𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 12

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Sebastian ausfindig zu machen war leicht.

Ihm gehörte mittlerweile die Firma seines Vaters.

Dag war jedoch nicht alleine hergekommen. Vincent hatte sich zwischenzeitlich bei ihm erkundigt, was er so triebe, und er hatte schließlich dann von seinem Besuch in Hamburg und seiner jetzigen Idee bei Sebastian vorbeizuschauen erzählt.

Sein Bester nahm sich daraufhin sofort Zeit mit ihm zu gehen.

Er wusste, dass beide sich nie gemocht hatten, und er wollte halt nicht, dass es am Ende noch eskalieren könnte. Allein deswegen hatte Vincent sich die Zeitspanne genommen, um Dag zu Sebastians Arbeitsstelle zu begleiten.

»Was hältst du davon, wenn nur ich erst einmal zu ihm gehe?«

»Nein.« , antwortete Dag. »Ich will dabei sein.«

»Ja, aber wer weiß, ob er bei dir überhaupt den Mund aufmacht.«

»Vinne, er weiß ganz genau, das auch wenn du alleine da aufkreuzen wirst, es meine Fragen sind. Warum solltest du dich nach Élaine erkundigen?!«

»Ja okay. Aber ... es kann ja trotzdem sein, das er in deinem Beisein erst gar nichts ...«

»Ich werde mit hochgehen.« Dag blieb standhaft.

Vincent rollte leicht mit den Augen, aber ließ ihn gewähren. Er konnte Dag schließlich nicht an einem Laternenpfahl anketten.

Gemeinsam betraten sie das mehrstöckige Gebäude. Was Dag nicht wusste, war, dass Vincent bereits im Voraus angerufen und bei Sebastian für einen Termin angefragt hatte. Immerhin wollte er auch nicht umsonst hier aufkreuzen. Oder ihn auf den falschen Fuß antreffen.

Im Empfangsraum sprach im Übrigen er und sagte, das Herr Kabe schon auf Sie warten würde. Dag betrachtete derweil das große Aquarium, welches dort aufgestellt war, eh er mit seinem besten Freund zu den fünf Aufzügen ging, die sich ebenda befanden. In einen stiegen sie auf Anhieb ein und sie fuhren auf eine der höchsten Etagen.

»Der fährt richtig schnell.« , erwähnte Dag, als er auf die Anzeigetafel mit den Stockwerken versehen blickte.

Vincent merkte, dass er sich im Alleingang ablenken wollte. Sebastian war halt ein rotes Tuch für ihn.

Ein wenig war er selbst nervös, weil er seinem alten Mitschüler nichts davon berichtet hatte, das Dag mit anwesend sein würde.

Dass dieser ihn ebenso nicht leiden konnte, war selbstverständlich. Schließlich war er in dessen Augen schuld Élaine verloren zu haben, da er der Überzeugung gewesen war, dass diese eine Affäre mit Dag gehabt hatte, eh beide es öffentlich gemacht hatten.

Vincent war dennoch ein wenig zuversichtlich, das mittlerweile genug Gras darüber gewachsen sein musste.

Es war im Endeffekt einige Jahre her und so viel, wie er mitbekommen hatte, war Sebastian verheiratet und hatte Kinder.

Als sie oben angekommen waren, meldeten sie sich im nächsten Foyer an und nahmen anschließend platz, als sie auch schon von derselben Dame aufgerufen wurden. »Herr Stein, Sie sollen reinkommen.«

Beide standen auf und gingen zu der Türe, auf die gezeigt wurde. Sebastian, dem man das älter werden, mehr als nur ansehen konnte, war bereits auf den Beinen und schüttelte den zweien je die Hand. »Vincent. Dag. Wie kommt's, das ihr mich ... aufsucht?«

Dag runzelte die Stirn. »Also eigentlich ist es meine Angelegenheit.« , sprach er und nahm auf eine gewisse Art fast synchron mit Vincent platz. »Es geht um ... Élaine.«

»Élaine? Was ist mit ihr?«

»Ich ... ich hatte dich damals schon gefragt, aber ... eventuell hast du ja mittlerweile Kontakt zu ihr, und ... ich wollt' ...«

»Nein, habe ich nicht.« , unterbrach er ihn.

»Du weißt also nichts? Also ... wo sie stecken könnt', oder ...«

»Warum das Interesse?«

»Nur so. Musste halt irgendwie an sie denken, und wollt' wissen, wie es ihr geht.« Er hatte nicht vor Sebastian von dem Buch zu erzählen und stupste Vincent mit seinem Fuß an, damit auch er den Mund halten sollte.

»Ah. Okay.«

»Du hast also auch keine Ahnung, wo ihre Familie steckt, und ...?«

»Nein. Wirklich nicht. Élaines Vater kam eines Tages zu uns. Meinem Vater machte er ein Angebot, um ihm die komplette Firma damit zu übertragen. Seine ganzen Rechte hat er somit aufgegeben.«

»Aber ... hat er nichts gesagt? Gar nichts?«

Sebastian stand auf und ging an sein Fenster. »Nein. Nur das sie wegziehen würden. Das etwas anderes im Vordergrund getreten wäre und ihm das wichtiger erscheint.«

»Und dein Vater hat ... nichts gefragt? Einfach so ... hingenommen?! Ich meine, sie waren doch befreundet.«

»Er hat ihn gefragt, ob er ihm helfen könnte. Aber er meinte, die Hilfe würde er nur woanders bekommen.«

»Aber inwiefern?« , stellte nun Vincent die Frage.

»Keine Ahnung.«

»Und ... ihre Eltern haben sich auch nie wieder bei denen gemeldet?« , wollte Dag wissen, der nicht glauben konnte, wie wenig man sich um seinen besten Freund und dessen Belange scheren konnte.

»Nicht das ich wüsste.«

»Kannst du ... eventuell mal ... nachhorchen?«

»Mein Vater ist tot. Und ... meine Mutter ist im Heim mit schwerer Demenz.«

»Oh, das ... das tut mir leid.«

»So ist das Leben, Dag.« Er setzte sich wieder hin. »Élaine hat dich verlassen, ohne ein Wort zu sagen. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wieso du sie dann wiedersehen willst.«

»Ich will nur ... ein kurzes Gespräch. Mehr nicht.«

»Jona ... Naumaier.« , meinte er nach einigen stillen Sekunden.

»Was? Wer?« Dag blinzelte ihn fragend an.

»Jona Naumeier. Privatermittler. Wende dich an ihn.«

»An einen Detektiv?«

Sebastian drehte ein Bild auf seinem Schreibtisch, welches ihn mit einer dunkelhaarigen Frau und zwei kleinen Kindern zeigte. »Meine Familie.« , sprach er und machte wiederholt eine minimale Pause, eh er weitersprach. »Meine Frau will sich scheiden lassen.«

»Oh. Ehm ... das ... das tut mir leid.« Dag wusste nicht, was das jetzt mit seiner Sachlage zu tun hatte.

Sebastian zückte sein Portemonnaie und zeigte beiden nun ein Foto einer jungen Frau. »Antonella.« , sagte er. »Meine Geliebte.«

Dag und Vincent nickten in demselben Augenblick. Man merkte, dass die zwei nicht wussten, wie sie darauf antworten sollten.

Wiederholt stand Sebastian auf und ging ans Fenster. »Ich hab's jahrelang geheimgehalten. Auf alles geachtet, auf was man achten sollte. Doch ... irgendwie wurde meine Frau misstrauisch und hat diesen Jona beauftragt, mich zu beschatten. Ich hab's nicht einmal bemerkt, aber ... er hat alles herausbekommen und ... meine Ehe ist kaputt.«

Beide sahen ihn an. »Ich denke mal, so etwas bekommt man leicht raus, wenn man ...« , begann Dag.

»Ja. Natürlich. Ich habe aber auch noch zwei uneheliche Kinder von zwei anderen Frauen. Auch das hat Jona Naumeier aufgedeckt.«

»Und ... dennoch empfiehlst du ihn?«

»Ich kenn' ihn nicht. Meine Frau sagt jedoch, sie verdankt ihm alles. Dank Jona Naumeier bin ich frei von deinen Lügen.« , sprach er und äffte seine Ehefrau nach. »Er weiß also, wie man Dinge hervorholt, die andere verbergen wollten.«

»Wieso ... hilfst du mir?« Dag war ein wenig verwirrt, aus welchem Grund Sebastian generell so anders war als in der Vergangenheit.

»Damals war damals. Heute ist heute.« , antwortete er. »Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Glück.«

Mein Leben ist nicht wie ein Film, es ist wie ein BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt