𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 29

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»Warum liegst du hier wie ein Häufchen Elend?« , fragte Thomas, als er mit Jonas Zweitschlüssel ihre Wohnung betrat, nachdem diese nach dem zweiten Klingeln nicht aufgemacht hatte.

»Ich ... denke nach.« , antwortete sie mit den Beinen auf der Couch, während sie auf dem Boden lag.

Ihr bester Freund betrachtete sie und legte sich anschließend in selber Position neben sie. »Worüber denken wir denn nach?«

»Ich glaube, ich hab' einen Fehler begangen.« Ihre Stimme war tatsächlich leise und sehr nachdenklich.

Irgendwas musste wohl vorgefallen sein. Thomas dachte nach. »Du hast mit dem Knackarsch gepimpert?« , kam erschrocken aus dessen Mund, nachdem es für ihn nur diese einzige Antwort geben konnte.

»Nein. Hallo. Wofür hältst du mich?«

»Für eine hübsche junge Frau, die auf einen Kerl steht.«

Jona drehte leicht ihren Kopf und sah ihn an. »Wir haben uns getroffen.«

»Du und der Zungenakrobat?«

»Hast du noch ein paar Kosenamen für ihn?«

»Einige hab' ich zusätzlich im Hinterstübchen versteckt. Aber jetzt gib mir Infos.« Er setzte sich nun mit dem Rücken gegen die Couch und sprach weiter. »Wie weit bist du gegangen?«

»Ich wollte mit ihm über den Fall sprechen. Ihm alles mitteilen.«

»Weil wir das ja jetzt so machen.« , merkte Thomas mit einem gewissen Unterton an.

Jona ging darauf nicht ein und sprach weiter. »Ich hätte mich besser im Büro mit ihm treffen sollen, aber ... ich wollt' es ... irgendwie.«

»Natürlich wolltest du es. Du findest ihn scharf.«

»Ich verrenne mich.«

»Wirst du nicht gern' hören, aber du befindest dich bereits im Labyrinth der Gefühle.«

Sie kam ein wenig in die Höhe. »Und was rätst du mir?«

»Hmm. Da gibt es einige Ansätze.« Thomas zog die Beine an. »Du könntest den Fall an mich abtreten. Ihm sagen, es hat ... private Gründe.«

»Nein. So etwas mache ich nicht.«

»Wir treffen uns auch nicht privat mit Klienten und du machst es neuerdings.«

»Das ist ... was hast du noch?« Sie wedelte ungeduldig mit ihrer Hand herum.

»Fick mit ihm. Lass den Druck raus, und du wirst seh'n, dass ...«

»Thomas.« , gab sie empört von sich.

»War nur'n Vorschlag. Manchmal ist es lediglich sexuelle Anziehungskraft und die verströmt er so sehr, dass sie sogar bis zu mir reicht.«

»Ich ... ich bin nicht so. Und ... ich suche seine Ex.«

»Dann sag', es gibt keinen Anhaltspunkt mehr.«

»Ich soll lügen?«

»Es tut mir leid, aber mehr fällt mir nicht ein. Ist es nicht eh eine endlose Suche? Irgendwie tingelst du von einem Ort zum Nächsten. Wo ist sie jetzt?«

»Hier. Also ich bin wieder hier angelangt.«

»Suchst du jetzt mit ihm zusammen? Hand in Hand durch die Straßen Berlins.«

»Hör auf, Witze darüber zu machen. Die Lage ist ernst. Ich weiß nicht mehr weiter. Ich will meinen Job machen. Ich bin gut in meinem Job, aber ... dennoch denke ich auch daran, wie wird's weitergehen, sobald ich sie gefunden habe.«

»Das kannst du dir doch denken. Versuch' es also ... anders zu sehen.« , sagte er. »Du hilfst eventuell zwei Menschen, wieder zusammenzufinden.«

»Ja. Du ... du hast Recht. Ich sollte ... professionell bleiben.«

»Beziehungsweise ... wieder professionell werden.«

Jona setzte sich auf. Thomas hatte es exakt auf den Punkt gebracht. Es gab genug Möglichkeiten, die sie ... umsetzen konnte. Sie musste sich nur für eines entscheiden.

Den Auftrag an ihn abtreten, war nicht drin. Sie war keine, die gerne aufgab.

Sex mit Dag war ebenfalls nicht umsetzbar. Was hatte sie denn davon? Möglicherweise einen Orgasmus, wenn er es geschickt anstellte und das war's. Jona verstand nicht, wie man das überhaupt durchziehen konnte. In einer Beziehung hatte man doch viel mehr Intimität. Das andere glich eher einem ... Druck ablassen. Einfach nur dem Trieb nachgehen, weil man keine Lust mehr darauf hatte, sich selbst anzufassen.

Aber warum fühlte sie sich so angezogen von ihm? Und jetzt irgendwie noch mehr, nachdem sie sich eine Zeitlang über private Dinge unterhalten hatten. Jona verstand nicht einmal, woher es kam, dass sie sich so geöffnet hatte. Es ging so locker von ihren Lippen, als sie ihm aus ihrer Kindheit erzählte, oder das sie, schon seit geraumer Zeit Single war. Wollte sie ihm damit etwa indirekt sagen, sie war verfügbar?

Aber hatte sie nicht auch betont, das sie nicht auf lockere Dinge stand?

Vielleicht hatte er ja doch Interesse, da er sich ja offensichtlich erkundigt hatte, wenn sie es mal rückblickend betrachtete, allerdings war dies ... mit Sicherheit nur für ein Schäferstündchen. Er hatte tatsächlich in einfachen Worten gar nicht viel nach Élaine gefragt bei diesem Treffen, sondern umso mehr Sachverhalte, die sie selbst betrafen. Was ... seltsam war.

»Das war echt alles ein Fehler. Ich weiß nicht mal, was mit mir los ist. Ich ... ich kenn' ihn nicht einmal.«

»Du warst zu lange brav. Daran liegt es.«

Jona stand kopfschüttelnd auf. »Nicht jeder muss von einem Bett zum Nächsten hüpfen.«

Thomas blieb auf dem Boden sitzen. »Ich glaube, bei dir liegt das hüpfen schon zu weit entfernt, weshalb deine Antennen auch so empfindlich reagieren.«

»Vielleicht hast du Recht. Vielleicht sollte ich nach diesem Fall mal wieder beginnen ins kalte Wasser zu springen. Womöglich ist es das.« , sprach sie und setzte sich auf die Couch. »Ich bin schon zu lange alleine. Wahrscheinlich finde ich es süß, dass er sie nach so vielen Jahren sucht, und irgendwie ist es nicht er allgemein, sondern das ich jemanden will, der auch so ... an mich denkt.«

»Ehm ... ja.«

»Er ist attraktiv, keine Frage, aber ... ich will mehr im Leben als eine Nummer für jemanden sein.«

»Heißt, ... du ... machst deinen Job und ... das war's?«

Jona nickte entschlossen. »Ja. Genau. Ich werde mich vollstens auf meine Arbeit konzentrieren, und Dag ... ist tabu.«

Mein Leben ist nicht wie ein Film, es ist wie ein BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt