Kapitel 20 - Jonas

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Wie lange er schon wach gelegen und gewartet hatte, dass sich nicht mehr alles um ihn herum drehte, wusste Jonas nicht mehr. Sicherlich ein oder zwei Stunden, in denen seine Gedanken wie verrückt kreisten. 

Es war vollkommen falsch, dass er hier lag, nur mit einem Handtuch bekleidet im Bett seines Ex. Sicher, es war nichts passiert, außer dass Markus ihm gesagt hatte, dass er ihn liebte, aber das wusste er bereits. 

Er drehte sich auf den Rücken und sah sich in dem Zimmer um. Es war dunkel, nur ein wenig Licht drang durch den Schlitz unter der Tür zum Wohnzimmer herein. Ganz leise hörte er Markus in der Wohnung umhergehen, als wäre er rastlos. Anschließend hörte er, wie er etwas aufschlug, so als würde er eine knüddelige Decke aufschlagen und falten. Auf einmal wurde ganz langsam die Tür geöffnet und ein Lichtkegel fiel herein. 

„Jonas? Deine Wäsche ist fertig", sagte Markus leise. Das war also das Geräusch gewesen, er hatte seine Klamotten aufgeschlagen und ordentlich zusammengelegt. Jonas blinzelte, bis sich seine Augen an das helle Licht aus dem Wohnzimmer gewöhnt hatten und setzte sich auf. Ein Stöhnen entfuhr ihm, denn noch immer war ihm schwindelig. Er stützte die Hände neben sich auf der weichen Matratze ab. 

„Alles okay?", fragte Markus, seine Stimme eindeutig besorgt. Langsam betrat er das Zimmer, knipste eine kleine Lampe auf dem Nachttisch an und setzte sich neben ihn. Jonas hob beschwichtigend die Hand als Zeichen, dass alles okay war. 

Allerdings spürte er Markus Blick auf sich ruhen und ihm wurde bewusst, dass er nur ein Handtuch um die Hüften trug und ansonsten nackt war. Zögernd sah er zu Markus, der seine Klamotten ordentlich gefaltet in der Hand hielt. Jonas spürte, dass er noch immer ordentlich angetrunken war, aber er musste dringend wieder zurück zum L'Affaire, in der Hoffnung, dass Raphael noch nicht zu Antoine nach Hause gefahren war. 

„Okay, danke. Ich... ich muss wieder zurück", sagte er, drückte sich von der Matratze hoch und stand auf. Allerdings wankte er, ohne es verhindern zu können. Sofort war Markus auf den Beinen und hielt ihn stützend am Arm fest. 

„Wie viel hast du denn getrunken?", fragte er vorwurfsvoll und trat dabei so nah an ihn heran, dass ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander getrennt waren. Jonas spürte, wie sein Atem sich beschleunigte, ohne dass er es verhindern konnte. Auf einmal wurde ihm wieder speiübel und er spürte, wie sich wieder etwas den Weg nach oben bahnte. Panisch rannte er los und schaffte es gerade noch so bis zum Klo, bevor er sich noch einmal übergab. 

Glücklicherweise landete dieses Mal nichts auf ihm. Er keuchte, spuckte in die Schüssel und streckte die Hand nach dem Abzieher aus. Er drückte ab, erhob sich mühsam und ging zum Waschbecken, wo er sich den Mund ausspülte. 

Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung und als er den Kopf drehte, sah er Markus, der mit verschränkten Armen im Türrahmen stand. Jonas fühlte sich noch immer elendig und er spritzte etwas Wasser ins Gesicht, bevor er das Bad wieder verlassen wollte. 

Allerdings versperrte Markus ihm den Weg und das erste Mal musterte dieser ihn von oben bis unten. Jonas griff eilig nach dem Handtuch, aber es war glücklicherweise noch immer an Ort und Stelle. Auf einmal spürte er Markus Hand an seiner Wange, ganz sanft und zärtlich. Jonas erschauerte, allerdings fühlte sich die Berührung gut an. Moment! Nein, das war ganz und gar nicht gut! 

„Hör auf", sagte er und zu seiner Überraschung gehorchte Markus, trat einen Schritt beiseite und ließ ihn hinaus. Jonas wankte zum Schlafzimmer und griff nach seinen Klamotten, die Markus aufs Bett gelegt hatte. Ihm war durchaus bewusst, dass Markus ihm folgte, aber er ignorierte ihn und ließ das Handtuch fallen, um sich anzuziehen. In diesem Moment war es ihm vollkommen egal, ob er ihn sah. Plötzlich ließ ihn Markus scharfes Lufteinziehen innehalten. 

„Verdammt, du bist so wunderschön", keuchte er und auf einmal stand Markus direkt hinter ihm, eine Hand auf seiner Schulter. Jonas verspannte sich, doch bevor er Markus Hand abschütteln konnte, ließ er sie von seiner Schulter zu seiner Brust wandern. Markus Atem streifte seine Wange und er spürte, wie Markus sich an ihn presste. Jonas stand einfach nur da, berauscht vom Alkohol und gleichzeitig viel zu erschöpft und müde, um irgendwie zu reagieren. Es war, als wäre sein Verstand vernebelt. 

„Du weißt gar nicht, wie sehr ich mir das hier gewünscht habe. Du und ich wieder zusammen. Ich weiß, dass ich dich glücklich machen kann", säuselte Markus in sein Ohr. Jonas Herzschlag beschleunigte sich und er spürte, wie er erzitterte. 

Markus löste sich von ihm, aber nur für einen Moment. Er drehte ihn zu sich herum, sodass er ihn ansehen konnte. Als er in Markus graue Augen sah, spürte er förmlich die Liebe, die aus ihm wie Funken sprühten. Jonas Herz wurde schwer. 

„Ich... ich muss gehen", murmelte er so leise, dass es kaum hörbar war. 

„Bitte bleib hier. Du bist noch zu betrunken, um allein bis nach Villing zu kommen. Leg dich in mein Bett und schlaf ein wenig", sagte Markus und drückte ihn mit sanfter Gewalt zurück ins Bett. Jonas ließ es zu und er legte sich seitlich hin, wieder den Bettpfosten umklammernd, damit sich nicht alles um ihn herum drehte. Markus strich ihm sanft über den Arm, bevor auch er sich auszog und um das Bett herum auf die andere Seite ging. 

Jonas spürte, wie er sich neben ihn ins Bett legte, wohl wissend, dass sie beide vollkommen nackt waren. Seine Gedanken verselbständigten sich, wieder einmal. Er sehnte sich nach Matthias, der ihn berührte, ihn küsste und ihn umarmte. In diesem Moment wurde ihm bewusst, dass Markus nur wenige Zentimeter von ihm entfernt lag, er spürte seine Wärme eindeutig an seinem Rücken. 

„Jonas", hauchte er und legte seine Hand auf seine Hüfte. Ein kalter Schauer, gefolgt von einem heißen der Erregung durchlief ihn und er schloss für einen Moment die Augen. Der Alkohol ließ seine Gedanken schlüpfrig werden und er musste sich wirklich zusammenreißen, dass er nichts Falsches tat. Wobei, war das hier nicht schon alles falsch? Auf einmal spürte er Markus Lippen in seinem Nacken. 

„Lass dich fallen. Ich weiß, du bist heiß", raunte er und ließ seine Lippen über seine Schulter wandern und schließlich wieder zurück bis zu seiner Wange. Jonas Herz pochte ihm bis zum Hals, raubte ihm beinahe den Atem. 

„Ich will mit dir zusammen sein, für immer. Ich will dich heiraten", säuselte Markus, während er sanften Druck gegen seine Schulter ausübte und ihn so auf den Bauch drehte. 

In Jonas Ohren rauschte es. Hatte er gerade gesagt, er wollte ihn heiraten? Ein Keuchen entfuhr ihm und panisch drehte er den Kopf herum, um Markus anzublicken. Er lächelte, den Kopf lässig auf einer Hand abgestützt, während seine andere seinen Rücken hinunter wanderte. 

„Wir waren glücklich, bis ich diesen unverzeihlichen Fehler begangen habe. Ich werde es wieder gut machen, das verspreche ich dir. Ich werde dir den schönsten Ring kaufen und dich zu meinem Mann machen", machte er weiter leere Versprechungen. Dennoch ließen sie Jonas nicht kalt. Immerhin hatte er Markus einmal geliebt, sehr sogar. 

Er spürte, wie Markus Hand immer weiter nach unten wanderte, bis sie schließlich seine Hintern umfasste. Markus Blick wurde dunkel vor Verlangen. Langsam beugte er sich zu ihm, küsste noch einmal seine Wange. Jonas spürte, dass er erregt war. Ja, er wollte es, hier und jetzt. Aber... aber nicht mit Markus. Er schloss die Augen und sofort drängte sich Matthias in seine Gedanken. Sein Lachen, wenn sie herumalberten und sein Blick, wenn er gefühlsduselig wurde und ihm sagte, dass er ihn liebte. Oh und wie er ihn liebte. Er liebte Matthias. 

Jonas spürte, wie Markus ihn küsste, ihn berührte. Und er ließ es zu. Gleichzeitig dachte er an Matthias, wie anders sich seine Berührungen anfühlten, wie anders seine Lippen schmeckten. Aber Matthias war nicht hier, er wollte ihn nicht heiraten. Jonas entfuhr ein Wimmern. 

„Tut es weh?", fragte Markus und erst da wurde ihm bewusst, was er hier gerade tat. Oder was er geschehen ließ. 

„Ich bin vorsichtig, Baby. Das war ich immer", säuselte Markus, gefolgt von einem lustvollen Stöhnen. 

Slice of Life - L'AffaireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt