Der Lybby-Tag

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,,Ihr wart ernsthaft in Großbritannien? Den ganzen TYCTWD lang?''

Während Easy und Pando spielerisch raufend über meinen Schreibtisch rollten, telefonierte ich mit Lynne.

,,Ja!'', raunte meine Freundin vermutlich immer noch begeistert ins Handy. ,,Und stell dir vor: Unser Vater, der Graf von Transsylvanien, hat den ganzen Tag dieses Herrscherzeugs gemacht, während Abby und ich einen neuen Feiertag erfanden!'' ,,Oh nein, jetzt kommt's.", seufzte ich. ,,Der Lybby-Tag!" ,,Der Lybby-Tag? Was soll das sein?'', fragte ich lachend. ,,Na, was schon? Ein Tag, der sich nur um Abby und Lynne dreht, Dummkopf!", ärgerte mich Lynne. ,,Und wann ist der?'' ,,Ähh... Abby! Wann ist der Lybby-Tag?'', fragte Lynne zischend ihre Schwester am anderen Ende der Leitung. Man hörte ein kurzes Rauschen, dann sprach mich Abbys Stimme an: ,,Nächste Woche Freitag.'' ,,Alles klar, gib mir wieder das Telefon!", grinste Lynne und riss es ihrer Schwester aus der Hand. ,,Und? Wollt ihr kommen? Die Clique?"

Ich musste Luft auspusten und grinsen. ,,Bist du dir sicher, dass ihr Vampire mich nicht beißt? Immerhin sind wir in Transsylvanien.'' ,,Ich werd's mir überlegen.", lächelte Lynne boshaft, verabschiedete sich und legte auf.


Nun, und genau wie abgesprochen befanden sich MR, Chris, Jack, Leah, Jeff, Melina, ich und auch Shay in einem wahnsinnig gemütlichen und modernen Wohnwagen, den Shays Chaffeur fuhr. Melina hatte ewig lange gequengelt, dass der Pll-Star mitkam und somit hatte niemand von uns auch nur den Hauch einer Chance sie abzulehnen.

Doch zurück zum Wohnwagen: Die Farbe war naturgrün und überraschend passend groß für acht Leute (wenn man die kleine Nische des Fahrers nicht mitzählte).

Jack und ich spielten gegeneinander Pokémon an einem kleinen Tisch mit zwei gegenüberstehenden Plätzen. Der Rest chillte mit Handys und Kopfhörern hinter uns auf zwei an den Wänden liegenden schmalen Sofas. Auf dem dunkelrot-grau-gold verziertem Stoff lagen einige passende Kissen. An den Fenstern dadrüber gab es kleine Vorhänge und ansonsten noch einen Raum für dringende Gelegenheiten. Außerdemgab es genau drei Möglichkeiten die zwei Couchs zu verschieben: Die erste Variante wäre es einfach so zu lassen, die zweite wäre die beiden Einzelteile zu einem großen Bett zu schieben, auf welchem wir auch die Nacht geschlafen hatten und die dritte und meiner Meinung nach besten Möglichkeit: Man kann die beiden Sofas einzeln stehen lassen und die Hintertür aufmachen, sodass man eine freie Bahn zum Skateboard fahren besitzt.

,,Leeaaahh?'', fragte Jeff mit lang gezogener Stimme, nachdem wir circa eine halbe Ewigkeit nicht geredet hatten. Als Leah nicht aufsah, sondern nur ein fragendes ,,Hm?'' ausstieß, maulte mein Kumpel: ,,Wann sind wir daaaa?" Endlich sah Leah auf, blies die Backen auf und meinte: ,,Wenn ich das wüsste.'' Ich sah von meinen Karten auf und drehte mich zu dem Fahrer um. ,,Entschuldigung, Sir. Wann genau erreichen wir Großbritannien?'' ,,Jetzt.'', gab er mit krächzender Stimme zurück und trat so fest auf die Bremse, dass wir alle nach vorne flogen und gegen die Fensterscheibe knallten.


Ein großes Tor donnerte auf den Boden vor unseren Fußspitzen und lud uns leicht knarzend in die Heimat von Familie Sciuto ein. Chris, der an der Spitze von uns stand, schluckte kurz und sah über seine Schulter zu uns rüber. ,,Digga.", seufzte er kopfschüttelnd und ich schob ihn leicht nach vorne, damit er als Erster ging. Wir wanderten als Gruppe über den steinigen Hof, während das Eingangstor langsam wieder hochgezogen wurde. Um uns herum ragten Türme mit kleinen Fenstern in den Himmel. Grasgrüne Ranken folgten der Spitze empor und schienen im dunklen Licht alt und zerbrechlich. Und zwischen den kleineren Türmen, etwa zehn Meter von uns entfernt, das mächtige Schloss Dracula.

,,Schicke Location.", pfiff Jeff durch die Zähne und steckte seine Hände in die Hoodietaschen. ,,Hier könnte man gut trainieren.", grinste auch Jack neben mir und sprintete los, nachdem er sich in Sekundenschnelle in einen Werwolf verwandelt hatte. Wir verfolgten ihn mit unseren Augen. Unser Kumpel sprang mit ganzer Kraft auf einen Holzbalken und krallte sich mit seinen Klauen in eine eiserne Dachrinne. Gerade als er sich hochzog, in die Luft sprang und sich einmal drehend auf dem Dach landete, um zu uns runter zu schauen, brüllte er: ,,Mega! Hier will ich wohnen!" Lachend hob ich den Daumen in die Luft, doch als Jack ein Klicken unter seinen Pfoten hörte, sah er sich verstummt um. Seine Kralle hatte eine Art Auslöser berührt, worauf die Dachziegel, auf denen derWerwolf stand, sich erhoben und ihn so zum hinunter schlittern brachten. Wir blieben stehen und sahen ihm erstaunt zu, wie er sich gerade noch an der Kante festhalten konnte, schließlich jedoch hinunter flog. Mit einem dumpfen Aufschlag landete er einige Schrittevor uns, worauf Jeff und ich uns ansahen und zu ihm trotteten, um ihm hoch zu helfen. ,,Alles okay, mann?", fragte ich und half ihm, sämtlichen Staub und Dreck von seinem Fell zu bürsten.

,,Oh, sorry, Jack. Haben ganz vergessen zu erwähnen, dass Dad höchste Sicherheitsvorkehrungen für uns einhält." Wir sahen in die Luftund entdeckten Abby und Lynne, wie sie aus einem der oberen Fenster heraus flogen und zu uns schwebten. Anstatt aber wieder mit den Beinen auf festen Boden zu landen, ließen sie sich auf einem der Balken nieder und lehnten sich gelassen an der Steinwand.

Ich grinste eher unsicher zu meinen Freundinnen hoch, die daraufhin triumphierend erwiderten: ,,Sehr cool, dass ihr hier seid! Also, worauf wartet ihr noch? Habt ihr Bock auf einen richtigen Lybby-Tag?" Noch unsicherer legten wir alle gleichzeitig als Antwort den Kopf schräg.


Kalte Wassertropfen landeten auf meiner Nasenspitze, als wir den Hof verließen und Abby und Lynne uns in das Schlossgebäude führten. Hier war es düster und dunkel, flackernde Lichter befanden sich an den Wänden neben uns. Ich liebe diese altmodische Art. Wir trotteten den Vampirschwestern hinterher, folgten immer weiter den kühlen Gang, bis wir alle schließlich eine offene Tür fanden, aus der dunkelrotes und schwarzes Licht herausdrang. ,,Folterkammer?", fragte ich breit grinsend, als wir kurz anhielten und gab Jeff bereits die Faust. Im nächsten Moment jedoch spürte ich den typischen Klaps von Abby auf dem Hinterkopf. ,,Träum weiter!", grinste sie nun und stolzierte mit Lynne voraus. Wir gingen hinterher und standen in den nächsten Sekunden in einem ganz besonderen Raum: Der Partyraum vom Lybby-Tag. Auf einer hölzernen Kommode stand eine große weiße Musik-Box, aus der gerade die Beats von NO von Meghan Trainor herauskamen. Der Boden besaß keinen Teppich, nur die kahlen Fließen und das Sonnenlicht von draußen wurde durch die schaurigen, dunkelroten Vorhänge zurückgehalten.

Außerdem gab es (wie es sich nun mal auf einer Party gehört) einen langen Tisch mit kompletten Buffet. Und mit komplett meine ich komplett: Chips aller Art, Schoko- und Apfelkuchen, Schüsseln mit Gummibärchen und sehr süß aussehende Fledermauskekse. ,,Wow, sieht sehr nice aus, die Damen!", sagte Chris anerkennend klatschend und wollte sich einen der Kekse stibitzen, doch Lynne schlug mit ihrer flachen Hand auf seiner, sodass es laut klatschte. ,,Au! Was zum...?" ,,Essen gibt's nachher!", grinste Lynne und Abby nickte mit überkreuzten Armen. ,,Zuerst gibt es nämlich Geschenke." ,,Ge- wie bitte?", fragte ich, als ob ich mich verhört hatte und Jeff und Melina sahen sich irritiert an. Nur MR räusperte sich: ,,Oh, also das war nun wirklich nicht nötig von euch, Leute..." ,,Doch nicht für euch, MR!", sagte Abby empört und musste noch breiter grinsen. ,,Für uns! Jeder, der zum Lybby-Tag eingeladen wurde, muss ein Geschenk mitbringen. Ist euch die Regel etwa entgangen?" ,,Ähhm, um ehrlich zu sein... Irgendwie schon.", antwortete Chris verlegen, doch im nächsten Moment nahmen wir ein mechanisches Geräusch hinter uns wahr. Verwirrt wollte ich mich umdrehen, doch da traf mich eine große, eiserne Hand am Hinterkopf und mit den anderen fiel ich auf die Knie. Wie irgendwelche Diener, die sich vor königlichen Prinzessinnen verbeugten, landeten wir vor Abby und Lynne, die sich an den Händen fassen und lachend meinten: ,,Oh, wir fühlen uns geehrt!" Langsam erhob ich meinen Kopf und sah verdutzt zu Lynne hinauf, die den Blick breit lächelnd zurückgab. Schließlich beugte sie sich zu mir runter und küsste mich sanft auf die Lippen. ,,Messerfreak.", grinste sie mich dann an und zog mich hoch. Ich musste lächeln und drehte mich um, als ich wieder dieses mechanische Klappern hörte. Jack stand hinter Melina und Shay, die als einzige noch knieten, der Roboter neben ihm hob bereits die Hand um Melina eine weitere Kopfnuss zu geben. ,,Nennt man sowas nicht foltern?", flüsterte mir Jeff unauffällig zu, ich zuckte ahnungslos mit den Schultern.

Melina rieb sich leicht gereizt die Haare, doch Jack lachte nur und schickte seinen Kopfnuss-Geber zu Shay. Bevor der Star jedoch ebenfalls Opfer von Abbys altbekannter Taktik wurde, sprang Melina auf und rief laut: ,,OH NEIN!! DU lässt SIE in Ruhe! Gib mir wenn schon eine zweite Kopfnuss aber SIE schlägst du garantiert NICHT!" ,,Wird gemacht.", meinte Chris und klapste seiner besten Freundin auf den Hinterkopf.

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