Kapitel 29

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"Stell dir vor, ich wäre ein Ork, der auf dich zukommt", rief Fíli, als er sich am anderen Ende der kleinen Ebene mit erhobenen Waffen aufstellte, bevor er auf mich zurannte. Doch ich blieb stehen, da ich gelernt hatte dass es keine gute Idee war, auf den Feind zuzustürzen, genau das erwartete er meistens. Wohl auch Fíli, der kurz vor mir verwirrt stehenblieb. "Was tust du denn da? Greif mich an, du kannst doch nicht einfach so stehen bleiben!"

"Du solltest mir lieber vertrauen, ich weiss was ich tue. Lass es mich ausprobieren, ob das wirklich funktioniert, es ist keine gute Idee, das in einem ernsten Kampf zu testen", gab ich zurück. Erneut ging Fíli zurück, wo er vorhin gestartet war und eilte erneut los. Dieses Mal behielt er sein Tempo, bis er bei mir war. Im letzten Moment, bevor er mich erreichte, wich ich einen Schritt zur Seite, dass er genau an mir vorbei rannte, als ich auch ohne zu zögern startete und ihm von hinten auf den Rücken sprang. Das alles, noch ehe er richtig bemerkte, dass er mich verfehlt hatte und etwas dagegen tun konnte. Flüchtig drückte ich ihm einen Kuss auf die Haare und klammerte mich an ihn. "Ist dir klar, dass ich dich soeben besiegt hätte?", flüsterte ich dann und lehnte mein Kinn auf seinen Kopf.

"Ja, ich sollte wirklich anfangen, dich nicht immer zu unterschätzen." Langsam löste ich den Klammergriff, liess mich von ihm runtergleiten und wandte mich von ihm ab, als er mich sogleich umwarf und so auf mir drauf lag. Dieses Mal küsste er mich. "Du hast etwas ganz Wichtiges vergessen, Kleine, kehre deinem Feind niemals den Rücken zu. Selbst wenn du glaubst, ihn besiegt zu haben." Er ging von mir runter und zog mich ebenfalls hoch, wo ich mich sogleich an ihn lehnte, während er mich fest umklammerte. "Genug für heute?", fragte er dann, worauf ich bloss nickte. "Versprochen? Keine Überraschungsangriffe mehr?", hakte er nach, da ich sonst meistens jedes Mal noch auf ihn losging. Oder er auf mich.

"Versprochen", bestätigte ich. Er küsste meine Schläfe, liess mich los und hob seine Waffen auf, wie auch ich. So machten wir uns wieder auf den Weg zu den anderen, die einfach nur dasassen, bis auf zwei Hobbits, die ebenfalls den Kampf trainierten, zusammen mit Boromir und Kíli. Gimli stand auch auf, er wollte Fíli herausfordern, dieser hob die Augenbrauen und holte sogleich sein Schwert hervor, wurde aber von Legolas gestoppt. Schwarze Vögel flogen auf uns zu, Späher Sarumans laut einem der Gefährten, dass wir uns schnell versteckten, allerdings ging ich noch einmal zurück, um das Feuer auszutreten, dass wir vorhin vergassen zu löschen.

Nachdem diese Viecher weg waren, schlug Gandalf vor, über den Pass von Cahadhras zu gehen, besser gesagt befahl er es. Allerdings schien niemand von uns damit gerechnet zu haben, dass es dort ziemlich viel Schnee hatte, was uns erheblich bremste. Plötzlich stolperte Frodo auch noch und rollte einige Meter den Berg hinab, wurde glücklicherweise aber von Aragorn aufgefangen. Wenn ich ihn so betrachtete, kam er mir irgendwie gar nicht wie mein Bruder vor, aber anderseits fühlte ich mich auch völlig vertraut mit diesem Menschen. In Wirklichkeit war Kíli zu diesem Zeitpunkt für mich sowas wie ein Bruder, er erinnerte mich sehr an meinen Bruder, als wir noch jünger waren. Sehr bald, nachdem ich mit den beiden Zwergen lebte, tauchte auf einmal Kíli auf, wenn ich an meinen Bruder dachte. Deshalb hatte ich deswegen ein richtig schlechtes Gewissen und wollte während dieser Reise wieder Kontakt zu meinem Bruder aufbauen, ich hatte ihn schliesslich über siebzig Jahre nicht mehr gesehen. So löste ich meine Hand aus Fílis Griff und ging stattdessen nach hinten, zu meinem Bruder. Im ersten Moment sah es so aus, als wolle Fíli mir nach, aber Kíli legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte etwas, das ich nicht hören könnte. Bei meinem Bruder angekommen, vernahm ich gerade den kurzen Rest der kleinen Meinungsverschiedenheit zwischen Boromir und Aragorn, es ging natürlich um den Ring. Als Boromir wieder nach vorne ging bemerkte ich, dass mein Bruder die ganze Zeit seinen Schwertgriff umklammert hielt.

"Du misstraust ihm", stellte ich fest

"Ja, du solltest niemals die Macht des Ringes unterschätzen, er ist durch und durch gefährlich und böse."

Durins ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt