𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 27

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Dag war aufgeregt.

Jona hatte sich nach acht Tagen England endlich gemeldet.

Doch aufgewühlt war er nicht, aufgrund der Information, die sie eventuell bei sich trug. Nein, es war einzig wegen ihr. Er hatte sie unter einem Vorwand in den Park gelockt. Er hatte gemeint, das Wetter wäre zu schön, um in ihrem Büro zu versauern.

Irgendwie sah er es als Chance an, mehr von Jona in Erfahrung bringen zu können.

War sie vergeben?

War sie ein Beziehungsmensch?

Und ... wie standen generell seine Chancen?

Er wusste, wie problematisch das sein könnte, aber ... er musste dringend mehr erfahren, weil er tatsächlich viel über Jona nachdachte. Und das war in seiner Lage mehr als mit Schwierigkeiten verbunden.

Das letzte Mal, als es ihm so ergangen war, da war er blutjung gewesen und ... verliebt.

Dass es jetzt nicht der Fall war, das war ihm klar. Das konnte nicht sein. Liebe kam nicht von den einen auf den anderen Tag, im Gegensatz dazu, herausfordern wollte er es auch nicht.

Demzufolge war ein privateres Kennenlernen gefährlich.

Aber er musste es tun, um eventuell das hier abhaken zu können. Selbstverständlich hoffte er auf etwas Positives. Das sie locker drauf war und den Umständen entsprechend ein wenig fleischlicher Beiwohnung nicht abgeneigt wäre.

Er empfand sie schließlich als sehr attraktiv und genau deshalb bekam er sie ja nicht aus dem Kopf. Eine andere Erklärung gab es nicht.

Und resultierend daraus war es gut, sie besser kennenzulernen.

Von Weiten bemerkte er, wie sie ankam. Verdammt, sah sie wieder einmal gut aus. Es war tatsächlich sehr heiß und sie trug eine lockere schwarze kurze Stoffhose und ein rotes schlichtes bauchfreies Oberteil darauf. Ihre Haare hatte sie zu einem seitlichen Flechtzopf gebunden.

Er sah an sich hinab. Tanktop und kurze Hose. Hätte er etwas anderes anziehen sollen? Irgendwie kam er sich underdressed vor, aber ... es war heiß, was hätte er sonst überstülpen sollen? Und ... machte er sich gerade zu viele Gedanken?

»Hi.« , sagte sie und blieb mit ein wenig Abstand vor ihm stehen.

»Hey.« Er lächelte zurück. Irgendwie war die Begrüßung ... kühl, trotz ihrer angehobenen Mundwinkel. »Wie ... war die Reise?« , begann er und kam sich direkt wieder blöd vor. Sollte so jetzt jedes Treffen beginnen, das er sich unsicher danach erkundigte?

»Sehr ... anstrengend.« Ihr Lächeln blieb dennoch.

»Oh ... das ... das tut mir leid.«

»Schon okay.« Sie zeigte umher. »Sollen wir?«

»Du meinst, eine Runde ... gehen?«

Jona nickte. »Ja. Wäre, glaube ich, angenehmer, als hier in der prallen Sonne nur herumzustehen.«

»Ja. Natürlich. Du hast Recht.« Dag ging neben ihr und versuchte, zu überlegen, wie er am besten aufs Wesentliche springen konnte. »Ich hoffe, es ist tatsächlich okay, das wir uns ... so treffen.«

»Selbstverständlich.« , meinte sie. »Das Büro ist eigentlich schön kühl, aber ein wenig Sonne und somit schönes Wetter mit dem Beruf zu kombinieren, da spricht nichts gegen.«

Das hatte er damit nicht gemeint. »Ja, ich meinte aber, ... ob das ... in Ordnung ist dich mit mir zu treffen, und du keinen Ärger ... mit ... irgendwem ...«

»Ärger?«

»Ja, also ...« Er war in der Tat sonst nicht so, dass er keine Sätze fand und herum stammelte. »Ich meine, es kommt doch bestimmt nicht oft vor, das du dich so mit jemanden ... triffst, oder?« Waren das die richtigen Worte? Oder hörte sich das eher wie eine Beleidigung an, als wäre sie nicht attraktiv genug, um ein Date haben zu können?

Und wieso wieder dieser Gedanke?

Es war kein Date.

Nur ein ... besser Kennenlernen.

Jona schaute ihn mit geneigten Kopf an. »Wie meinst du das?«

»Ich meine ...« Warum nicht einfach frei raus? Dag räusperte sich und benetzte anschließend seine Lippen. »Wenn du einen Partner hast, ist dies für ihn doch bestimmt nicht ... toll, sobald er erfährt, das du dich so ... mit einem ... Klienten getroffen hast.« War das jetzt so schwer?

Sie lachte minimal und fummelte irgendwie nervös an dem Ende ihres Zopfes herum. »Ich ... ehm ... also wie du schon sagst, ist das ... ein berufliches Treffen. Also ... selbst, wenn es jemanden in meinem Leben geben würde, dann ...«

»Du bist Single?« , schoss viel zu schnell aus ihm heraus.

»Ja.« , gab sie kurz und knapp von sich.

»Sorry, also ... ich wollt' nur mein ... Gewissen erleichtern. Nicht, dass du wegen mir Ärger bekommst.« , versuchte, er sein Verhalten zu retten.

»Nein. Ist schon okay.«

»Gut. Also ... ehm ... keine Lust auf eine Beziehung? Ich mein', ... du bist ... also ... bist du aufgrund deiner Arbeit nicht so die Art Frau für etwas mit ...?«

»Doch. Sogar sehr.«

Nicht die Antwort, die er sich gewünscht hatte. »Oh. Okay.« , sagte er, obwohl dem nicht so war. Unsicher zog er die Lippen ein.

»Ich ... ich hab' sie in England nicht ausfindig machen können.« , meinte sie unerwartet und er erinnerte sich dadurch, wieso Jona sich überhaupt mit ihm traf.

»Oh. Okay.« , wiederholte er.

»Ja. Also die Familie hat nicht lange dort gelebt. Und wieder ... waren sie in allen sehr ...« Sie stoppte kurzzeitig ab. »Hast du eventuell Informationen noch, die ... weiterhelfen könnten? Also ich habe schon den nächsten Anhaltspunkt, aber ... irgendwas, wieso sie so ... gehandelt haben?! Möglicherweise ...«

»Nein.« , sagte er und dachte an das Buch. Doch das würde ihr im Grunde auch nichts bringen. Außer ... ein eventuell falsches Bild von ihm.

»Ich finde das Verhalten halt sehr fragwürdig. Jedes Mal zieht die komplette Familie um. Élaines Schwester hat in England geheiratet, dennoch ist sie mit ihrem Mann wieder mitgezogen, als ...« Sie bemerkte seinen abwesenden Blick. »Dag?«

»Ja?!« Tatsächlich hatte er ihr nicht zugehört, sondern nachgedacht, ob eventuell doch noch Chancen bestanden für ihn. Schließlich war sie ungebunden. Auch wenn sie ... sich allen Anschein nach etwas mit Zukunft wünschte, hatte man dessen ungeachtet Bedürfnisse.

Unerwartet und plötzlich griff sie nach seiner Hand und blieb stehen. »Es tut mir wirklich leid, das ich bisher nichts mit großem Erfolg an dich weiterleiten konnte.«

Jona hatte seine Stille anscheinend damit verwechselt, dass er traurig über diese Rückmeldung war. Mit einem seltsamen Gefühl sah er in ihre blauen Augen. »Du ... du gibst doch dein Bestes.« Er versuchte, zu lächeln.

Sie blieb vor ihm stehen und unterdrückte den Drang, ihre Hand auf seine Wange zu legen. »Sie sind in danach in die Türkei gereist, doch genau wie in England, verharrten sie da nicht so lange. Ich konnte auch nur herausfinden, wo sie gelebt haben, beziehungsweise für eine kurze Zeit untergekommen waren.«

»Türkei? In die ... du warst da?«

Jona ließ los und spazierte weiter. »Ja, das ging tatsächlich schnell. Ich dachte, wenn, mache ich alles direkt hintereinander, und ...«

»Ich glaube auch nicht, das sie da bleiben wollten. Élaines Vater war immer sehr ... xenophob, was muslimische Menschen betraf, und ...«

»Ja, das habe ich sogar herausbekommen. Vielleicht sind sie deswegen auch nicht lange geblieben.« Sie blieb erneut stehen. »Ich muss dir aber noch etwas sagen.« Jona sah ihn zum wiederholten Mal ein wenig länger an, eh sie weitersprach. »Sie sind danach wieder hergezogen. Also ... nach Berlin.«

Mein Leben ist nicht wie ein Film, es ist wie ein BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt