Hinter uns entdeckte Dwalin einen Pfad und fragte den Zauberer, ob wir diesem folgen sollten, auch wenn wir nicht wussten wo er hinführte. Sogleich meinte einer der Zwerge, dass wir auf jeden Fall diesen Pfad nehmen sollten. Kaum hatten sich einige der Zwerge auf den Weg gemacht, bemerkte ich Ori hinter mir.
"Ist bei dir alles in Ordnung?" Er klang besorgt.
"Natürlich, was sollte denn sein?"
"Naja, als du hier runter kamst, hast du geschrien. Da dachte ich mir, dass dir vielleicht etwas passiert ist." Lächelnd erklärte ich, dass mir bloss nicht bewusst war, dass es nach unten ginge.
Eine Weile folgten wir stillschweigend dem engen Pfad und ich, wohl alle, waren sehr gespannt, wohin er uns führen würde. Mit einem leichten Lächeln beobachtete ich Bombur, der gelegentlich steckenblieb, so dass ihn jemand ziehen oder stossen musste. Hoffentlich brachte uns dieser Pfad vorwärts, nicht dass wir schlussendlich wieder im Auenland waren. Auf einmal erreichte uns wieder etwas mehr Licht und die vorderen hielten an, während sie etwas zu betrachten schienen. Etwas, das wohl ihr ganzes Interesse weckte. Bevor ich eine Idee hatte, was es sein könnte, sah ich den Ort, an dem ich die längste Zeit meines Lebens verbracht hatte. Acht Jahre, bei meinem Volk, zu Hause, nur gerade einmal sieben. Verwundert aber gleichzeitig verängstigt betrachtete ich das kleine Dorf, welches von mehreren Wasserfällen umgeben war.
Dann fiel mir auf, dass Gandalf sprach, zwar verstand ich nicht was, seufzte aber gleichzeitig mit Bilbo:
"Bruchtal" Bruchtal, zwar nicht meine Heimat, aber irgendwie mein Zuhause. Auch wenn ich mich sofort wieder an den Grund erinnerte, weshalb wir hier lebten, freute ich mich ein wenig, hier zu sein. Diese vertrauten Gebäude und Klänge weckten längst vergessene Erinnerungen an meine Kindheit. Teilweise auch schöne. Wie ich mit Herr Elronds Söhnen durch die Gegend streifte, später mit meinem Bruder. Der Gedanke an ihn liess mein Herz schneller schlagen. Ob er wohl hier war? Kurz rechnete ich, er war mittlerweile 22 Jahre alt und ich konnte ihn mir gar nicht als Erwachsenen vorstellen, für mich war er immer noch ein Kind, wie damals als ich Hals über Kopf aufbrach.
Inzwischen waren wir im Vorhof zu Elronds Haus angekommen, sogleich hörte ich, wie sich jemand näherte. Noch bevor Gandalf ihn mit Namen ansprach, wusste ich wer er war. Lindir. Auch wenn es eigentlich Elrond war, der sich um meine Familie kümmerte, verstand ich mich schon immer besser mit Lindir, er war beinah wie ein zweiter Vater für mich. Kaum dachte ich an meinen Vater, war ich den Tränen nahe und schob diese Gedanken beiseite. So bekam ich gerade mit, dass Elrond nicht hier sei. Gerade wollte ich fragen, wo er dann war, da erklang auf einmal wieder ein Horn in der Ferne. Da war alles klar, es war Elrond, welcher mit seinen Reitern den Rest der Orks töteten, die uns verfolgten.
Kaum ritten die Elben in den Hof ein, wurde ich von einem der Zwerge in den Kreis, welchen sie vorhin gebildet hatten, hineingezogen. Alle von ihnen hielten sie ihre Waffen griffbereit. Am liebsten hätte ich ihnen erklärt, dass keine Gefahr drohte. Doch sie hätten wohl sowieso nicht auf mich gehört, Zwerge konnten mit Elben nichts anfangen und umgekehrt genauso. Plötzlich durchfuhr mich ein schlimmer Gedanke, was wenn Thorin herausfand, was er ziemlich sicher würde, dass ich einen Grossteil meines Lebens hier mit Elben gelebt habe? Würde er mir misstrauen oder mich gar hierlassen?
Elrond und Gandalf hatten ihr Gespräch auf Elbisch beendet und der Elb unterhielt sich stattdessen mit Thorin, welcher darüber gar nicht erfreut schien und bloss schnippische Antworten zurückgab. Das Ganze endete darin, dass Elrond einige Wörter auf Elbisch sprach, nicht besonders freundlich.
"Was hat er gesagt? War das etwa eine Beleidigung?", entfuhr es Glóin.
"Nein, ich glaube nicht", beruhigte ich ihn. Wenn die Zwerge auf Elrond losgingen, wäre die Hölle los. Ausserdem wusste ich einfach dass es keine Beleidigung war. Elrond würde niemals jemanden beleidigen, das wusste ich zu gut aus meiner Kindheit dort. Egal was mein Bruder, oder vielmehr ich, angestellt hatten, weder schimpfte Elrond, noch bestrafte er uns. Höchstens schüttelte er genervt den Kopf und bat, es zu lassen. Falls es etwas Schlimmes war, nahm er uns, hauptsächlich aber nur mich, an der Hand und brachte uns zu Mutter. Diese ging dann ganz in ihrer Rolle auf und schalt uns in allen Tönen. Meistens folgte noch eine Strafe. Der Gedanke an meine Mutter löste seltsamerweise nichts in mir aus.

DU LIEST GERADE
Durins Erbe
FanfictionÄnderungen geschehen, ob man es will oder nicht. Doch auch Schlechtes kann schlussendlich Gutes hervorbringen. Als Kind hätte ich es nie geglaubt, erst Jahre später begriff ich. Ein einziges, zunächst unglaublich schreckliches, Ereignis veränderte...