Einige Jahrzehnte später
"Jetzt sag schon", drängte Fíli zum wiederholten Mal, "was schreibt er?"
"Lass mich doch zuerst einmal selber fertig lesen, dann sage ich es dir, einverstanden? Neugieriger und ungeduldiger Zwerg du!" Er liess aber nicht locker und schlang seine Arme von hinten um mich, küsste meinen Nacken, während er versuchte, selber einen Blick auf das Geschriebene zu erhaschen. Sobald ich es merkte, legte ich meine Handfläche an seine Stirn und drückte ihn von meinem Hals weg. "Lässt du das wohl sein? Du bist echt nervig!"
"Danke gleichfalls. Du brauchst ja bloss zu sagen, was er schreibt, dann lass ich dich ihn Ruhe."
"Nein. Ich hab dir ja schon mehrmals gesagt, dass ich den Brief zuerst zu Ende lesen will. Ist es denn so schwierig, dich noch einen Moment zu gedulden?"
"Dass du das in all den Jahren noch nicht begriffen hast. Wir Zwerge sind äusserst stur und ungeduldig"
"Leider", seufzte ich und wollte mich wieder dem Brief widmen, als mich Fíli erneut störte. "Hättest du mich von Anfang an in Ruhe lesen lassen, wüsstest du es längst. Auf keinen Fall hätte ich sagen sollen, von wem er ist." Während ich sprach, betrat Kíli den Raum und wollte wissen was los war. "Ihr sturen Zwerge seid los!"
"Was hat er jetzt wieder angestellt?" Schnell erklärte ich, weswegen Fíli mich so nervte und Kíli grinste sofort. "Deine Frau zeigt dir wohl, wo's langgeht, Bruder? Gut so, Linnie" Zunächst habe ich mich sehr gegen diesen Spitznamen gewehrt, als aber auch Fíli damit anfing, liess ich es zu. Glücklicherweise liess Fíli mich darauf los und ging stattdessen auf seinen Bruder los, welchen er in den Schwitzkasten nahm und ihm Kopfnüsse gab. Grinsend wandte ich mich wieder dem Geschriebenen zu, als Fíli plötzlich aufschrie.
"Verdammt Kíli, spinnst du? Was sollte das denn?" Ehe ich fragen konnte wandte sich Fíli an mich. "Er hat mich gebissen!" Ziemlich grob riss er Kílis Kopf an den Haaren von seinem Arm weg. Genervt verdrehte ich die Augen.
"Bei Durin, ihr seid schlimmer als kleine Zwerglinge!", entgegnete ich wütend und faltete den Brief zusammen. "Zwar habe ich fertig gelesen, aber ich sehe, ihr seid beschäftigt und es interessiert euch nicht, was Bilbo schreibt."
"Von Bilbo?", fragte Kíli verwundert, als er sich aus Fílis Klammergriff löste. Jedoch zeigte ich keine Reaktion und wollte den Saal verlassen als mir die beiden nachstürzen und wissen wollten, was er schreibt. Theatralisch seufzte ich.
"Er hat uns zu seinem Geburtstagsfest eingeladen. Egal was ihr tut, ich werde hingehen." Mit diesen Worten verliess ich Fílis Arbeitszimmer und machte mich auf den Weg zu meiner besten Freundin Dalía. Jedes Mal, wenn ich daran dachte, wie ich sie kennenlernte, musste ich unwillkürlich grinsen oder gar lachen.
Als ungefähr zehn Monate nach dem Tode Smaugs vergangen waren, ist im Erebor bereits eine Art Alltag entstanden, bald war unsere Hochzeit und am Folgetag die Krönung. So war ich damals auf dem Weg in die Schneiderei für die letzte Anprobe meiner Kleider. Dabei stiess ich aber ziemlich heftig mit einer Zwergin zusammen, die mich sogleich anschnauzte:
"Sag mal kannst du nicht besser aufpassen?" Dann fiel ihr auf, dass ich kein Zwerg, sondern ein Mensch war. "Was tust du denn hier, Mensch? Hast du dich verlaufen, dein Zuhause ist sonst wo?", wetterte sie weiter. Gelassen entgegnete ich ihr, dass sie nicht so abschätzig über andere Völker reden sollte, was sie in diesem Moment nämlich tat. Dann meinte ich, dass ich zwar ein Mensch sei, aber einer der Dúnedain.
"An deiner Stelle würde ich nicht eine so grosse Klappe riskieren, Mensch! Mein Bruder ist nämlich bei der Wache, der kann dich einsperren lassen!" Da konnte ich nicht anders als zu grinsen.

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Durins Erbe
FanfictionÄnderungen geschehen, ob man es will oder nicht. Doch auch Schlechtes kann schlussendlich Gutes hervorbringen. Als Kind hätte ich es nie geglaubt, erst Jahre später begriff ich. Ein einziges, zunächst unglaublich schreckliches, Ereignis veränderte...