Der restliche Tag verlief so unfair, wie wenn eine kleine Katze Fußball gegen drei ausgewachsene Doggen spielen musste. Das Problem? Wir waren die Katzen.
Als sich Nick zum Beispiel etwas aus dem Getränkeautomaten holen wollte, wurde er einfach weggeschubst oder alle anderen hatten sich vorgedrängelt. Irgendein Idiot hatte Jeff sogar auf der Wendeltreppe einen kräftigen Stoß von hinten gegeben, sodass unser Kumpel sich ziemlich maulte. ,,Pass doch auf, wo du hinläufst, Kreidefresse!", rief man ihm noch hinterher. Leah musste sich anstrengen, um ihn zurückzuhalten.
Doch hier half auch keine Prügelei - Alle waren gegen uns.
Sogar unsere Klassensprecher, Ariana und Mark, wurden bei der Schülersitzung die ganze Zeit ausgeschlossen. Hier ging irgendetwas nicht mit rechten Dingen zu, das wussten wir alle.Am darauf folgenden Abend verließ ich mit gerunzelter Stirn nach meiner Squash-Stunde die Turnhalle und zog mir die schwarze Kapuze über die feuchten Haare. Das Training war wie immer klasse. Ganz besonders heute. Es hatte gut getan, den ganzen Stress, die Wut, die Energie rauszulassen, indem man den kleinen weicheren Ball mit dem Schläger gegen die Wand feuerte. Ich schaute über die Schulter und winkte noch meinem Mitspieler und Kumpel zu, der gerade auf sein Fahrrad stieg und losfuhr. Es war mittlerweile schon recht spät, sodass es quasi im Sekundentakt dunkler wurde. Ich schulterte den Rucksack und schob mein Messer in die Hoodietasche. Langsam schlug ich den Weg nach Hause ein. Ich hatte noch massig Zeit, bis ich zuhause sein sollte, also schlenderte ich die Straße entlang.
Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen, um mich nur auf die Geräusche der Natur zu konzentrieren. Das Zwitschern der Nachtigall, das Rascheln der Bäume im Wind, der schmerzerfüllte Schrei eines Mannes.
Moment, was?
Ich schlug die Augen wieder auf und blickte um mich herum.
Klar, es war nichts ungewöhnliches, wenn ich ,,normale" Leute schreien hörte, doch da war noch was. Die verzweifelten Laute eines anderen Teenagers, welcher versuchte nicht aufzugeben.
Ich hielt nicht lange inne, sondern rannte direkt los. Der Schrei kam aus der Richtung eines Feldweges, in der Nähe des Waldes. Und da sah ich es auch schon.
Ein junger Mann lag zusammen mit einem Mädchen auf dem Boden. Er hielt ihre Arme fest, sodass sie sich nicht wehren konnte und zielte gleichzeitig mit einem Messer auf sie.
Im selben Moment erkannte ich das Mädchen. Grace Lancaster und Joker, der gerade im Gebüsch verschwand.
Ohne zu zögern zückte ich mein eigenes Messer, ließ den Rucksack lautlos fallen und schlich mich vorsichtig von hinten an. Meine Hände vibrierten leicht, aber ich achtete nicht drauf, sondern stach das Messer mit meiner ganzen Kraft bis zum Griff in den Rücken des Übeltäters. Er krümmte sich vor Schmerz und ließ einen angsteinflößenden Schrei von sich, bevor er unsanft zur Seite fiel und Grace freiließ. Sie sprang sofort mit der Eleganz einer Raubkatze auf, nahm sich einige ihrer tödlichen Bonbons und hob sie misstrauisch auf mich, bevor sie mir die Kapuze mit einem Ruck vom Kopf riss. Ich hasste diesen Moment. Entgeistert starrte sie mich an, doch ich war schneller: ,,Wolltest du mich gerade ernsthaft mit Bonbons vollstopfen?", grinste ich und lachte. Auch Grace konnte sich das Lächeln nicht unterdrücken. ,,Michael? Was machst du hier?" Ich blickte sie an, während ich mir die Kapuze wieder über den Kopf strich. ,,Was wohl? Deinen Fingernägeln das Leben retten!" Grace grinste, doch natürlich könnte sie das so nicht stehen lassen. Immerhin ist sie nicht grundlos die Queen des Sarkasmus. ,,Da bist du zu spät. Mein kleiner Fingernagel hat bereits das Zeitliche gesegnet.", meinte sie allen Ernstes und hielt mir ihre Hand hin. Ich musste prusten.
,,Frech wie immer, aber kein bisschen dankbar. Ich habe dir gerade das Leben gerettet!", lachte ich, darauf gespannt ein Dankeschön von ihr zu hören. ,,Dankbar? Wofür? Dass mein Nagel abgebrochen ist?", konterte sie.
,,Okay, okay.", winkte ich grinsend ab. ,,Aber wenigstens einen Kakao hab ich mir verdient." Graces Augen leuchteten mich sanft an. ,,Gerne. Komm mit, du pennst heute bei mir. Es ist schon spät. Aber wo ist eigentlich Joker?"
Wie auf Kommando schoss ein kleiner schwarz-weißer Blitz aus dem Gebüsch und auf uns zu.
,,Und wenn man dich mal braucht, bist du weg!", schimpfte Grace lachend und knuddelte ihren Hund einmal.
,,So, aber jetzt lass uns los! Bis zum Haus ist es nicht mehr weit.", sagte sie zu mir, als ich Joker hinter den Ohren kraulte. Ich nickte und joggte direkt los, Grace folgte mir. Joker sprang bellend neben uns her und wir beide mussten erneut anfangen zu lachen.
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CREEPY-KLASSE
HumorEine kleine Horrorstory, die aus der Sicht des 14-jährigen Michael Dawsons erzählt und erlebt wird. Mit seinen Freunden und seiner Klasse erlebt er viele coole, lustige und natürlich bescheuerte Momente. Was steckt hinter den beiden Schwestern Abby...