𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 30

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Dag lag auf der Couch im Studio. Es war mitten in der Nacht und er war vollkommen alleine.

Von Jona gab es nichts Neues.

Nachdem sie sich seit Tagen nicht gemeldet hatte, wollte er sich bei ihr melden, doch sie war tatsächlich wortkarg gewesen. Einzig die Meldung, dass sie nicht mehr in Berlin war, hatte er bekommen und sie sich mittlerweile woanders aufhielte.

Nicht einmal den Ansatz, wo sie war.

Vincent hatte ihm daraufhin gesagt, dass dies auch normal sei. Sie würde schließlich nach Élaine suchen und nicht darauf aus sein, sich mit ihm für ein Pläuschchen zu treffen.

Doch irgendwie ... hatte er dennoch so etwas gehofft.

Ihm war klar, dass er bei ihr quasi falsch war, aber ... sie hatte tatsächlich irgendwas an sich, was ihn anzog.

Allein deswegen hatte er sich vorgenommen mehr in seiner Vergangenheit herumzustochern, weshalb er hier auch nun wieder mit dem Buch in der Hand zu finden war.

Er musste sich mehr darauf konzentrieren. Jona war nicht zu haben. Zumindest nicht zu dem Grad, welchen er bevorzugte, also musste er sich vielmehr auf das fokussieren, was sein eigentlicher Antrieb gewesen war.

Élaine.

Oder genauer ... die Antwort, weshalb sie gegangen war.

Das war es doch, was er ... suchte.

Dag musste aufhören, immer nur mal ein Kapitel zu überfliegen. Er hielt es für nötig tiefer in seine Vergangenheit tauchen, um Élaines Aufbruch nachvollziehen zu können und ... vielleicht auch, um sich besser zu verstehen.

Er runzelte kurz die Stirn und schlug das Buch wie gehabt wahllos irgendwo am Anfang auf. Eventuell hätte er es nun richtig lesen sollen, aber irgendwie hatte er gemeinhin genannt nicht den genauen Drang dazu. Er kannte ja die Geschichte und war trotz seines jetzigen Vorhabens nicht davon überzeugt, etwas Neues vorzufinden.


Irgendwie war ich aufgeregt, als ich bei Dain ankam.

Er war keineswegs begeistert wegen der kleinen Unterstützung, die ich ihm bieten sollte, aber von Herrn Lauven hatte ich bei einem Gespräch im Vertrauen nochmals erfahren, wie wichtig es war.

Mit seinem Verhalten eckte er mehr und mehr an und das gefiel so gut wie keinem Lehrer mehr.

Ich überlegte auf dem Weg zu ihm, wie wir am besten starten sollten, aber irgendwie wollte mir kein Ansatz einfallen.

Zudem sah ich mich immer wieder um, auf dem Weg zu ihm, weil ich erstens ihm zuliebe niemanden davon erzählt habe und zweitens, damit auch keiner meiner Leute etwas über diese Angelegenheit erfuhr.

Meine Leute ...

Es hört sich schwachsinnig an, aber es waren wie zwei verschiedene Gruppen, die aufeinandertrafen, und auch wenn ich diese als meine bezeichnete, war ich kein Teil davon. Ich war irgendwie genau dazwischen.

Völlig alleine.

Dain hatte mir widerwillig seine Adresse genannt und ich blickte mich in der Straße um, um nach der Hausnummer Ausschau zu halten. Endlich angekommen sah in das vierstöckige Wohnhaus hinauf, doch niemand war am Fenster, der mich eventuell erwartete, obwohl ich pünktlich war. Außer eine feuerrotgefärbte ältere Dame, die mit einem Kissen, auf wessen sie sich stütze, im Erdgeschoss aus ihrem Fenster lehnte und das Geschehen der Straße beobachtete.

Freundlich grüßte ich sie, als ihr Blick auf mich fiel.

Sie versuchte, mich anscheinend erst einmal einzuordnen, grüßte im Anschluss dennoch zurück, obwohl ihr Augenausdruck verriet, dass sie immer noch rätselte, wer ich überhaupt sein könnte. »Wo wollen Sie denn hin?« , fragte sie mich, um ihre Neugier zu befriedigen.

»Zu Dain K-...«

Sie ließ mich nicht ausreden. »Ach Kindchen. Du bist doch so ein hübsches Ding.« Ihr Kopf ging hin und her. »Seine Haare waren ganz bunt. Jetzt sind die aber wieder normal. Aber vor kurzem sah er aus wie einer vom ...«

»Wir sind in einer Schulklasse.« , unterbrach ich sie, obwohl so etwas unhöflich war.

»Oh. Er wohnt da oben.« Sie zeigte einfach nur mit ihrem Finger in die Luft.

Ich nickte und ging drei Schritte weiter, wo sich die Klingeln befanden.

D. Kollpin stand auf einer und ich fragte mich, ob sein Vater mit dem Buchstaben D begann, als ich klingelte.


Dag runzelte die Stirn. Sie hatte hier fast seinen tatsächlichen Nachnamen benutzt. Er musste kurz schmunzeln. Vincent hätte bestimmt auch lieber den Stain gewählt, statt die Umtaufung auf Fels.

Er positionierte sich ein wenig anders und las weiter.


Es dauerte ein bisschen und zuerst dachte ich, er wäre gar nicht zu Hause, doch dann erklang das Surren und ich versuchte, die Türe zu öffnen.

»Mit Schwung Kind.« , hörte ich die Frau rufen und ich nutzte ein wenig mehr Kraft, bis sie schließlich aufging.

Die Treppe stapfte ich hinauf, bis mir einfiel, dass ich gar nicht auf die Etage geschaut hatte. Auf der ersten angekommen, erwartete ich, das Dain mich in Empfang nahm, aber nirgends stand jemand an seiner Türe, weshalb ich ein Stockwerk höher ging. Immer weiter, doch an keiner Stelle weilte irgendjemand.

Ich kam mir dumm vor. Ich hätte ja wenigstens die Haustüren abgehen können, was ich nun halt intendierte ... bis ich wieder auf der ersten Etage angekommen war und die zweite Türe links seinen Namen preisgab.

Ich klingelte.

... und klingelte.

... und klingelte ein weiteres Mal.

Dann ging endlich die Türe auf und Dain, mit zerzausten Locken, die in alle Richtungen abstanden, sah mich an.

Mein Leben ist nicht wie ein Film, es ist wie ein BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt