Teil 96

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~Samu~

Er konnte nicht beschreiben, wie unangenehm es ihm war, sich von Jessica wie ein Baby anziehen zu lassen, aber er fühlte sich so kraftlos, dass es fast schon ein Wunder war, dass er sich überhaupt auf den Beinen halten konnte und das auch nur, weil er sich an Jessica festhielt, während sie ihm die Jeans anzog. So hatte sie sich die Zeit mit ihm in Finnland sicher nicht vorgestellt.

„Es tut mir leid, dass du alles machen musst," entschuldigte er sich leise, als er wieder auf der Bettkante saß und Jessica vor ihm hockte, um ihm die Schuhe anzuziehen.

„Mach dir keine Gedanken darüber. Das ist okay. Es ist doch klar, dass ich dir helfe," entgegnete Jessica und sah ihn an.

Schweigend erwiderte er ihren Blick.

„Wirklich," versicherte sie ihm lächelnd. „Und jetzt Schluss damit. Konzentrier dich lieber darauf, wieder gesund zu werden."

Jessica stand auf und beugte sich zu ihm, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu hauchen. Samu wunderte es, dass sie es überhaupt tat, so verschwitzt wie er war. Er sehnte sich nach einer kühlen Dusche, aber solange er sich nicht von allein auf den Beinen halten konnte, wurde daraus wohl nichts.

„Du solltest noch etwas trinken."

Jessica hielt ihm die Wasserflasche hin und er nahm sie.

„Ich mach es wieder gut, versprochen," meinte er und blinzelte zu Jessica, ehe er die Flasche an seine Lippen setzte und das angenehm kühle Wasser trank.

„Das brauchst du nicht," winkte Jessica ab und setzte sich neben ihn. Samu leerte die Flasche und reichte sie Jessica, die sie wegstellte. Gott, er hatte immer noch solchen Durst, dass er den See hätte leer trinken können, doch das Mineralwasser reichte fürs Erste.

„Wir sollten schon mal runtergehen, damit wir direkt losfahren können, wenn deine Mutter hier ist," meinte sie dann und stand auf.

Samu war sich gar nicht so sicher, ob er es überhaupt schaffen würde, die Treppe runterzugehen, aber es blieb ihm nichts anderes übrig.

„Okay."

Vorsichtig stand er auf und wartete einen Moment ab, ob ihm wieder schwindelig werden würde, bevor er gemeinsam mit Jessica langsam das Zimmer verließ. Samu konnte nicht beschreiben, wie sehr er es hasste, krank zu sein und vor allen Dingen, Fieber zu haben. Er fühlte sich wie in Watte gepackt und hatte den Eindruck, gar nicht richtig da zu sein.

„Halt dich besser an mir fest," hörte er Jessica sagen, als sie am Treppenabsatz standen. Samu bemühte sich, nicht nach unten zu sehen, was ihm jedoch nicht gelang und ihm wurde leicht schummerig zumute, als er die ganzen Stufen sah. Jessica nahm seinen rechten Arm und legte ihn sich um ihre Schultern, während sie ihren linken Arm um ihn legte und zusätzlich ihre rechte Hand auf seinen Bauch, um ihn noch mehr zu stützen. Samu umfasste mit seiner freien, linken Hand das Treppengeländer und setzte vorsichtig den Fuß auf die erste Stufe. Na, der Anfang klappte ja schon ganz gut. Hoffentlich blieb das auch so.

~Jessica~

Langsam, eine Stufe nach der anderen nehmend (wie auch sonst), stiegen sie und Samu die Treppe runter. Zwischendurch mussten sie immer mal wieder Pause machen, weil es Samu sichtlich anstrengte, er nur schwer Luft bekam und dadurch immer kleine Hustenanfälle hatte. Jessica war erleichtert, als sie schließlich heil unten angekommen waren.

„Lass uns hier warten. Ich kann nicht mehr.."

Samu ließ sie los, ließ sich völlig ausgepowert auf eine Stufe fallen und legte seinen Kopf gegen das Treppengeländer. Sichtlich erschöpft schloss er die Augen. So fertig, wie er war, hätte man meinen können, er hätte ein zweistündiges Konzert hinter sich und nicht eine einzige Treppe mit ungefähr 15 Stufen. Jessica konnte nicht beschreiben, wie leid ihr Samu in diesem Moment tat. Am liebsten hätte sie ihm das alles abgenommen, aber das ging leider nicht. Naja, wahrscheinlich würde es ihr spätestens in zwei Wochen genauso mies gehen, wenn sie sich bei ihm angesteckt hatte. Zum Glück hatte sie dann noch Semesterferien und konnte sich in Ruhe auskurieren. Das war wenigstens etwas.

You can try to find strength in my armsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt