Vampire küsst man nicht

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Es hatte zwar aufgehört zu regnen, trotzdem blieb der Himmel aufgrund der schwarzen Wolken sternenlos. Ich hatte mich von Abby und Lynne verabschiedet und sezte meinen Weg eilig fort. Während ich durch die Straßen jagte, drehten sich tausende Gedanken in meinem Schädel, die vom unvergesslichem Ereignis im Sciuto Haus handelten.

Das war einfach nur krass! Creepygirls, die sich nicht kontrolllieren können - cool! Wir drei hatten abgemacht, es zuerst der Clique zu erzählen. Die Klassenlehrerin brauchte es echt nicht zu wissen und die anderen konnten noch etwas warten, dachte ich mir.

Gerade sprang ich über eine kleine Mauer und flitzte um die Straßenecke, als plötzlich Grace, Hailey und Melina vor mir auftauchten. Ich konnte gerade noch abbremsen, sodass Graces und meine Nasenspitze sich fast brührten. Verlegen trat ich zurück. ,,Hey, Mädels.", begrüßte ich sie. ,,What's crackelackin' boy?", grinste Melina. ,,Michael, eine Frage.", meinte Hailey und musterte meinen zerrissenen Hoodie, mein zerrissenes T- shirt darunter und meine Schürfwunde (nicht zu vergessen, das aufgerissene Loch meiner Jeans). ,,Was machst du noch hier?" Leuchtend schauten meine Augen zu der großen, hellen Stadtuhr. 00:27 Uhr. ,,Oh, äh, na ja, ihr wisst schon. Etwas spazieren, frische Luft schnappen..." ,,Um halb eins?" Ich sah zu Grace. Ihr Blick war fragend, dennoch herausfordernd und grinsend. ,,Äh, yolo", grinste ich zurück und steckte ohne weiteres meine Hände in die Hosentaschen. ,,Und was tut ihr hier?" Mein Blick wanderte durch die Runde und blieb erneut bei Grace stehen. ,,Wir waren gerade noch mit meinem Doggy spatzieren.", erzählte mir Melina's Cousine und drehte sich dann um und ich musste aufpassen, dass mich ihr langes, aschblondes Haar nicht im Gesicht traf. ,,Joker! Komm her, mein Junge!", rief sie. Keine Sekunde später tauchte ein schwarz-weißer Kopf hinter umgeschmissenen Mülltonnen auf und der Border Collie rannte bellend auf uns zu. Als er bei uns war, sprang er wie vierrückt um Hailey, Grace und Melina. Als er mich jedoch mit seinen dunklen sanften Augen ansah, bellte er mich an, zum Zeichen des Hütehundes.

Grace hielt ihn am Lederhalsband fest und konnte ihn beruhigen. Sie sah zu mir auf. ,,Wir müssen dann langsam los. Und du solltest nicht allzu lange in der Dunkelheit bleiben.", fügte sie neckend hinzu, während Joker mein Knie beschnupperte. ,,Ist ja gut, Mama.", erwiderte ich schief grinsend und sah ihnen nach, wie sie sich lächelnd umdrehten und verschwanden. Jocker leckte noch schnell meine Hand ab und flitzte hinterher. Nur Melina blieb noch neben mir stehen und sah mich von der Seite an. ,,Hey, alles klar, bro?", fragte sie mich. Ich blickte sie an und nickte. ,,Jaja klar, morgen gibt's nur ne' Neuigkeit in der Gruppe. Dann bis morgen, guurl! Oder soll ich dich begleiten?" Melina lächelte. ,,Passt schon, danke. Ich folge meinen Gurls." ,,Melina, wo bleibst du?" ,,Da hörst du's, bis morgen." ,,Ja, ciao." Ich kletterte auf das Dach eines kleinen Wohnhauses und sprang von Dach zu Dach, um endlich schlafen zu können. Melina sah mir nach, bevor sie den anderen folgte. ,,Wie durchgeknallt kann man sein?"

Am nächsten Tag war ich ziemlich aufgeregt. Hoffentlich hatten Lynne und Abby kein Schiss, hielten ihr Versprechen und erzählten der Clique, dass es sich tatsächlich nicht nur um veränderte Augenfarben und ungewöhnlich spitzen Eckzähnen handelt.

Im Bus war es angenehm ruhig, die Vampirschwestern sagten nichts, da ein paar andere aus unserer Klasse in den Bus stiegen.

Als ich meine Hefte und Bücher nach der dritten Stunde in mein Rucksack stopfte, bemerkte ich wie John Luke schnell aus dem Klassenzimmer zerrte. Ich zuckte mit den Schultern und stand auf. ,,Hey, Michael, kommst du?" Ich drehte mich um und sah Leah und Jeff mit ihrem Mittagssnack in der Hand. ,,Geht ihr ruhig schon vor.", meinte ich "großzügig". ,,Wir treffen uns mit der Clique hinter der Turnhalle." Leah und Jeff sahen sich fragend an. Ich stöhnte auf. ,,Geht schon!" Sie machten sich tatsächlich auf den Weg, sodass ich als Letzter den Klassenraum verließ und auf Lynne traf. Ich ging mit ihr in Richtung Schulhof und bemerkte, dass sie ebenfalls etwas aufgeregt war. ,,Hey, keine Sorge, Lynne.", versuchte ich sie zu beruhigen. ,,Es ist nicht, wie wenn du deine Mathearbeit zurück bekommst. Nicht ernst gemeint!", fügte ich schnell hinzu, als ich ihren "Echt jetzt, Michael?"- Blick sah. ,,Nein, ist schon gut.", sagte sie wieder lächelnd. ,,Ich meine, wenn ich nur annähernd wüsste, was die alle sagen werden." ,,Hey, komm schon", unterbrach ich sie. ,,Ich denke eher, dass sie es fresh finden werden. Ich meine, hallo? Vampir!" Lynne lachte leise. ,,Jaa, vielleicht hast du Recht. Aber... Moment, wo ist Abby?" Erst jetzt bemerkten wie beide, dass die ältere Schwester nicht hier war. ,,Oh, verdammt!", rief Lynne plötzlich und rannte los, die Kapuze ihres Umhangs schnell noch aufgesetzt. ,,Wetten, sie ist schon bei den anderen?" Ich folgte ihr über den Hof und zu unserem Treffpunkt. Das erste, was mir auffiel, war... ,,Jeff. Leah, MR, Chis! Wo sind die anderen?" ,,Hab keine Ahnung.", meinte Chris wahrheitsgemäß und sah sich um, als MR plötzlich anfing zu einem Busch zu gehen, hindurchzuschauen und uns lautlos zuzuwinken. Verwirrt darüber folgten wir ihr und sahen gemeinsam durch die vielen stacheligen Blätter.

Knappe 10 Meter von uns entfernt standen IW, Sleana, Alice, Skye, Hailey, Grace, Kathy, Nick, Ben, Charlie und auch John, Melina, Luke und Abby verstreut auf dem Sportplatz. Luke und Abby waren vielleicht 6 Schritte voneinander entfernt, den Rücken dem jeweils anderen zugedreht. Die beiden wussten vermutlich nicht voneinander; sie redeten mit Melina bzw. mit John.

,,Was machen die denn da? Wissen die nicht, dass wir... AU!" Jeffs Geflüster wurde von einer Backpfeife Leahs unterbrochen.

Wir beobachteten sie weiter, als John plötzlich über Lukes Schulter hinweg rief: ,,Melina! Jetzt!" Wir alle im Gebüsch sahen gleichzeitig zu Melina, die plötzlich Abby unsanft zu Luke schubste, der ebenfalls von John auf sie zugeschleudert kam. Es fehlte nicht viel, da küssten sie sich beiden schon.

Leah schlug sich mit der Hand gegen die Stirn, Jeff und Chris konnten nicht anders, als sich das Lachen so gut es ging zu unterdrücken und Lynne stand stöhnend auf. Ich hielt sie jedoch an ihrem Umhang fest.

,,Was?"

,,Wo willst du hin?"

,,Meine Schwester holen, was sonst?"

Mit diesen Worten zupfte sie den Umhang aus meiner Hand und stapfte aus dem Gebüsch. Nachdem wir uns gegenseitig angesehen hatten, ging ich ebenfalls mit den anderen ins Freie. Dort war es mucksmäuschenstill. Jeder sah zu dem neuen Pärchen. Luke und Abby starrten sich erschrocken an, beide blutrot im Gesicht.

,,Ähm, ich, äh, tut mir Leid."

,,Nein, nein, schon okay! Das war meine Schuld!"

,,Nein, nein, wirklich, ich meine nur..."

,,Abby!"

Beide sahen nach hinten, als Lynne neben Abby auftauchte. Mit einer süßen gespielten Stimme sagte sie: ,,Da bist du ja, Schwesterherz. Kommst du mal eben? Ich glaube, du musst mir nochmal zeigen, wie das in Sport funktioniert." Sie nahm ihre überforderte Schwester an die Hand und zog sie zu uns, während einige Mädchen kicherten und die Jungs ihr nachpfiffen.

Wieder bei uns, stellte sich Lynne vor ihrer Schwester. ,,Was genau war das da eben?" ,,Lynne...", murmelte ich, damit sie ein wenig runterkam, doch im nächsten Moment hörten wir die Schulglocke klingeln. ,,Die vierte fällt aus.", sagte Abby plötzlich und schüttelte ihren Kopf, als sei sie gerade von einem Tagtraum erwacht. Dann sah sie zu uns: ,,Hört zu, heute Abend um zehn, bei uns auf dem Feld hinter dem Haus, verstanden?" Wir hörten das Autohupen vom roten Porsche ihres Vaters vor dem Schulgebäude. ,,Also, bis später und sagteden anderen Bescheid! Komm schon, Lynne!" Die beiden rannten los und ließen uns stehen. Chris wandte sich grinsend uns zu: ,,Dann bis heute Abend." Wir gaben uns einen Handschlag, bevor er mit MR zur Bushaltestelle ging.

,,Wo geht's hin?", hörte ich plötzlich Graces Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah in ihr triumphierend grinsendes Gesicht. Sie hatte uns belauscht, mal wieder. ,,Ähm, wüsste nicht, dass dich das interessieren würde.", sagte ich mit einer der schlechtesten Geheimhalten-Mimik. Grace lachte. ,,Jetzt sag schon! Melina würde mir es eh verraten, da kannst du es doch auch gleich sagen." Ich spürte wie Jeff an meinen Hoodie zog. ,,Michael, komm schon!", murmelte er. Ich seufzte. ,,Na gut, Lancaster, du hast gewonnen. Heute Abend um zehn auf Sciutos Feld, klar?" ,,Ich werde kommen, bis dann!" Grace schenkte mir ein selbstbewusstes, zwinkerndes Lächeln, bevor sie zum Schultor ging, dort auf Hailey und Melina wartete und dann mit ihnen gemeinsam nach Hause ging.

,,Diese Mädchen können manchmal echt nur nerven.", sagte Jeff, worauf er von Leah einen harten Tritt gegen das Knie einkassierte.

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