Wie es bei jeder Schule üblich war, bekamen auch wir zwischendurch einen neuen Lehrer. Leider gab es viel zu wenig Auswahl an richtigen, mörderischen und vor allem coolen Lehrern, die uns irgendetwas über unsere Welt lehren konnten. Daher kam Mr. Schmidt aus Bayern, was eigentlich schon alles verriet.
Mr. Schmidt begann ungefähr im Frühsommer bei uns Geschichte und Religion zu unterrichten, vermutlich studierte er Jura. Jedenfalls sagte uns das sein helles, grau-blaues Hemd mit ordentlicher Hose und braunen Schuhen. Er besaß einen rundlichen Bauch und lange Gesichtszüge. Auf der Nase lag eine kreisrunde Brille, die ihn eher an einen kritischen Hochstapler erinnerte. Jedoch war er an sich ein ganz netter Kerl. Opfer, eben.
Am frühen Mittwochnachmittag hatten wir unsere erste 3. Stunde mit ihm. Wir setzten uns zwischen herumschwirrenden Papierflieger auf unsere Plätze. Mr. Schmidt schloss die Tür hinter sich und wanderte mit einem gemütlichen Lächeln in die Klasse.
,,Ohhh, schaut mal, wer da kommt. Benjamin Blümchen höchstpersönlich!'', höhnte mal wieder John und Dylan und Luke fielen schallend in sein Gelächter ein, sodass Abby nur genervt die Augen verdrehen konnte. Mr. Schmidt stand nun hinter seiner braunen Ledertasche, die er auf dem Pult abgestellt hatte und sah John mit einem schwachen Lächeln an. ,,Mr. Schmidt ist mein Name.'', erwiderte er mit einem typisch deutschen Akzent, sodass Jeff und ich ein fast lautloses, unterdrücktes Lachen ausstießen. ,,Och, wie goldig.'', kommentierte Grace den neuen Lehrer mit einer gerührt schmollenden Miene. ,,Guten Morgen, liebe Klasse! Nun, wie ihr sicher wisst, bin ich euer neuer Lehrer für Geschichte und Religion. Aber bevor es losgeht, muss ich erst wissen wie ihr denn alle heißt. So, wo ist denn die Namensliste? Ah ja, hier. Nun, dann hätten wir einmal den Tom, die Lilli, Luki, Skie, MR, Melina, Chris, Haili, Graze,..."
Schlagartig verstummte unser Grinsen und Gekicher, denn damit hatten wir nun gar nicht gerechnet. Dieser Lehrer war nicht nur komisch freundlich, er las auch noch alle Namen falsch vor! Und das im schlimmsten Akzent.
Jeder sah bereits so aus, als würde er den Lehrer in der nächsten Millisekunde aufspießen wollen. Auch in Graces Augen loderte bereits ein grünes Feuer und sie krallte nach ihren leuchtenden Bonbons.
Das Highlight jedoch folgte jetzt.
Abby war in der Zwischenzeit zum Regal gehuscht, um noch schnell ihr Geschichtsbuch und -heft zu holen, doch als sie hinter ihrer Stuhllehne wieder stand, las der Lehrer gerade ihren Namen vor. Und diesen Fehler, meine lieben Leser, ist der schlimmste, den man Abby Sciuto geben kann. ,,Abigeil.'' Jeder aus der Klasse hielt vor Schreck die Luft an. Abbys Augen wechselten innerhalb einer Sekunde von flammen- zu blutrot. Vor Wut schnaubend schmiss sie ihr Heft auf den Tisch, sodass es laut klatschte. Ohne den Lehrer aus den Augen zu lassen wollte sie zu ihm, doch Lynne stellte sich gegen sie. ,,Abby! Hör auf, alles ist gut. Er hat einmal deinen Namen falsch ausgesprochen, das kann mal passieren." Im nächsten Moment folgte: ,,Linehe." Lynne wirbelte mit einem ,,ICH BRINGE IHN UM!" wieder herum und nun standen dort zwei wütende Vampire, die kurz davor waren ein Opfer zu killen. So etwas ist nie ein gutes Zeichen.
Jack starrte die beiden erschrocken an, löste sich von seinem Platz und schmiss sich mit einem Werwolfs-Oberkörper auf die Vampire. Obwohl sie wie wild fauchend um sich herum boxten, blieb Jack liegen. ,,Leute, beruhigt euch! Wie kann euch nur ein Name so aufregen?" ,,Jak." Jack starrte auf und ließ sich knurrend den Rest der Werwolfsform anwachsen. ,,Haben Sie gerade Jak zu mir gesagt?", fragte Jack noch einmal und erhob sich wieder. ,,Meinen Sie etwa dieses haarende Pelztier, das in den Bergen vor sich hin schwitzt und stinkt?" Mr. Schmidt hob das Gesicht und grinste Jack freundlich an, als hätte er das Wort gesucht, das ihm in einem Kreuzworträtsel fehlte. ,,Ja, genau! Danke, Wölfchen."
Mal ehrlich: Wie kann dieser Lehrer diese Namen ernst meinen, ohne uns damit provozieren zu wollen?
Jack knurrte lauter, doch mein Kescher war schneller. Das Netz umschlang zwar gerade mal seinen großen Kopf, hielt ihn jedoch auf. ,,Komm schon, Jack. Chill einfach.", sagte ich zu meinem Kumpel. ,,Das ist doch nur ein..." ,,Michael.", las Mr. Schmidt schön deutsch und langsam vor.
In Ordnung, das war zu viel. Ich löste ruckartig meinen Kescher und war kurz vorm explodieren. Niemand, und ich meine auch niemand, nennt mich mit dem deutschen Namen Michael. Nicht mal meine Oma, für die wäre das wie ein Fluch.
,,Leah, wo ist mein Messer?", bekam ich gerade noch raus, doch Leah nahm es schnell zu sich, bevor ich es mir schnappen konnte. ,,Michael, sei nicht immer so brutal." Und zu guter vorletzt: ,,Lea." Leah umklammerte ihren Bleistift so fest, dass er zerbrach und sofort zückte sie mein Messer und bohrte die Klinge tief in den Tisch. Als ich es jedoch nahm und in der Zwischenzeit auch ,,Jef." vorgelesen wurde, ging mein Psycho-Freund zur Tafel, zückte seine eigene Waffe und stach dem Lehrer damit in die Halsschlagader. Blut quoll heraus und Mr. Schmidt sackte nach hinten in seinen Stuhl. ,,Opfer.", meinte Jeff mit schüttelndem Kopf und nahm die Liste zu sich, um alle Namen sauber und richtig vorzulesen.
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CREEPY-KLASSE
HumorEine kleine Horrorstory, die aus der Sicht des 14-jährigen Michael Dawsons erzählt und erlebt wird. Mit seinen Freunden und seiner Klasse erlebt er viele coole, lustige und natürlich bescheuerte Momente. Was steckt hinter den beiden Schwestern Abby...