Tag 1

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Okay, zugegeben: Diese letzten Tage waren schon ziemlich merkwürdig.

Ich meine ja nur, immerhin haben wir uns vorgenommen eine waschechte Roadtrip zu starten! Ich will mir gar nicht erst ausmalen, was alles passieren wird...

Aber hey, merkwürdig ist doch was ähnliches wie außergewöhnlich, oder? Und ich wette mit jedem, dieses Adjektiv gehört ganz sicher zu unserer Kategorie von Menschenwesen.

Unsere Schule und Eltern? Nun, die wussten nichts davon. Wieso auch? Ihnen war es in der Regel komplett egal, was wir Teenager anstellten, hauptsache, wir kommen pünktlich zum Abendessen wieder. Kleiner Scherz, aber wirklich: Meine Eltern zum Beispiel sagten immer, ich solle was erleben, rauskommen und genau das tat ich jetzt.


Es war genau zehn nach eins, als ich mucksmäuschenstill meinen Wecker ausschaltete. Ich blickte durch den Raum und auf meinen vollgestopften Rucksack, der neben Dads traditionellen Koffer ruhte. Nein, ich habe ihn nicht geklaut. Ich leihe ihn mir nur für die nächsten fünf oder sechs Wochen aus.

So leise wie es ging schlug ich die Bettdecke beiseite und stand in Boxershorts und T-Shirt in der pechschwarzen Dunkelheit. Ich huschte zu meinem Kleiderschrank, zog mir meinen Hoodie, Jeans und frische Unterwäsche an und griff nach meinem Gepäck. Ich wollte mich beeilen, damit mich niemand mehr bemerkte, doch mein Versuch schlug fehl. Ich nahm ein sanftes Piepsen und Niesen hinter meinem Rücken wahr, sodass ich mich widerwillig zu meinem Bett umdrehte.

Auf meinem Bett, das mal wieder vom Mondschein beleuchtet wurde, saßen Easy und Pando und sahen mich mit großen, schwarzen Knopfaugen fragend an.

Wo willst du hin? , konnte ich deutlich in ihnen lesen. Ich seufzte leicht schmunzelnd und flüsterte, während ich auf meine Haustiere zuging. ,,Die anderen und ich fahren für eine ziemlich lange Weile weg und ich wollte schnell los, bevor mir unser Abschied noch zu viel wird, versteht ihr?" Die Ratten schmiegen sich mit ihrem weichen Fell an meine Hand und ich kraulte mit den Fingerspitzen ihr Kinn.

Und wir können nicht mit?, kam mir plötzlich der Gedanke, als würden die beiden Kleinen wirklich mit mir kommunizieren. ,,Leider nein, ihr kleinen Verbrecher.", seufzte ich. Dann grinste ich. ,,Ihr müsst aufpassen, dass Phil nicht ständig in mein Zimmer kommt und irgendetwas klaut." Meine Ratten blinzelten. Machen wir!

Ich lächelte ihnen noch einmal zu und machte mich dann wieder an die Fenster. Nachdem ich sie aufschloss und hinaus schlüpfte, kletterte ich von der Fensterbank auf den nächstbesten Ast, den ich ergreifen konnte, und sprang auf den Boden. Wie üblich lief ich fast lautlos durch die Innenstadt und nahm dabei so viele Abkürzungen wie es ging, um möglichst nicht aufzufallen.

Jedoch konnte ich mich beruhigen: Die einzigen existierenden Menschen um kurz nach eins waren eine Gruppe Betrunkene und einige Teenager um die sechzehn Jahre, die die vor sich hin brüllenden und lallenden Leute mit kleinen Steinen abwarfen.

Kopfschüttelnd schlug ich mir gegen die Stirn und setzte meinen Weg fort.

,,Überraschung!", sagte jemand plötzlich und bevor ich reagieren konnte, ließ sich Jeff aus den Ästen und Blättern über mir fallen. Wäre ich nicht rechtzeitig zur Seite gesprungen, hätte mich mein bester Kumpel noch mit seinem fetten Rucksack, der ihm selbst bis über den Kopf ging, erdrückt.

,,Wow, hi Jeff!", lachte ich und wir beide klatschten uns ab. ,,Sag mal, dieser Rucksack..." ,,Du meinst mein Baby? Ja, ich weiß, ist ein bisschen groß geworden. Ich versuche auch so wenig Menschen wie möglich damit zu erschlagen." Ich grinste ihn an.

,,Na los, wir haben noch etwa zehn Minuten bis wir mit den anderen zum Gate müssen.", erinnerte ich Jeff und wir beide hüpften über ein paar Steine, die uns den Weg versperren wollten. Es ging weiter über einen Zaun, der durch einen Wald und schließlich zurück auf die Straße führte. ,,Keine Sorge, wir schaffen das. Wie jedes Mal.", fügte Jeff grinsend hinzu und ich grinste zurück. Ja, wir alle zusammen konnten schon einiges von der Unmögliche Aktionen-Liste abhaken.

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