𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 49

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Dag saß in der Lobby.

In sein Zimmer war er bisher nicht gegangen. Er wusste momentan gar nicht so Recht, was er tun sollte, geschweige denn ... wohin ihm gewährt war zu gehen.

Möglicherweise wollte sie ja, dass er abreiste.

Die Zusammenarbeit canceln.

Hatte er es denn tatsächlich übereilt?

Mit Sicherheit. Sonst wäre ihre Reaktion nach dem Geschehen anders gewesen. Nicht so ... abweisend. Verängstigt.

Er fühlte sich scheiße, weil dies keineswegs so beabsichtigt war. Dag wollte nicht, dass ihr schlecht zumute war. Während des Kusses war es ihr ja auch anders ergangen, sonst hätte sie nicht so mit Hingabe und Leidenschaft mitgemacht.

Doch so wie es Stand jetzt aussah, war das seine Chance gewesen und er hatte es versemmelt.

Es gab kein Zurück, wo er es hätte ändern können und im Großen und Ganzen wollte er es auch nicht ausradieren.

Irgendwie hatte es sich in dem Moment richtig angefühlt und noch besser war dieses Gefühl gewesen, als ihre Lippen auf seinen gelegen hatten. Aber ... sie sah das anscheinend anders.

Allerdings hatte sich dieser Augenblick, diese Berührungen, diese Liebkosung ... besonders angefühlt.

Er hatte es mit jeder Faser seines Körpers gespürt und er wusste, ihr war es in jenem Moment nicht anders ergangen. Dag hatte es an ihrer Zärtlichkeit ausgemacht, als sie ihn berührt hatte, dieses minimale Seufzen ... einfach alles.

Doch dann hatte die Realität sie scheinbar eingeholt, wo sie sich einzig als ... Angestellte sah.

Wie sollte er ihr jetzt noch begreiflich machen können, das sie vielmehr war, wenn sie ihn allen Anschein nach nicht mehr sehen wollte?

Zumindest hatte er ihre Worte von vorhin so gedeutet.

Grübelnd stand er auf, nachdem er das bereits vor wenigen Augenblicken mehrfach getätigt hatte, und ging ein weiteres Mal auf und ab.

Wie ein Tiger in Gefangenschaft, dabei befand er sich in keinem Käfig. Er war einfach ratlos.

Er hatte auch schon vorgehabt, Vincent anzurufen, dann jedoch festgestellt, dass er nach wie vor kaum Empfang hatte.

Dag versuchte, sich aufgrund dessen, in seinen besten Freund hineinzuversetzen. Was würde er ihm jetzt raten?

Aufgeben?

Tasche packen und gehen?

Oder ...

Eier in der Hose haben und seine aufkeimenden Gefühle kundtun?

Wie er Vincent kannte, würde er ihm zu Letzterem raten, wenn er ebenso sicher sein würde, dass Jona dasselbe empfand.

Und das tat sie.

In jeder Hinsicht.

Dag war sich mehr als sicher. Er irrte sich nicht.

Genau.

Er musste ihr zeigen, wie wichtig sie ihm geworden war. Taten sagten mehr als Worte. Genauso hatte doch auch der Kuss begonnen.

Er hatte etwas getan und keine dummen Sätze oder Poesie-Album-Sprüche herausgesucht.

Dag hatte seinem Gefühl gefolgt.

Und in jenem Augenblick wollte er sie einfach küssen.

Wie auch jetzt ...

Der Drang war da, weil er mittlerweile wusste, wie gut es sich angefühlt hatte.

Er musste es nun einzig mehr zulassen und gleichzeitig ihr dieses Gefühl übermitteln. Sie sollte keine Sorgen haben.

Das mit der Suche nach Élaine war doch eh gelaufen.

Er musste es Jona sagen. Vielleicht würde sie dann ... alles fallenlassen. Und damit meinte er jetzt nicht ihre Kleidung. Einfach der Ballast, der sie so hatte in Erscheinung treten lassen, wie vorhin.

Sie war regelrecht geflüchtet.

Weggelaufen.

Als er während der Rückfahrt ihr Bein im Gegensatz dazu berührt hatte, um eine Reaktion herauszukitzeln, war sie erst nach kurzer Zeit ausgewichen. Sie genoss es, aber der Ballast drückte.

Es gab keinen anderen Weg, als ihr diesen abzunehmen.

Er musste es sich vorstellen, wie ein Rucksack, welchen sie trug.

Es war so einfach ... oder ... nicht?

Sie hatten beide Schwierigkeiten. Er damit, dass er lange so einem Gefühl gekonnt ausgewichen war und sie, weil sie ... weiterhin als Profi ihre Arbeit nachgehen wollte. Sein ... Vorhang war sprichwörtlich gefallen. Ihm war nun klar, was er beabsichtigte, sonst hätte er nicht so viele Hebel in Bewegung gesetzt.

Es lag also einzig an ihm, ihr den Weg zu zeigen.

Er dachte an den Kuss zurück. Nein, er brachte nichts durcheinander. Wie einst Élaine musste er ihr die Unsicherheit nehmen, die sie davon abhielt, sich gänzlich fallenzulassen. Und wieder meinte er damit nicht den Sex. Dass es mit seiner Ex-Freundin damals direkt so weit gegangen war, hatte er in jenen längst vergangenen Tagen gemeinhin genannt nicht beabsichtigt. Dennoch ... das Gefühl Jonas seidenweiche Haut auf seinen Fingern, ihre Lippen, die möglicherweise auch seinen Körper küssen würden, ihre Zunge, die ...

Stopp.

In diesen Minuten driftete er doch zu sehr ins Sexuelle.

Das war nicht sein Begehren, auch wenn er sie ... begehrte.

Das Wichtigste war jetzt erst einmal ein Gespräch. Alles andere würde sich dann entwickeln.

Dag musste dies nach hinten schieben.

Dennoch dachte er wiederum darüber nach, falls es doch sofort in diese Richtung gehen würde, nachdem er seine Gefühle kundgetan und ihr den Ballast vom Rücken abgeschnallt hätte.

Man wusste ja nie.

Wenn der Kerl sie beide im Auto nicht gestört hätte, wäre aus dem Kuss eventuell auch mehr ... entstanden. Dessen war er sich sicher.

Oder ...

War es ichbefangen wieder sexuell zu denken? Dag hatte ja mehr im Sinn, aber er konnte es nicht bestreiten, wie scharf er ebenso auf sie war. Das minderte ja nicht ihren Wert.

Aber selbstverständlich musste er ihr das auch klarmachen. Wie sollte er ihr sonst den Ballast abnehmen?

Ja. Seine Entscheidung war gefallen. Dag konnte nicht mehr grübelnd in der Lobby verbringen. Er musste endlich alles in die Tat umsetzen und das Ruder in die Hand nehmen.

Mein Leben ist nicht wie ein Film, es ist wie ein BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt