Dag hatte ein schlechtes Gewissen.
War er eventuell doch keine rebellische Phase von Élaine gewesen?
War ... alles echt und ihre Gefühle ihm gegenüber keineswegs gespielt?
Zu dem Zeitpunkt vielleicht ... oder das Buch verkaufte sich besser, wenn es eine reine Lovestory war.
Trotz des Unhappy Ends.
Aber potentiell war es auch nur für ihn unhappy gewesen. Sie schien ja ... voller Optimismus gewesen zu sein, als sie von dannen ging.
Trotzdem ...
Er fühlte sich tief im Innern uneins. Wie zwei Dags, die sich gegenseitig den Weg versperrten, und sich anschnauzten.
Der Eine, sah ihren herzlosen Abschied, der im Grunde nicht mal stattgefunden hatte. Sie hatte sich genau gesagt einfach verpisst. Und der andere ...
Ja, was wollte der andere?
Liebe?
War es tatsächlich Liebe, die er wollte?
Das, was damals begonnen hatte, als er mit Élaine in dieses Haus eingestiegen war? Als er das erste Mal mit ihr geschlafen hatte?
Irgendwie war er sauer auf sich selbst.
Wieso hatte er sich jetzt buchstäblich die Mühe gemacht, dieses Kapitel zu lesen? Er wusste sehr wohl, dass er, da mit ihr den Geschlechtsakt vollzogen hatte.
War es den Umständen entsprechend doch Vermissung, welche in ihm weilte?
Nicht nur ... das Gefühl?
Er runzelte die Stirn.
Nein, ihm war klar, es war vorbei. Jeder lebte sein eigenes Leben. Dag wollte nichts erneuern oder ... wiederhaben. Erst Recht nicht nach ihrem kaltherzigen Abgang. Egal, was da zwischen ihnen gewesen war ... selbst wenn alles echt war, hatte er es nicht verdient gehabt, so kalt abserviert zu werden.
Andere hätten zu dem Zeitpunkt in seinem Schlafzimmer eventuell sogar Nein gesagt, aber er wollte mit ihr schlafen und war ihr zuliebe so zuvorkommend, wie es nur ging, gewesen. Obwohl er tatsächlich keine Erfahrung darin gehabt hatte.
Er hatte immer sein Bestes gegeben und alles zu ihrem Wohl. Ihr Weggang passte demzufolge noch unpassender in deren gemeinsame Geschichte.
Dag war sich mehr als sicher, er hätte ihr das niemals angetan.
Unabhängig davon ...
Er spürte, wie sehr er sich damals nach ihr gesehnt hatte. Wie sehr er sie gewollt hatte.
Seine Gedanken kreisten nun wie gehabt um Jona.
Ja, es war dasselbe Gefühl.
Das konnte er nicht bestreiten.
Es war identisch.
Doch was sollte er nun tun?
Dem nachgeben, so wie ... damals?
Er fühlte sich nicht wohl. Vielleicht hatte Vincent Recht und er sollte es sein lassen. Wahrscheinlich war er gar nicht bereit dafür, egal, wie sehr er es anscheinend wollte.
... wie sehr er ... sie wollte.
Am Ende würde er sie verletzen ... oder nur sich selbst, weil sie unter Umständen ihn genauso abservieren würde.
Er legte das Buch weg.
Aber ... vielleicht waren Zweifel einfach normal. Es war alt und neu zugleich. Er hatte eine schlechte Erfahrung gemacht, das hieß ja nicht, dass es immer so ablaufen musste.
Allerdings wusste er auch, dass er es gar nicht ein weiteres Mal packen würde, durchzustehen.
Und überhaupt ... er hatte gar keinen Einblick darüber, was Jona fühlte. Was sie wollte.
Er ging einfach mal so davon aus, dass sie dasselbe empfand, dabei konnte sie rein nur aus ihrem Pflichtgefühl her mitmachen.
Dag bereute es, weitergelesen zu haben.
Irgendwie machte es ihn ... hoffnungslos.
Seine Zukunft war doch schon verbaut.
Er hatte es sich im Alleingang vermasselt, weil Élaine ihm alles genommen hatte. Er hatte auf alles verzichtet, um sich selbst zu schützen.
Das war nicht fair.
Höchstwahrscheinlich war die Verursacherin verheiratet. Hatte Kinder. Lebte, ohne ... Verzicht, während er wie ein Eremit allem aus dem Wege gegangen war.
Okay, ganz so stimmte es auch nicht.
Er lebte schließlich nicht vollkommen abgeschottet. Frauenbekanntschaften hatte er ... zu Genüge.
Alldem ungeachtet ... Élaine hatte ihn nicht dazu gezwungen, keine Frau emotional mehr an sich ranzulassen. Dennoch ... hatte sie ihn gebrandmarkt.
War es dann nicht Zeit, endlich die Fesseln aufzusprengen?
Sich davon zu befreien?
Sein Leben in Angriff zu nehmen, ohne ... Vergleiche?
Möglicherweise hatte er die kurze Parallele gebraucht, um sich seiner Gefühle sicher zu sein, aber mehr Vergleiche hatte es des Weiteren nicht nötig, weil es nicht genauso ablaufen musste.
Jona war nicht Élaine.
Élaine war nicht Jona.
Es waren zwei unterschiedliche Frauen.
Zwei andersartige ... Geschichten.
Es war ... ein Neubeginn für ihn. Falls er es wagen würde. Falls sie ... ihm ebenso angetan war.
Aber um das herauszufinden, musste er sein Vorhaben weiter in die Tat umsetzen. Er konnte nicht mehr abstoppen.
Jona machte die letzten Nachforschungen. So oder so fühlte er sich darin gezwungen sie daran zu hindern. Er wollte nicht, das Élaine ihn weiterhin festhielt. Das musste aufhören.
Sein Leben hatte einen Restart verdient.
Stillstand hatte er genug.
Es war Zeit, endlich einen neuen Weg zu gehen. Etwas zuzulassen. Etwas zu wagen. Sein Leben ... in die Hand zu nehmen.
Er war bereit.
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Mein Leben ist nicht wie ein Film, es ist wie ein Buch
FanficDags Leben verläuft im Grunde normal. Er ist Mitte dreißig, Musiker mit Leib und Seele und die Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts stehen auf ihn. Privat führt er jedoch eine kleine Liebelei mit einer jungen Frau namens Katharina. Etwas Ernste...