Kapitel 68 - Jonas

1 0 0
                                    

Jonas fühlte sich, als hätte er die ganze Nacht wachgelegen. Seine Augen waren einfach immer wieder aufgesprungen, seine Gedanken hin und her gerast und Markus Annäherungsversuche hatten es noch schlimmer gemacht. Aber er hatte nicht zugelassen, dass es über Kuscheln und Küssen hinausging. Irgendetwas in ihm sträubte sich dagegen und immer und immer wieder schlich sich Matthias in sein Kopf. Sein schiefes Lächeln und die verträumten Augen, die ihn um den Verstand brachten. 

„Guten Morgen Schatz. Du bist ja schon wach", riss Markus belegte Stimme ihn aus seinen Grübeleien und wie automatisiert richtete er den Blick über die Schulter zu ihm. Markus lächelte, auch wenn er noch ziemlich verschlafen aussah. Er bewegte seinen Arm langsam in seine Richtung, bis er ihn schwer auf Jonas Taille ablegte. Sein Daumen strich sanft über die Haut über seinen Rippen. 

„Ich habe nicht wirklich gut geschlafen", sagte Jonas, griff nach Markus Handgelenk und hob seinen Arm von sich herunter. Mit einem Ächzen setzte er sich auf und stemmte die Hände neben sich in Matratze. Markus seufzte herzzerreißend, schlug aber ebenfalls die Decke zurück. 

Eilig erhob Jonas sich, schnappte sich sein Handy, das neben dem Bett auf dem Boden lag und ging ins Bad. Glücklicherweise folgte Markus ihm nicht, sodass er in Ruhe auf die Toilette gehen konnte. 

Allerdings wanderte seine Aufmerksamkeit zu auf sein Handy. Erschrocken stellte er fest, dass Matthias ihn vor wenigen Minuten zurückgerufen hatte. Wütend darüber, dass er sein Handy auf lautlos gestellt hatte, biss er sich auf die Zunge. Hätte er nur mit Matthias reden können, während Markus schlief. 

Sehnsucht packte ihn und hielt ihn fest in seinem Griff. Seine Finger zitterten, als er die Nummer der Mailbox wählte und sich sein Handy fest ans Ohr presste. Als er Matthias Stimme hörte, schossen ihm plötzlich Tränen in die Augen. Er klang so vertraut, so liebenswürdig und unbeholfen, dass er ihn am liebsten fest in die Arme geschlossen hätte. Gott, was tat er hier nur? Du hast ihn betrogen, vergiss das nicht!, erinnerte ihn eine kleine, penetrante Stimme, die er einfach nicht los wurde. Ja, er hatte ihn betrogen, hatte ihn verlassen, sein Herz aus seiner Brust gerissen und darauf herumgetrampelt. Und dennoch schien Matthias Liebe zu ihm stark genug zu sein, um all das zu überwinden. 

Langsam ließ er das Handy sinken, als Matthias Stimme verstummt war. Unschlüssig stand er im Bad, doch bevor er seine Gedanken und Gefühle richtig geordnet hatte, klopfte es laut an der Tür. Das Geräusch fuhr ihm durch Mark und Bein und er schloss für einen Moment die Augen. 

Schon nach dem Bruchteil einer Sekunde platzte Markus herein, klappte den Klodeckel auf und erleichterte sich. Jonas wandte den Blick ab und machte Anstalten, das Bad wieder zu verlassen. Er wollte dringend nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen. 

„Ich geh eine rauchen", murmelte er, gerade als Markus die Klospülung betätigte. 

„Du kannst ruhig hier oben bleiben, wenn du das Fenster aufmachst", sagte er und lächelte ihn an. Jonas schluckte, denn das war eindeutig ein Versuch, ihn konsequent zu bewachen. Dennoch nickte er, ging zum Fenster neben dem Küchenbereich und sah sich suchend nach seinen Zigaretten um. 

„Auf dem Wohnzimmertisch", rief Markus, als könnte er durch die Wand sehen, dass er seine Zigaretten suchte. Jonas Blick wanderte zu dem kleinen Tisch wenige Schritte entfernt. Tatsächlich lag dort die Packung Gauloises menthol und sein Feuerzeug. Eilig schnappte er sich beides, zündete sich eine Zigarette an und schlenderte zurück zum geöffneten Fenster. Der blaue Dunst füllte seine Lungen und er schloss genüsslich die Augen. 

Gleichzeitig wehte ihm eine angenehm kühle Brise ins Gesicht und als er die Augen wieder aufschlug und nach draußen sah, erkannte er dicke, graue Wolken. Er hörte, wie Wasser im Bad plätscherte, so als würde Markus sich am Waschbecken waschen. 

Slice of Life - L'AffaireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt