You can try to find strength in my arms

Teil 81

~Jessica~

Sie wollte gar nicht wissen, was Samu nun von ihr dachte, nachdem sie ihm erzählt hatte, dass sie ihre Mutter so gar nicht vermisste und es einfach nur abartig fand, dass sie David regelrecht dazu gedrängt hatte, nach Afghanistan zu gehen. Samu konnte das sicher nicht verstehen und hielt sie wahrscheinlich für vollkommen gefühlskalt. Verdammt, manchmal dachte Jessica das selbst von sich. Es war doch absolut nicht normal, die eigene Mutter nicht zu vermissen, oder? Andererseits, wie gefühlskalt konnte sie schon sein, wenn sie sich Hals über Kopf in so einen tollen Mann wie Samu verliebt hatte? Naja, auch wenn er nicht in sie verliebt war und die Chancen, dass er es vielleicht doch irgendwann tat, nun noch schlechter standen als vorher schon.

„Nur, weil es bei mir und meiner Mutter so harmonisch ist, heißt das noch lange nicht, dass ich dich nicht verstehen kann. Sicher, es hört sich schon hart an, wenn du sagst, dass du kaum Kontakt zu deiner Mutter hast und du sie nicht vermisst, aber wenn man, wie ich jetzt, den Hintergrund kennt, kann man gut nachvollziehen, weshalb du so fühlst. Ich denke dadurch sicher nicht schlechter von dir, falls du das denkst."

Samu hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und Jessica huschte ein erleichtertes Lächeln über das Gesicht. Sie sollte wirklich aufhören, voreilige Schlüsse zu ziehen, denn Samu reagierte immer anders als sie dachte.

„Ich denke, dass du das Verhalten deiner Mutter, nachdem sie diesen Mann kennengelernt hat, sicher auch nicht einfach so hingenommen hast, oder?" fragte Samu dann.

„Nein, habe ich nicht. Ich habe versucht ihr klar zu machen, dass dieser Kerl nicht gut für sie ist, und das mehr als einmal. Allerdings wollte sie davon nichts hören. Okay, es ist im Grunde genommen ihre Sache, mit wem sie zusammen ist, aber ich hab nunmal was dagegen, wenn Menschen andere Menschen ausnutzen und selbst nur auf der faulen Haut liegen. Sowas hat meine Mutter echt nicht verdient," antwortete Jessica und schon bei dem Gedanken daran, dass ihre Mutter Tag für Tag für diesen Kerl arbeiten ging, drehte sich ihr der Magen um.

„Siehst du? Du vermisst sie vielleicht nicht, aber sie ist dir nicht egal und das ist doch gut. Wenn sie dir egal wäre, wäre das viel schlimmer. Also mach dir mal keine Gedanken darüber, dass du so fühlst, wie du fühlst. Das ist nicht schlimm," erklärte Samu ihr und wieder war Jessica völlig überrascht. Dieser Mann verblüffte sie immer wieder mit dem, was er sagte oder tat. Kein Wunder, dass sie sich in ihn verliebt hatte.

„Da hast du wohl Recht," lächelte sie und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Hab ich oft," schmunzelte Samu.

„Mal ganz davon abgesehen, dass meine Mutter dich auch schon ins Herz geschlossen hat. Das habe ich sofort gemerkt. Ich gebe dir gerne was von ihr ab, wenn du möchtest."

Jessica wusste gar nicht, was sie dazu sagen sollte, da ihr vor Rührung direkt wieder Tränen in die Augen schossen. Das hatte er so süß gesagt.

„Hey, komm her," lächelte Samu, der ihr Gefühlschaos wohl bemerkt hatte, zog sie wieder in seine Arme und drückte sie fest an sich. Lächelnd schloss Jessica ihre Augen und genoss seine Nähe.

„Darf ich fragen, was mit deinem Vater ist? Du hast noch nichts von ihm erzählt."

Jessica wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als Samu diese Frage stellte. Es war ihr aber auch egal. Wenn sie in Samus Armen war, hatte die Zeit für sie sowieso keine Bedeutung.

„Naja, da gibt es leider nichts zu erzählen. Er ist gestorben, als ich 5 Jahre alt war und ich kann mich kaum an ihn erinnern. David dagegen hatte nie die Chance, ihn kennenzulernen und mein Vater hat David auch nie gesehen. Meine Mutter war im 6. Monat schwanger, als mein Vater gestorben ist," erzählte Jessica leise. Seltsam, ihren Vater, an den sie sich kaum erinnern konnte, vermisste sie manchmal wirklich sehr und ihre Mutter, die noch lebte, kein bißchen. Das war echt verrückt.