Kapitel 47

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Entsetzt blickte Fíli mich daraufhin an, was ich ihm aber nicht verübeln konnte.

"Wi-wie meinst du das?" Diese ganze Situation war seltsam, normalerweise war er derjenige, der mich unterstützen, beruhigen oder trösten musste, an jenem Tag lag das an mir. Das gab es nur einmal, als er eine Krise hatte, bevor und kurz nachdem er gekrönt wurde, die Angst zu versagen lastete auf ihm. Dieses Mal schien alles schlimmer, immerhin gäbe es keine Hoffnung mehr. Und auch keinen Trost für ihn. "Sag mir, dass das ein schlechter Scherz ist.", fauchte er, als er ziemlich grob meine Schultern packte. Offenbar war er nicht traurig, noch nicht, sondern wütend und verängstig. Vorsichtig legte ich meine Hände an seine Wangen und küsste ihn.

"Es tut mir unglaublich leid. Das ist kein Scherz. Ich werde sterben und das schon bald." Darauf schüttelte er bloss heftig den Kopf.

"Das kann ich nicht glauben. Ich will es nicht glauben!"

"Aber es ist die Wahrheit, auch ich wünschte, es wäre nur ein Hirngespinst. Laut dieser Prophezeiung werde ich in einem Kampf gegen Gundabad fallen. Dafür wird dieses Reich endlich besiegt."

"Mir ist das egal, in den letzten Jahrzehnten hatten wir nie wieder Probleme damit. Das ist es mir nicht wert, ich werde dich nicht sinnlos opfern"

"Es ist nicht sinnlos und es gibt keinen Weg, diese Voraussage zu umgehen."

"Doch. Doch den gibt es. Du musst einfach weg von hier. Geh irgendwo hin wo es sicher ist, versteck dich. Man wird dich nicht finden."

"Nein, das wird nicht gehen. Wenn ich es täte, dann würde ich auf dem Weg dorthin sterben oder sonst irgendwie, es ist so vorgesehen. Sieh es bitte ein, Liebling, nichts wird mich retten können. Aber statt in Trauer zu versinken, möchte ich die verbleibende Zeit geniessen." Obwohl ich gar nichts dafür konnte, fühlte ich mich, als würde ich ihn verraten, es war wahr, ich hätte versuchen können, abzuhauen, aber ich bevorzugte es, in einem Kampf umzukommen, statt aus einem Hinterhalt angegriffen zu werden.

"Und wenn ich dich begleiten und beschützen würde? Das könnten wir schaffen"

"Hör mir zu, ich will dich nicht auch noch verlieren, ausserdem musst du für das Volk da sein. Bitte tu das für mich." Seine einzige Reaktion bestand darin, den Kopf zu senken, dass ich sein Kinn anhob, wie er es sonst immer bei mir tat, wenn er etwas von mir verlangte. "Versprich es mir. Egal was passiert, du musst überleben und wieder glücklich werden, hörst du? Ich möchte nicht, dass du in Trauer lebst."

"Glaubst du, ich könnte ohne dich je wieder lächeln, geschweige denn glücklich werden? Du weisst selber ganz genau wie es sich anfühlt, wenn man alles verloren hat, oder glaubt alles verloren zu haben. Oder glaubst du, ich hätte gewollt, wäre ich wirklich tot gewesen, dass du dich im Zimmer verkriechst und niemanden an dich heran lässt? Hätte ich gewollt, dass du abhaust und irgendeine leichtfertige Dummheit begehst?" Je länger er redete, desto lauter wurde er, seine Wut war deutlich spürbar.

"Hör bitte auf damit", begann ich, wurde aber unterbrochen.

"Weisst du eigentlich, was du mir antun willst? Du ziehst es nicht einmal in Betracht zu fliehen." Da hatte ich genug und stoppte ihn.

"Es wird nicht funktionieren und ich würde dich auch so nie wieder sehen, also was spielt es für eine Rolle?"

"Aber dann wüsste ich wenigstens, dass es dir gut geht."

"Woher Fíli? Woher würdest du wissen, dass es mir wirklich gut geht? Vielleicht glaubst du, dass ich in Bruchtal in Sicherheit bin, aber in Wirklichkeit wurde ich entführt, gefoltert und qualvoll getötet werden? Würdest du das wollen?"

Durins ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt