun. Es ist meine armseelige Normalität..

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Ein Kapitel zu später Stunde 🤍

Mein geliebter Eren... [Eren × Levi]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt