𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 50

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Jona lief nervös auf und ab.

Sie war sofort, als sie oben angekommen war, duschen gegangen. Kalt selbstverständlich, um diese Hitze, die in ihr aufgestiegen war zu vertreiben.

Sie kam sich vor, wie ein Typ, der sich sprichwörtlich frostklirrend abbrausen sollte, wenn er heiß auf eine Dame war.

Und dabei war das nicht nur reine sexuelle Anziehung. Natürlich hatte sein Kuss sie angetörnt, aber da war viel mehr. Es war wie eine wohltuende warme Welle, welche ihren kompletten Körper durchzogen hatte. Als wäre ihr vorher schweinekalt gewesen, ohne es zu bemerken, und diese Woge hatte ihr das gegeben, was ihr fehlte. Ein wahrhaftiger Brecher, der sie überfallen hatte. Jona hatte sich treiben lassen. Diesem schönen Gefühl nachgegeben, bis ... ja, bis die Realität wahrlich angeklopft hatte.

Was hatte sie getan?

Wie konnte sie nur?

Dag war nicht ... für sie. Jona hatte kein Recht sich dem hinzugeben, es schön zu finden, geschweige denn ... sich in ihn zu verlieben.

All das sollte für Élaine sein.

Die Frau, die sie ... gemeinsam suchten.

Sie band sich den Bademantel, den sie trug, ein wenig enger und setzte sich auf ihre Bettkante.

Wie sollte das in der Gegenwart überhaupt noch vonstattengehen?

Sie konnte nicht mit Dag umgehen, als wäre nichts geschehen. Selbst jetzt war sie ja geflohen und einer Konfrontation aus dem Wege gegangen.

Was sollte sie denn eigentlich sagen?

~ Es tut mir leid, dass ich mitgemacht habe?! Das ich es so gern wollte und genossen hatte, aber es nicht richtig gewesen war?! ~

Weshalb wurde es denn nun auch noch komplizierter?

Sie waren doch gerade dabei gewesen einer eventuell wichtigen Spur nachzugehen. Möglicherweise hätten sie Élaines Schwester ja sogar ausfindig machen können.

War es das tatsächlich vielleicht gewesen, das ihn so ... hatte handeln lassen?

Das Ziel war nahe und er wollte nochmal kurz ... Achterbahn fahren? Den Nervenkitzel mit einer anderen Frau haben?

War es sage und schreibe so in seinem Inneren, oder einfach nur ein Hirngespinst von ihr?

Jona hatte auf irgendeine Weise doch ein Gefühl, das er ... sie in der Tat sehr mochte. Diese Blicke, die er ihr gelegentlich zugeworfen hatte ... zufällige Berührungen ... und dann ... dieser Kuss.

Nein, in der Hinsicht war er bestimmt kein Arsch. Er hatte mit Sicherheit eine Ahnung davon, welche Anziehungskraft er besaß und musste demzufolge auch keine Spielchen spielen, um an sein Ziel zu gelangen.

Oder?

Sie schloss die Augen, spürte und sah, wie er ihre Finger küsste.

Eine Gänsehaut überfiel sie ein weiteres Mal.

Nein. So hart es auch klingen mochte, sie musste den Job hinschmeißen. Sie konnte weder weiterhin mit ihm, geschweige denn für ihn arbeiten. Und noch weniger wollte sie mit ansehen, wie er mit Élaine wiedervereint werden würde.

War es fies und egoistisch so zu denken?

Sie war doch sonst so professionell. Allerdings war sie sich auch darüber im Klaren, dass dieser Anblick ihr das Herz zerreißen würde.

Er hatte es ihr wahrlich angetan.

Jona hatte keine andere Wahl, als einen Schlussstrich zu ziehen. Es musste enden. Sofort. Ohne Verzögerung.

War es demzufolge feige, ihm dies nicht persönlich sagen zu wollen?

Na ja dann war sie es vielleicht. Aber Jona nahm sich vor, ihren Koffer zu packen, auszuchecken, und Dag eine Nachricht an der Rezeption zu hinterlassen.

Ende. Aus. Micky Maus.

Es ging nicht anders.

Sie stand auf und holte ihre Reisetasche hervor, als es an der Türe klopfte. Erstarrt blieb sie stehen. War es ... Dag?

Sollte sie es ignorieren?

Sie wollte ihm doch aus dem Wege gehen.

Jona wusste, sie würde sonst alles fallen lassen, wenn sie ihm nochmal auf diese Art und Weise begegnen würde.

Ein weiteres Klopfen.

»Frau Naumeier?« , hörte sie jemanden von der anderen Seite sagen. Das war definitiv nicht Dag. Dennoch tippelte sie vorsichtig und barfuß bis zur Türe und öffnete diese mit Bedacht. Der Concierge sah sie an. »Ihr Autoschlüssel. Herr Quandt hat ihn abgegeben und ihren Wagen ordnungsgemäß geparkt.«

»Oh. Ehm ... danke.« Sie nahm diesen entgegen.

Der Mann lächelte sie freundlich an, nickte und machte kehrt. Jona schloss die Türe und lehnte sich mit dem Rücken erleichtert gegen die Wand.

Natürlich war es nicht Dag.

Vielleicht war er ja jetzt sogar alleine auf dem Weg zu dem Ort, wo sie eigentlich vorhatten hinzufahren. Möglicherweise war er mit einem Taxi unterwegs.

Jona schloss die Augen und unterdrückte die Tränen.

War das peinlich. So empfand sie es zumindest. Wie eine Jugendliche, die frisch verliebt war und der Auserwählte außerhalb ihrer Liga. Ein naives junges Dummchen, das sich für einen kurzen Augenblick mehr erhofft hatte.

Wie war sie nur in so eine Rolle gerutscht?

Ihr war doch von Anbeginn klar gewesen, dass er auf der Suche nach seiner Ex war. Es war ja somit keine Überraschung.

Und wie oft wollte sie es noch gedanklich durchkauen? Es war wie in einer Schleife. Es nahm kein Ende.

Jona atmete abermals tief ein und aus, als sie schreckhaft zusammenzuckte, nachdem jemand wie gehabt bei ihr an der Türe klopfte.

Eventuell hatte der Mitarbeiter der Rezeption ja etwas vergessen zu sagen. Sie öffnete den Eingang und die Welle traf sie auf Anhieb, als sie in diese blauen Augen sah, die sie nicht mehr sehen wollte.

Mein Leben ist nicht wie ein Film, es ist wie ein BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt