𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 54

34 14 0
                                    

Jona atmete tief ein und streckte sich.

Wow.

Was für eine Nacht.

Dag war ein Biest, aber das nur im positiven Sinne. Sie war wie ... auf Wolken. Er hatte sie regelrecht nach oben katapultiert. Und das lag nicht einzig am Sex. Allein schon die Art, wie er mit ihr geschlafen hatte.

Ihr war klar, das sie beide auch hätten reden sollen, aber ... war nicht irgendwie alles gesagt? So schlief man doch nicht mit jemanden, mit dem man es nicht ernst meinte oder nicht?!

Okay, viele schliefen miteinander ohne ... Gefühle, aber ... genau das war es ja. Die Emotionen konnte sie regelrecht spüren. Das bildete sie sich nicht ein. Sex konnte er an jeder Ecke haben, und ...

Wo war er?

Sie sah sich im Zimmer um, als würde er dort in einem Winkel hocken, aber er war nirgends. Die Türe des Badezimmers stand auf, somit war er auch nicht an jener Stelle.

Doch wo war er an diesem frühen Morgen?

Sie hatten insgesamt dreimal miteinander geschlafen, da ... haute man selbstverständlich nicht so einfach ab.

Oder?

Ihr wurde ein wenig übel, als sie so darüber nachdachte. Versuchte sich dann aber wieder zu beruhigen. Er hatte doch keinen Grund zu fliehen. Zudem waren sie gemeinsam hier in Österreich. Sie hatten zwar keinerlei großen Worte benutzt, im Kontrast dazu ... seine Küsse, oder wie er sie berührte. Nein. Es war nicht nur Sex und Adieu.

Sie sah auf die Uhr. Kurz nach acht.

Vielleicht ... möglicherweise joggte er ja. Sie wusste nichts über seine morgendlichen Aktivitäten. Meist trafen sie sich in der Lobby, oder er lungerte vor ihrer Türe herum. Jona stand auf und blickte nochmalig in jeden Winkel. Seine Kleidung war weg und auch ... sein Handy. Er hatte alles eingesteckt.

Ihre Sicht fiel nun in den Flur.

Ihre Karte.

Sie war nicht da.

Er hatte sie also mitgenommen, um wieder hineinzugelangen.

Irgendwie musste sie erleichtert ausatmen. Er würde wiederkommen. Sie lächelte. Obwohl ...

Etwas stand noch im Raum.

Etwas unangenehmes und ... ein sehr problematisches Thema, welches sie vollkommen verdrängt hatte in den Stunden mit ihm.

Élaine.

Wie sollte sie diese Fragestellung nur beginnen?

~ Hallo Dag, was bin ich genau für dich, wenn wir doch gemeinsam deine Jugendliebe suchen? ~

Augenblicklich fühlte sie sich wieder beschissen.

Erstens das schlechte Gewissen einer fremden Frau gegenüber, die wahrscheinlich ebenso noch Gefühle für ihn hegte und andererseits ... diese Ahnungslosigkeit, was sie genau für Dag war.

Wieso hatte sie es denn nicht angesprochen?

Es hätte ja nach dem ersten Mal mit ihm passieren können. Ein einfaches Gespräch. Was war mit Élaine ... und was war das genau, was ... geschehen war.

Sie hatte sich dem aber auch leicht hingegeben. Wie ein Tierchen, welches von einem Jäger ins Visier genommen wurde.

Ja, so könnte man es beschreiben.

Als er vor der Türe gestanden hatte, hatte sie aufgegeben. Wegrennen war sinnlos, weil sie all das wollte. Sie hatte es begrüßt.

Abermals schaute sie zum Ausgang und entschloss, dann erst einmal in Ruhe duschen zu gehen. Sich frisch zu machen und ... eventuell würde er ja zwischenzeitlich wiederkommen.

Die Karte hatte er ja mit.

Sie versuchte, demzufolge positiv zu denken. Zumindest was das betraf. Die Sache mit Élaine beschäftigte sie jedoch. Aber ... rückblickend hatten sie nie darüber gesprochen, wieso er sie überhaupt suchte. Zum Beispiel ... ob es aus Liebe zu ihr geschah. Es gab tausend andere Gründe.

Momentan fielen Jona zwar keine Logischen ein, aber ... es gab welche. Dessen war sie sich sicher. Ihre Haare flocht sie zu einem Zopf zusammen, nachdem sie sich abgeduscht und gemütliche Kleidung übergeworfen hatte.

Mit einem nicht ruhenden Magen blickte sie in die Räumlichkeit und anschließend zur Türe. Dag war wie gehabt noch nicht zurück von wo auch immer.

Wo steckte er nur?

Sie überlegte kurz und fackelte im weiteren Verlauf nicht lange. Es war zwar blöd ohne Karte zu verschwinden, aber es gab ja mit Sicherheit Ersatz. Dies war jedoch nicht der Grund, weshalb sie die Annahme ansteuerte. Möglicherweise hatte ja jemand Dag gesehen und konnte ihr sagen, wie lange er schon verschwunden war, denn in ihrem Kopf erschien plötzlich so der Gedanke, dass ihm vielleicht auch etwas geschehen sein könnte.

»Guten Morgen.« , begrüßte sie die Frau.

»Guten Morgen, was kann ich denn für Sie tun?«

»Meine Begleitung ...« Wie sollte sie ihn sonst nennen? »... also er hat meine Karte mitgenommen und ... ich wollte fragen, ob sie eventuell mitbekommen haben, wo er ... steckt.« Wie dumm, sie konnte doch gar nicht wissen, wie er aussah. »Er ist groß, tätowiert ... seine Haare sind lockig und ein wenig ...«

»Nein, tut mir leid.« , sprach sie. »Sie sind bisher der einzige Gast, der so früh unterwegs ist.«

»Oh. Ehm ... okay.« Wo war er denn? Vielleicht ... auf seinem Zimmer? Aber wozu hatte er dann ihre Karte mitgenommen? Reflex? »Ehm ... ich habe natürlich jetzt keine Zimmerkarte, so lange er auf Wanderschaft ist. Hätten Sie ...?«

»Wie lautet Ihre Zimmernummer und Ihren Namen bräuchte ich ebenso.«

»212. Naumeier. Jona Naumeier.«

»Naumeier?« Sie runzelte die Stirn. »Ihre Karte wurde abgegeben und ... eine Nachricht.«

»Was? Wann?«

»Oh die genaue Zeit weiß ich nicht, aber ... es war während der Nachtschicht.« Sie holte einen Behälter heraus, wo die Karte und ein Zettel drin lag. »Ehm ... hier steht ... Ihre Begleitung hat seine ... ehm ... Ex-Freundin gefunden, und es wäre seine letzte Chance für ... einen Neubeginn.«

»Was?«

»Ja, also ... hier.« Sie übergab den Zettel an Jona, der stichpunktartig alles darbrachte.

- Found his Ex-Girlfriend

- Last Chance

- Fix it

- A new Start

Ihr wurde speiübel. Sie hatte das Gefühl hier jetzt augenblicklich auf den Tresen kotzen zu müssen ... bis sie wie eine Durchgeknallte laut zu lachen begann. Die Tränen in den Augen konnte sie jedoch nicht verbergen.

»Ist alles okay?« , fragte die Angestellte ihrer Unterkunft.

»Klar.« , gab sie mit glockenheller Stimme von sich. »Natürlich.« Mit der Karte in der Hand entfernte Jona sich von ihr und trat mit verschwommenem Blick eine Stufe nach der anderen wieder hinauf.

Wie konnte sie auch denken, es wäre etwas anderes gewesen?

Es ging immer nur um Élaine.

Und nicht um sie.

Mein Leben ist nicht wie ein Film, es ist wie ein BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt