𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 60

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»Warst du ...?« Dag runzelte die Stirn. »Du hast dich versteckt?«

»Das steht hier nicht zur Diskussion. Was willst du hier?« Sie versuchte, wieder professionell zu wirken, und spitzte sogar die Lippen. Er sollte nicht merken, wie verletzt sie doch in Wirklichkeit war. Dabei war ihr auch klar, dass er sich das denken konnte, denn ... ihr Verhalten war kindisch, wenn sie es mal selbst von allen Seiten betrachtete.

»Soll ich ...?« , begann Thomas.

»Nein, du kannst bleiben.« , unterbrach sie ihn. »Es wird mit Sicherheit nicht lange dauern.«

Dag blickte unsicher von ihr zu Thomas hin. »Du bist wirklich sauer auf mich?!«

»Nein, alles bestens.« , log sie und merkte wieder ihr infantiles Verhalten.

»Hör zu, ich wollte es einfach nur alleine zu Ende bringen. Ich wollte dieses scheiß Verhältnis zwischen uns beiden beenden, damit ...«

»Welches Verhältnis? Wir haben nur miteinander geschlafen. Mehr war es nicht.«

»Was?« Er sah sie derangiert an.

»Ja, ich steh' darüber. Du hattest Druck und ...«

»Was? Nein.« , beteuerte er. »Ich ...« Er machte eine Pause. »War's nur ... ein Trieb für dich?«

Jona zog die Lippen ein. »Es ist egal, was ich ...« Sie stoppte ebenso kurz ab. »Es ist egal.« , wiederholte sie einfach nur.

»Für mich ist es nicht egal. Ich ... ich dachte, wir zwei ...«

»Hör' doch mit dem Theater auf.« Sie wurde lauter. »Deine Nachricht des Nachtportiers ist bei mir angekommen. Ich wünsche euch beiden das Beste und Ende.« Sie bemerkte die Tränen und tat kurzzeitig so, als hätte sie was ins Auge bekommen.

»Was?«

»Élaine und du.«

»Élaine ist ...« Wie schon davor hielt er inne. »Sie ... lebt nicht mehr.«

»Was?« Sie sah ihn verwirrt an.

Dag setzte sich auf einen Stuhl. »Sie ... sie ist bereits seit zehn Jahren tot.«

»Das ... das tut mir leid.«

»Ich ... ich habe dir nicht die komplette Wahrheit gesagt, und ... deswegen bin ich alleine hin.«

»Was meinst du?«

»Sie ... also Élaine ... sie hat ein Buch herausgebracht.« Er holte es hervor und reichte es Jona. »Das ist ... unsere Geschichte. Ich hab's per Zufall gefunden, und ... wollte Antworten haben. Ich wollt' endlich wissen, wieso sie damals einfach so abgehauen ist.« , begann er. »Aber ... eigentlich war ich nicht auf der Suche nach ihr. Ich ... ich hab' das gesucht, was ich verloren habe. Das Gefühl. Einfach ... das Gefühl ... zu lieben.«

»Aber ... auf dem Zettel stand, du hättest sie gefunden und du ... du wolltest es in Ordnung mit ihr bringen, damit du mit ihr ...«

»Nein. Ich hatte das nie vor. Also ... selbst wenn sie noch ...« Er stoppte abermals ab. »Ich wollt' einfach die Sache zu Ende bringen. Ich wollte nicht mehr, dass du denkst, wir beide haben ein arbeitsmäßiges Verhältnis. Ich ... ich wollt'... dich. Die ganze Zeit über schon, und ... ich wusste nicht, wie du reagierst, wenn ich einfach alles fallenlasse und ... dich ...« Wieder eine Pause. Dag benetzte sich die Lippen. »Nachdem wir ... ich war mir da mehr als nur sicher, dass du dasselbe empfindest wie ich. Ich wollte einfach einen freien Weg für uns.«

»Du ... du hast ...?«

»Ich lasse euch jetzt doch besser alleine.« Thomas stand auf und flitzte hinaus. Auch wenn er gerne alles Weitere mitbekommen hätte, wollte er den beiden schon in der Sache Privatsphäre gewähren.

Dag trat derweil näher an Jona. »Du bist es, die ich will. Ich ... ich bin mit Absicht mit nach Längenfeld, weil ich bei dir sein wollte. Zeit mit dir verbringen, damit wir uns besser kennenlernen, und ... der Sex war nicht geplant, aber ... ich bin total ehrlich jetzt zu dir. Ich hatte sogar vor, alles zu sabotieren, damit ... damit ...«

»Du hast sie gefunden, stand in der Nachricht.« , sprach sie leise und genoss die Berührung seiner Finger, die zärtlich über ihren Handrücken streichelten.

»Jein. Die ... die Autorin hatte sich gemeldet. Jene Frau, die alles in ihrem Auftrag verfasst hatte.« , gab er von sich. »Ich hatte nicht vor, dich im Dunkeln zu lassen. Ich wollte es einfach schnell alleine hinter mich bringen und abschließen, damit ... damit wir zwei ...«

»Sie ist ... gestorben?«

Dag zog kurz die Lippen ein und nickte. »Ein Tumor. Sie hat mir nichts gesagt und ... ist deswegen abgehauen. Ihr Eltern haben wohl Spezialisten gesucht.«

»Das ... das tut mir leid.« Jona legte ihre Hand auf seine Wange und er schloss für einen kurzen Moment die Augen, eh er lächelte.

»Verzeihst du mir?« , fragte er, als er sie wieder ansah.

»Natürlich. Aber ...«

»Aber?« , unterbrach er sie direkt.

»Bist du ... ich meine, nach der Sache mit Élaine, also ... was du herausgefunden hast, ... ich ... ich will nicht irgendein ... Trostpflaster sein, was du irgendwann ... quasi nicht mehr benötigst, und ...«

»Du bist kein Pflaster. Du hast die Leere aus meinem Leben verbannt und alles mit deinem Dasein erfüllt. Du bist überall in meinem Kopf. Ich sehe dich vor meinen Augen, ich höre dich in meinen Ohren und ich rieche dich in meiner Nase. Deinen Mund spüre ich auf meinem. Dein Körper ... ich will dir nahe sein Jona. Du füllst meinen Kopf vollständig aus.«

Sie bemerkte die Welle von Gefühlen, die auf sie eintraf. »Und ... das Buch? Élaine?«

»Élaine ist ... sie ist nicht ...« Er stoppte kurz ab und wischte sich zwei, drei Tränen weg, die automatisch herauskullerten, weil er an die Worte Élaines denken musste. Alles, was sie ihm gewünscht hatte und was er allen Anschein nach in Jona gefunden hatte. Er räusperte sich und begann aufs Neue. »... meine Geschichte geht weiter. Sie ist nicht zu Ende. Das Buch ist ihre Chronik. Ihre Erzählung. Das hier ist eine Neue. Das ist unsere Geschichte. Deine und meine. Unsere gemeinsame Jona.«

»Du willst ...«

»Ich will dich. Und ich hoffe, du mich auch.« Er lächelte sie an.

Jona war sich darüber im Klaren, was sie wollte und nickte, ohne weiter groß über diese Angelegenheit nachzudenken. »Ich will ... dich Dag.«

Sein Lächeln blieb. »Dann ... auf unsere ... gemeinsame Geschichte.« Er legte seine Lippen auf ihre und genoss das Gefühl, die Emotionen ... einfach alles, was er endlich zulassen konnte.

Mein Leben ist nicht wie ein Film, es ist wie ein BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt