𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 24

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Ich war aufgeregt, als ich zum Schulleiter gerufen wurde.

Ich konnte mir nicht erklären, wieso ich bei ihm antanzen sollte. Ich war kein Problemkind. Fehlte im Grunde nie und störte auch keineswegs den Unterricht. Meine Versetzung war ebenso nicht gefährdet.

Grübelnd nahm ich davor platz, nachdem Frau Klausmann aus dem Sekretariat mich darum bat, noch ein bisschen zu warten.

Herr Lauven, mein Klassenlehrer schaute jedoch plötzlich und unerwartet aus dem Büro des Schulleiters und lächelte mich an. »Elea, schön das du schon da bist. Komm doch rein.«

Ein wenig irritiert stand ich auf und betrat den Raum, wo Herr Solbeck, der Direktor und Dain sich gegenüber saßen.

Was hatte er überhaupt hier zu suchen?

Höflich blieb ich neben der Türe, weil ich davon ausging, dass sein Gespräch halt einfach nur vor meinem war, aber da hatte ich mich getäuscht, denn Herr Lauven winkte mich zu dem Platz rechts von Dain, der schmollend mit verschränkten Armen dort saß.

Irritiert setzte ich mich hin.

»Du wunderst dich bestimmt, weshalb du hier bist Elea.« , begann der Direx. »Aber keine Sorge. Es ist nichts Schlimmes.«


Dag erinnerte sich noch recht gut daran. Bevor Élaine dort eingetroffen war, konnte er sich von beiden Paukern anhören, was für ein Versager er doch war. Er wäre stinkfaul und würde es, wenn es so weiterginge, nie zu etwas Bringen.

Dachten die eigentlich auch mal daran, dass es im Leben ums glücklichsein ging? Musste man erst Jemand sein, um ... bedeutend zu sein. Es war doch sein Leben. Alle anderen waren nicht die Hauptfigur. Einzig er allein. Was ging es also andere an, wie er lebte und was er anstrebte?

Er hatte sich alles angehört, während er im Grunde einen Text im Kopf zusammengereimt hatte, den er später mit Vincent in ihrem kleinen Studio zusammenwürfeln wollte.

Und dann war Élaine unerwartet erschienen.

Dag hatte damals keinen Plan, was sie da sollte.


»Um was geht es denn?« , fragte ich und sah geradeaus. Ich wollte Dain nicht zu offensichtlich ansehen, weil ich mir anhand seiner Grummeligkeit denken konnte, dass er Anschiss bekommen hatte.

»Es wäre nett, wenn du Dain Nachhilfe geben würdest.«

»Ich brauch' keine Nachhilfe.« , gab er sichtlich angepisst von sich.

Irgendwie konnte ich ihn verstehen. Er war keineswegs dumm, nur ... ordnete er sich nicht gerne unter und dadurch eckte er mit den Lehrern an, was ihn im Zuge dessen zu keinem Pluspunkt verhalf.

»Elea?!« Herr Solbeck sah mich an und ignorierte Dains Aussage.

»Ehm ...« Ich schaute nun doch zu ihm rüber. Seine Stellung hatte er kaum verändert und die Augenbrauen waren zusammengezogen, während er eine Schnute zog.

Irgendwie sah es süß aus.

»Elea?!« , wiederholte er.

Ich drehte mich wieder in dessen Richtung. »Ehm ... worin Nachhilfe?«

»Ich könnte ihr Nachhilfe geben.« , kommentierte Dain einfach mal dazwischen.

»Das bezweifle ich.« , sprach Herr Lauven. »Elea ist die beste Schülerin der Klasse und ...«

»Nur weil sie alles brav beantwortet?«

»Besser als dein dümmliches Dazwischenreden und ewiges ausdiskutieren.«

»Weil es Ihnen nicht passt, wenn man Dinge hinterfragt? Ist es nicht das, was Bildung überhaupt ausmacht. Muss jeder Ihre Meinung vertreten, oder wie soll ich das verstehen?«

Ich musste mir das Schmunzeln regelrecht verkneifen und gab ihm insgeheim sogar recht. Obwohl ich das nicht so handhabte. Ich machte ordentlich meine Aufgaben und Ende. Das war ich.

Die brave Tochter und Schülerin.

Beneidete ich ihn dafür, wie er war?

Irgendwie schon.

»Elea, würdest du uns denn behilflich sein?« , fragte mich der Schulleiter erneut.

»Also erstens, weiß ich gar nicht worin, und ... Dain hat Recht, er ist keineswegs ungebildet, und ...«

»Ja. Ist das Gespräch jetzt beendet?« Er positionierte sich etwas anders und fuhr sich durch sein lockiges Haar.

»Nein ist es nicht. Wenn du keine einwandfreie schriftliche Ausarbeitung vorbereitest, kannst du deine schulische Laufbahn für beendet erklären.«

»Wie bitte?«

»Du hast mich schon verstanden. Dein Verhalten in letzter Zeit ist unter aller Sau und deine Zensuren stehen auf ...«

»Ja, warum wohl?!« , kam aus Dains Mund geschossen.

»Du gibst uns die Schuld für dein Versagen?«

»Mein Versagen?« Er lachte auf. »Sie müssen Ihres nicht auf mich projizieren. Nur weil Sie kleine Schafe einer dummen Herde in Ihrer Klasse haben wollen, und mit meiner ...«

»Und dann wunderst du dich, dass du hier sitzt?« Herr Lauven rollte mit den Augen.

»Was für eine schriftliche Ausarbeitung soll er denn ausführen?« , fragte ich, um die Wogen ein wenig zu glätten.

»Über schulische Bildung. Das Ziel einer schulischen Laufbahn.«

»Und dafür benötige ich Nachhilfe?« Dain grunzte auf und lachte. »Das ist doch'n Witz. Ich könnte Ihnen sofort eines mündlich auf die Ohren hauen, und damit meine ...«

»Genau das will ich nicht. Ich will eines, wo du dir mal bewusst wirst, was du da von dir gibst, und wie falsch es ist im Unterricht ...«

»Nur weil Sie es als falsch ansehen, muss es nicht ...«

»Dain.« Herr Lauven wurde laut und ich zuckte wegen dieser plötzlich und unerwarteten Art und Weise zusammen. »Halt endlich deinen Mund. Nimm es mal dankend an, wenn man dir eine Ausweichmöglichkeit anbietet, eh du mit vollem Tempo gegen eine Wand krachst.«

Wieder diese Grummeligkeit von Dain und mittlerweile lag er schon fast auf dem Stuhl, so weit war er hinuntergerutscht.

»Ich mache es.« , sagte ich. »Ich helfe ihm.«

»Ich brauch' deine Hilfe nicht.« , brummte er.

»Doch die brauchst du. Elea wird darauf achten, dass deine Arbeit nicht in deine übliche Form abweicht.«

Er schien weiterhin nicht erfreut darüber zu sein, dennoch wollte ich ihm helfen. Nicht nur bei dieser schriftlichen Arbeit, sondern auch aus diesem Raum zu verschwinden. Mit einem Lächeln auf den Lippen stand ich auf. »Wir bekommen das schon hin, keine Sorge.«

Mit einem Nuscheln, das keineswegs freundlich klang, stellte er sich ebenfalls auf die Beine und folgte mir nach draußen.

Mein Leben ist nicht wie ein Film, es ist wie ein BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt