Kapitel 39 - Matthias

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Matthias wachte von einem surrenden Geräusch ruckartig aus einem traumlosen Schlaf auf. Verwirrt sah er sich im dunklen Zimmer um und es dauerte einen Moment lang bis er realisierte, dass er auf dem Sofa lag. Ein leises Schnarchen kam vom Fußende und als er die Augen zusammenkniff entdeckte er Oskar, der zusammengekauert in einer Ecke gequetscht da saß und schlief. 

Mühsam setzte Matthias sich auf, ließ den verspannten Nacken kreisen und suchte nach der Quelle seines unbeabsichtigten Weckers. Er fand Oskars Handy schließlich auf dem Boden vor dem Sofa und eilig hob er es auf. Es war Johnny, Oskars Mann, der ihn anrief. 

Zögernd sah er zu Oskar, der von dem ganzen nichts mitbekommen zu haben schien. Seine Brille hing ein wenig schief auf seiner Nase und sein Mund war leicht geöffnet, aber er schlief tief und fest. Dennoch sollte er ihn wecken, immerhin konnte es wichtig sein. Er trat näher an Oskar heran und rüttelte an seiner Schulter, bis er mit einem ziemlich niedlichen Geräusch aufwachte. 

„Was?", fragte er genau so verwirrt, wie er sich selbst eben gefühlt hatte. Matthias hielt ihm das Handy hin.

„Johnny hat angerufen", sagte er und sofort nahm Oskar sein Handy. Als das Display erleuchtete, kniff er geblendet die Augen zusammen. Erschrocken zog er die Luft ein. 

„Scheiße...", murmelte er, stand auf und wanderte ihm Wohnzimmer auf und ab, während er sich mit seiner freien Hand die Haare raufte. Er klickte auf seinem Handy herum, dann presste er es sich ans Ohr. 

Auch wenn Matthias neugierig war und ganz offensichtlich zwischen den beiden wieder einmal etwas nicht in Ordnung war, wollte er nicht lauschen. 

Er verzog sich stattdessen ins Bad, erleichterte sich und betrachtete sich schließlich kurz im Spiegel. Unter seinen Augen lagen tiefe, geschwollene Ringe und sein Haar stand in alle Richtungen ab. Er griff nach dem Kamm, der auf der Ablage über dem Waschbecken lag und ordnete sein schwarzes Haar. Allmählich wurde es so lang, dass es beinahe in einen Seitenscheitel fiel, wenn er seinen inzwischen bis zur Nasenspitze reichenden Pony wie üblich seitlich aus dem Gesicht wischte. 

Er brummte frustriert vor sich hin denn auch wenn er schrecklich aussah, hatte er einfach keine Lust, zum Frisör zu gehen. Er riss den Blick von seinem Spiegelbild los und verließ wieder das Bad. 

Oskar diskutierte auf Englisch mit Johnny und auch wenn er nicht alles verstand und auch nicht lauschen wollte, bekam er mit, dass Johnny offensichtlich nicht gewusst hatte, dass Oskar hier bei ihm war. Beziehungsweise dass er noch immer bei ihm war. 

Leise seufzend ging er zurück zum Sofa, schnappte sich sein Handy vom Tisch und bewegte sich in Richtung Balkon. Seine nackten Füße hinterließen ein merkwürdiges Geräusch auf dem Laminat und augenblicklich fühlte er sich klebrig und eklig. Hoffentlich würde diese Hitzewelle, die nun schon knapp eine Woche lang anhielt, bald vorüber sein. 

Die Balkontür stand noch immer offen und tatsächlich wehte ein angenehmer kühler Luftzug herein. Matthias beschloss, für einen Moment nach draußen zu gehen und sich abzukühlen. Barfuß trat er auf den gefliesten Boden, rückte sich einen der beiden Stühle zurecht und ließ sich leise seufzend darauf nieder. Er beugte sich vornüber, stützte die Ellbogen auf den Knien ab und fing an, sein Handy in den Fingern zu drehen.

Natürlich schwieg Jonas, aber inzwischen erwartete er nichts anderes mehr. Auf einmal spürte er Wut in sich aufsteigen. Sollte Oskar wirklich recht haben, waren Jonas und Markus genau in diesem Moment zusammen in einem Hotel. Wahrscheinlich sogar in einem Bett. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, gefolgt von einer Welle Ekel. Gleichzeitig schmerzte sein Herz und Tränen bahnten sich ihren Weg über seine Wangen. Würde Jonas ihn wirklich für Markus verlassen? Endgültig? 

Slice of Life - L'AffaireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt