Kapitel 20

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Es war mir auf einmal völlig egal, dass ein Ork auf mich zukam, der wahrscheinlich durch meinen Schrei angelockt wurde. Brüllend stürzte er sich auf mich zu, brach jedoch kurz vor mir zusammen. Bilbo hatte sich darum gekümmert und fragte, ob alles in Ordnung sei, bevor er, ohne eine Antwort abzuwarten, zu Thorin eilte, der genau in diesem Moment umgefallen war. Was genau los war und die beiden sprachen, bekam ich nicht mit, da ich mich aufrichtete, einen letzten Blick auf den toten Azog warf, in dessen Kopf noch immer mein Dolch steckte. Irgendwie wusste ich nicht, was ich tun sollte, im Erebor konnte ich unter diesen Umständen nicht bleiben, so gab es für mich eigentlich nur einen einzigen Ort, wo ich hinkonnte; Bruchtal. Allerdings bereitete mir diese Vorstellung Magenschmerzen, so müsste ich sicher erzählen, was alles geschah, genau das wollte und konnte ich nicht. Ausser zu verkünden, dass ich den Mörder meines Vaters endlich getötet hätte, aber in diesem Moment war er für mich nicht mehr in erster Linie der Mörder meines Vaters, sondern der Verantwortliche für den Tod meines Geliebten, das war auch der Grund, dass ich den bleichen Ork an zwei Stellen verwundete, dass er für beide Morde bezahlen musste. Doch wusste ich, mir bliebe keine Wahl, ob ich nach Bruchtal gehen sollte, erneut durch die Wildnis zu streifen wollte ich nicht, früher hatte dies auch den Zweck, nach Azog zu suchen. Dann aber kam mir ein neuer Gedanke, der mir recht gut gefiel, in Bruchtal erfuhr ich, dass mein kleiner Bruder auch immer wieder durch die wilden Lande zog, so könnte ich mich ihm anschliessen. Ob ich mich von den Zwergen verabschieden wollte, wusste ich nicht richtig, falls ich vor dem Aufbruch auf welche stiess, täte ich es, aber nach ihnen allen suchen, nein. Vielleicht konnten die, auf welche ich traf, den anderen sagen, dass ich weg bin und ihnen meine Grüsse übermitteln. Eine Sache wollte ich auf jeden Fall tun, mich von Fíli verabschieden. Das mochte komisch klingen, aber so tat ich es auch bei meinem Vater, bevor wir ihn begruben. Mit diesem Entschluss verliess ich das Eisfeld und wurde kurz darauf zu Boden geworfen, so dass ich mit dem Gesicht nach unten lag. Seltsamerweise stellte ich mich tot und rührte mich nicht mehr, statt mich zu wehren. Über mir breitete sich ein Gestank aus, woraus ich schloss, dass gerade ein Ork seinen Fuss in meinen Rücken bohrte. Der Ork schrie seltsam auf und liess sich plump auf mich fallen, dass mir einen Moment die Luft wegblieb, ich tat alles, dass er von mir runterkam. Noch während ich dabei war, dies zu versuchen, verschwand das Gewicht und ich wurde hochgezogen.

Verzweifelt blickte ich nach oben, wo ich das Gesicht meines zweiten Angreifers vermutete. Doch war es kein Angreifer, sondern Fíli. Nach der ersten Schreckenssekunde wurde mir erneut übel, dieses Mal vor Freude, und ich stiess einen Schrei aus, während ich um seinen Hals fiel. Freudentränen rannen über mein Gesicht, das ich an seiner Brust vergrub. So fest ich konnte, drückte ich Fíli an mich, während er dasselbe tat.

"Den Valar sei gedankt, Fíli, du bist am Leben. Ich wusste es, ich wusste es, das konnte nicht sein", gellte ich.

"Es ist alles in Ordnung, meine Kleine, mach dir keine Sorgen, es geht mir gut." Er vergrub seine Finger in meinen braunen Haaren, seinen Kopf hatte er auf meinen gelehnt.

"Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich darüber bin, oh Fíli"

Schweigend blieben wir einige Minuten in der Umarmung, bis ich meine Hände um seinen Rücken legte und ihn so drückte. Er schnappte nach Luft.

"Du... du tust mir weh", keuchte er, erst dann merkte ich, dass sein Rücken leicht feucht und klebrig war. Augenblicklich sah ich es mir an und mir wurde fast wieder schlecht, als ich das viele Blut sah.

"Fíli", rief ich entsetzt "Du blutest, es scheint nicht aufzuhören"

"Ich weiss, das beweist wenigstens, dass ich noch lebe" Wütend über seinen unüberlegten Spruch, der in dieser Situation nicht angebracht war, schlug ich meine Faust gegen seine linke Schulter, worauf er überrascht, aber auch vor Schmerz aufschrie.

Durins ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt