𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 26

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»Wo bist du mit deinen Gedanken?« , fragte Lukas, der dabei zusah, wie Dag einen Sprung nicht hinbekam, den er sonst spielend beim Parkour schaffte.

»Keine Ahnung.« Und das stimmte auch. Irgendwie dachte er über zu viele Dinge gleichzeitig nach und das war gar nicht gut. Er merkte selbst, wie sehr ihn das schadete. Er konnte dadurch nämlich keinen klaren Gedanken auf wesentliche Angelegenheiten lenken, so wie jetzt zum Beispiel beim Parkour.

Sein Kopf war viel zu vollgestopft.

»Ist es das mit deiner Ex?«

Selbstverständlich hatte er Lukas über seine Suche nach Élaine eingeweiht, deswegen war es für Dag auch keine große Überraschung, als dieser ihn das fragte. »Ja und Nein.« , antwortete er und setzte sich auf eine Bank. »Ich mache mir die ganze Zeit Gedanken darüber, wieso sie abgehauen ist. Ich ... Vincent denkt, ich spinne, aber ... was ist, wenn sie damals schwanger war?«

»Du denkst, sie war schwanger?« Er nahm nun ebenso platz.

»Ich weiß es nicht. Es muss doch etwas Plausibles geben und ... irgendwie ... ich weiß nicht.«

»Und das beschäftigt dich jetzt?«

Dag nickte. »So teils.«

»Weil du keinen Kontakt zu deinem Kind dann eventuell in all den Jahren hattest.«

»Ja ... das auch, aber ... ich würd' sie gern einladen.«

»Wen?« Lukas war verwirrt. »Dein Kind? Du ... du gehst von 'nem Mädchen aus? Eine Tochter?«

»Was?« Nun war es Dag, der durcheinandergebracht dreinblickte.

»Du sagtest sie. Du würdest sie gerne einladen.«

»Ja, aber ... nein. Ich ... ich mein', ... also, ich mein'... Jona. Ich würde Jona gerne einladen. Essen gehen, oder ... keine Ahnung.«

»Jona?«

»Ja Jona.«

»Wer ist Jona?«

»Sie ... sie sucht Élaine.«

»Die Detektivin?« , schoss aus Lukas heraus. »Du stehst auf die Frau, die deine Ex sucht?«

Dag verzog den Mund ein wenig seitlich und nickte minimal. »Eventuell. Sie ... sieht toll aus. Wirklich. Es ist doch normal, das ich dann ...«

»Warte. Was hast du vor, wenn sie Élaine findet.«

»Was soll ich da vorhaben?«

»Ja ... allgemein.«

»Es geht mir ... um eine Antwort.« , sagte er.

»Ob du Vater bist?!«

»Das, und ... warum sie gegangen ist.«

»Und ... wenn sie dich noch liebt?« , fragte Lukas.

»Wenn ... was?« Dag zog seine Augenbrauen zusammen.

»Was machst du, wenn deine erste Liebe, die du allen Anschein nach nicht vergessen konntest, weiterhin Gefühle für dich hegt?«

»Dann wäre sie nicht gegangen.« , brummte er.

»Du merkst aber, worauf ich hinaus will?«

Dag stand auf und fuhr sich durch seine Locken. »Das ist vorbei. Das war vor langer Zeit. Und ich bin auch nicht der Junge von damals. Das, was ich mit ihr hatte, ist nicht das, was ich im Leben haben will.«

»Also willst du die Detektivin lediglich mal flachlegen?«

»Ach vergiss es, okay.« Dag hatte keine Lust, jetzt genauer darüber zu diskutieren, was er wollte. Er hatte nämlich keinerlei passende Antwort parat.

»Nein, ist doch okay. Mit Katharina und dir ist es ja ... vorbei. Ist also normal, wenn du nach etwas Neuem Ausschau hältst. Mir geht es nur darum, dass es blöd für deine Ex wäre, sobald du dann wieder mit ihr anbandelst, und ...«

»Ich bandele nicht mehr mit ihr an. Meine Suche hat rein gar nichts damit zu tun.«

»Okay. Dann ... ist doch alles okay. Worüber zerbrichst du dir dann deinen Kopf?«

»Weil ...« Er dachte nach. Ja, warum sinnierte er dann so viel herum? Das ein Essen mit Jona in eine komplett andere Richtung gehen würde? Aber taten das nicht einige? Eine Frau ausführen, um ...

Stopp.

Warum fühlte es sich falsch an?

So, als würde man einer Person etwas ... vormachen, um ans Ziel zu gelangen.

Andererseits zeigte es jedoch auch Respekt, oder nicht?

Wenn er sie tatsächlich ausführte, statt sie auf einer Kneipentoilette mal schnell zu vögeln, war es doch in der Hinsicht etwas Gutes. Oder?

Wieso hatte er dennoch aus diesem Blickwinkel heraus ein schlechtes Gewissen?

Weil sie vielleicht einen Freund hatte?

Oder ...

Weil er ahnte, dass sie gar nicht der Typ Frau dafür war, etwas Lockeres führen zu wollen?

Irgendwie sah er sie nicht in dieser Rolle.

Genau wie Élaine damals. Seine Ex hatte sich nach der großen Liebe gesehnt. Etwas, das niemals vergehen würde.

Und er hatte es tatsächlich zu jener Zeit auch gefühlt, was er wollte.

Das er sie wollte.

Das sie kein Zeitvertreib sein sollte.

Jona kannte er nicht. Momentan vermutete er auch nur. Er wusste demzufolge nicht, was sie in Wirklichkeit für ein Mensch war. Doch ... warum fühlte er sich so angezogen von ihr, wenn er sie tatsächlich nicht kannte?

Obwohl ...

Élaine hatte er auch erst später richtig kennengelernt. Irgendwie war es durch die Treffen geschehen. Die Gespräche, die sie geführt hatten. Sie hatte sich ihm ... geöffnet.

Er ... hatte sich geöffnet.

... und danach bei keiner mehr.

Vor sich konnte er sehen, wie Jona sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht schob und ihm aufmerksam zugehört hatte, während ihre Mundwinkel angehoben waren.

Dag blickte auf die Stelle, von der er eben springen wollte. »Ich fokussier' mich besser hier drauf.«

»Hab' ich was Falsches gesagt?« , erkundigte sich Lukas.

»Nein. Meine Gedanken sind falsch, und ... das muss aufhören.«

Mein Leben ist nicht wie ein Film, es ist wie ein BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt