Slice of Life - L'Affaire

Kapitel 73 - Matthias

 „Hey, ich..."

Weiter kam Matthias nicht, denn das Gespräch wurde wieder beendet. Verwirrt sah er auf sein Handy. Hatte Jonas vielleicht versehentlich aufgelegt? Oder war die Verbindung zu schlecht? Er überlegte, ob er ihn einfach noch einmal anrufen sollte, doch noch bevor er eine Entscheidung treffen konnte, hörte er Aaliyah. 

Sie ging offensichtlich ins Bad, denn die Tür quietschte leise. Matthias horchte. Sicherlich musste sie nur auf die Toilette und schlief gleich weiter. 

„Papa", rief sie auf einmal, gequält und irgendwie weinerlich. Sofort war Matthias alarmiert. Er schleuderte die Decke weg, schmiss sein Handy auf die Matratze und eilte ins Bad. 

Als er Aaliyah auf dem Boden vor der Toilette hocken sah, wurde ihm mulmig zumute. Er ging neben ihr in die Hocke und strich ihr das lockige Haar aus der Stirn. Sie war kaltschweißig. 

„Hey, was ist den los, Kleine?", fragte er, allerdings brachte sie nur ein Stöhnen hervor, beugte sich näher über die Kloschüssel und erbrach sich. 

„Oh meine Kleine", flüsterte er, während er ihr sanft über den Rücken streichelte. Aaliyah würgte, bis nur noch Galle kam und schließlich nur noch Spucke. Tränen liefen über ihre Wangen und Matthias Panik stieg. Er spülte alles herunter und legte den Arm um sie. 

„Geht es dir jetzt etwas besser?", fragte er, aber sie schüttelte den Kopf. Fieberhaft überlegte er, wie sein Vater sich früher um ihn gekümmert hatte, wenn er krank geworden war. 

„Na komm, legen wir dich ins Bett. Ich gebe dir einen Eimer, wenn du noch mal brechen musst und ich gucke mal, was ich für Medizin habe, okay?", fragte er, was Aaliyah mit einem Nicken beantwortete. Allerdings schien sie zu schwach, um aufzustehen, denn sie ließ sich gegen ihn fallen und hob leicht die Arme, wie eine angedeutete Aufforderung, sie zu tragen. Matthias erfüllte ihren Wunsch, hob sie unter einem kleinen Ächzen hoch und trug sie in ihr Bett. 

„Ich bin gleich wieder bei dir", sagte er, aber sie reagierte nur mit einem schwachen Nicken, die Augen geschlossen. Matthias eilte zurück ins Bad, schnappte sich den Eimer unter dem Waschbecken und befeuchtete einen Waschlappen. Beides brachte er zu ihr, den Eimer platzierte er neben ihrem Kopf auf dem Boden neben dem Bett und den Lappen legte er ihr auf die schweißnasse Stirn. Sie zitterte und er legte ihr sorgsam die Decke über. Noch einmal strich er ihr durchs Haar, doch sie beugte sich schon wieder nach vorn, über den Eimer. Allerdings spuckte sie nur Galle hinein. Matthias Herz wurde schwer. Er wartete, bis sie sich zurück in die Kissen sinken ließ und erhob sich von der Bettkante. 

„Ich hole dir Medizin gegen die Übelkeit", sagte er, allerdings war er sich gar nicht sicher, ob er etwas da hatte, das für Kinder geeignet war. Fahrig wuselte er ins Bad, öffnete den Erste-Hilfe-Schuhkarton und kramte darin herum. Allerdings hatte er nicht wirklich etwas gegen Übelkeit, nur Tabletten, die Jonas mal verschrieben bekommen hatte, aber die würde er sicherlich keinem Kind geben. 

Was sollte er nun tun? Er stellte den Karton zurück und eilte in die Küche, wo er ein Glas mit kühlem Leitungswasser füllte. Ohne wirklich zu wissen, wonach er suchte, öffnete er die Schranktüren der Oberschränke und stieß schließlich auf eine Packung TicTac. Der Placeboeffekt war bei Kindern sicherlich sehr groß, also nahm er eines heraus und ging mit dem Glas in der Hand zurück zu Aaliyah. Sie lag unverändert in ihrem Bett, öffnete aber kaum merklich die Augen, als er sich wieder zu ihr setzte. 

„Hier, guck mal. Ich habe eine Tablette, die hilft dir bestimmt", sagte er, hielt ihr das TicTac und das Wasser hin. Langsam setzte sie sich ein wenig auf, nahm beides und beförderte das TicTac in ihren Mund. Als sie es mit dem Wasser wie eine Tablette herunterspülte, atmete Matthias innerlich erleichtert auf. Sie reichte ihm das Wasser zurück, dass er auf ihrem Schreibtisch stellte, der nur eine Armeslänge entfernt war. Sie fiel wieder ins Bett, das kleine Gesicht blass und die Augen wieder geschlossen.