EINUNDZWANZIG

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Wir waren am Flughafen und warteten darauf, aufgerufen zu werden. „Möchtest du wirklich mit?", fragte mich Amna. „Ja, wieso nicht. Ich möchte endlich wieder zu Mahir. Ich weiß ich habe scheiße gebaut und ich muss es wieder gut machen.", entgegnete ich. „Montenegro ist so anders als Deutschland. Du bist auf dich alleine gestellt, keine Hausangestellten, keine Eltern die alles bezahlen, kannst du damit leben?", wollte sie wissen. „Ich muss es. Ich werde es versuchen. Für ihn, für mich, für uns beide. Ich versuche es und mit ihm an meiner Seite werde ich es bestimmt schaffen.", sie nickte und schwieg. Sie hat etwas. Sie wirkt total komisch und das schlimmste ist, dass sie weiß, dass ich merke, dass sie komisch ist, aber sie möchte es mir nicht sagen. Jedes Mal schiebt sie es auf Vedad und wenn ich mit Vedad spreche, dann hat er keine Ahnung davon. Irgendetwas bedrückt sie, sie ist viel zu ruhig und verschlossen mir gegenüber.

...

Aufgeregt saß ich im Flieger und wartete darauf, dass er endlich losfliegt. „Leider verzögert sich unser Abflug um einige Minuten, wir bitten um Verständnis. Danke.", hörte ich eine Stewardess sagen und zückte ohne groß nachzudenken mein Handy. Schnell ging ich auf Mahirs Chat und fing an zu schreiben: Schatz, ich habe einen riesigen Fehler gemacht. Einen unverzeihlichen Fehler. Ich habe mich für meine Freiheit entschieden und unsere Liebe fallen lassen. Es tut mir leid, es tut mir unendlich leid. Aber Liebling, ich komme zurück. Ich sitze im Flieger. Ich komme zu dir, zu meinem Herzen zurück. Ich wollte dich überraschen, aber ich konnte es nicht mehr aushalten und musste dir deswegen schreiben, ich bin in einigen Stunden wieder bei dir. Ich bin in einigen Stunden wieder bei dir und dann können wir endlich wieder zusammen sein. Vracam se tebi, ljubavi moja, hocu da te vidim cim stignem. Mahire, volim te. (Ich komme zu dir zurück, meine liebe, ich möchte dich sehen, sobald ich da bin. Mahir, ich liebe dich.)

Ohne groß darüber nachzudenken schickte ich die Nachricht ab und wurde noch nervöser. Ich machte mein Handy anschließend aus, da eine Durchsage kam, dass wir losfliegen werden. „Meinst du, dass du es in Montenegro schaffen wirst?", fragte mich Amna. Schon wieder so eine komische Frage. „Hör endlich auf mir solche Fragen zu stellen, was hast du?", sie schaute mich kurz an und blickte dann aus dem Fenster. Ich schnaubte auf und schloss die Augen.

...

Ich atmete durch und fühlte mich angekommen. Ich war da, wo ich vor einigen Wochen auf keinen Fall bleiben wollte. Was die Liebe nur mit mir gemacht hat? Ich fasse es nicht. Wir wurden von zwei Taxis abgeholt. Ich war voller Hoffnung, dass einer der Fahrer Mahir ist, doch leider war dies nicht der Fall. Ich atmete laut auf und setzte mich genervt ins Auto. Die in der Zentrale wissen doch, dass die Kozars abgeholt werden müssen, er kennt meinen Namen doch, er hätte doch kommen können. Ich seufzte und lehnte mich ans Fenster. Ich dachte nach, wie würde unser erstes Treffen wohl sein. Ich werde ihm so in die Arme rennen und ihn abknutschen und die ganze Zeit nur in seinen Armen liegen. Nach eine langen Fahrt, begaben wir uns ins Haus. Dort angekommen, packten Amna und ich unsere Sachen aus und schmissen uns auf unsere Betten. Ich nahm mein Handy raus, um zu sehen, ob Mahir mir geschrieben hatte, da fiel mir ein, dass es noch immer aus war. Ich machte es an und schon fing es an geräusche von sich zu geben.

„Ruzo moja. (meine Rose)", war die erste Nachricht, die mir ein Lächeln ins Gesicht zauberte. „Volim i ja tebe cvijetu moj. (ich liebe dich auch, meine Blume)", schrieb er gerade eben und ich grinste noch mehr. „Ali si zakasnila. Ne mozemo se vidjeti. (Aber du bist zu spät. Wir können uns nicht sehen)", war die letzte Nachricht und schon war er offline. Ich fing an zu zittern und starrte auf mein Handy. „Was soll das heißen Mahir? Was ist zu spät?", schrieb ich zurück, doch er antwortete nicht. Ich starrte eine Stunde auf mein Handy, in der Hoffnung, dass ich eine Antwort bekomme. Als keine Antwort kam, wählte ich seine Nummer und versuchte ihn anzurufen. Beim ersten Versuch klingelte es einfach nur, bis die Mailbox anging. Beim zweiten Versuch ging sofort die Mailbox an. Völlig verwirrt stand ich auf und begab mich ins Wohnzimmer. Ich setzte mich zu meinem Opa und lehnte mich an seine Schulter. „Sto si se vratila? (Wieso bist du zurückgekommen)", fragte er mich. „Morala sam jos nesto da rijesim. (ich musste noch etwas erledigen)", antwortete ich ihm. „Sta si to morala da rijesis? (Was muss du denn erledigen)", wollte er wissen. „Kad rijesim, vidjet ces. (Wenn ich es erledige, dann wirst du es sehen)", entgegnete ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Sta sam to cuo onaj Sinanovic hoce da se udas za njega. (Was hab ich da eigentlich gehört, dieser Sinanovic möchte, dass du ihn heiratest)", ich schaute ihn verwirrt an. „Ko ti je to pricao? (Wer hat dir das denn erzählt)", musste ich unbedingt wissen. „Dedo od Emira mi je to pricao. Jesi li ti sa njim zajedno? (Der Opa von Emir hat mir das erzählt. Bist du mit ihm zusammen?)", ich schüttelte meinen Kopf. „Nein, ich bin nicht mit ihm zusammen. Woher kennst du denn Emirs Opa?", erkundigte ich mich. „Nase Familije se poznaju vec godinama. Njegov Dedo i ja smo zajedno isli u skolu i ostali dobri drugovi. (Unsere Familien kennen sich schon ewig. Sein Opa und ich sind zusammen zur Schule gegangen und gute Freunde geblieben.)", erklärte er mir. „Stvarno su pristojna i postena Familija. (Sie sind wirklich eine anständige und ehrenvolle Familie)", fügte er hinzu als würde er versuchen mich zu überreden mal über den Antrag nachzudenken. „Meni se Emir ne svida. On misli da moze sa parama da dobije sta hoce. (Mir gefällt Emir nicht. Er denkt, dass er mit Geld alles haben kann, was er möchte)", gestand ich ihm meine Meinung stand auf und lief in die Küche. „Treba li nesto da ti pomognem Nano? (Soll ich dir helfen Oma?)", fragte ich meine Oma, da ich mich ablenken musste. Wenn ich mich jetzt nicht ablenken würde, dann würde ich mit Sicherheit wieder im Krankenhaus landen. „De Sine napravi Salatu. (Mein Kind, mach bitte Salat)", ich nickte und nahm alle Zutaten raus, die ich für den Salat benötigte. „Hoces li i i kasnije sa nama kod Komsije? (möchtest du nachher auch mit zu den Nachbarn?)", wollte meine Oma von mir wissen. „Hocu. (Ja, ich möchte)", entgegnete ich, weil ich es als noch bessere Möglichkeit sah, mich abzulenken und andere Gedanken zu bekommen. Nach 10 Minuten war ich mit dem Salat fertig, ich deckte zusätzlich noch den Tisch und rief alle in die Küche. Gemeinsam aßen wir und anschließend räumte ich die Küche auf. Amna wollte mir helfen, doch ich sagte ihr, dass sie mir einfach nur Gesellschaft leisten soll, da ich es alleine machen möchte. Während des Abwasches wurde ich auf einmal total unruhig. Ich fing an zu zittern und schwer zu atmen. Ich wollte mir nichts anmerken lassen, doch das Atmen viel mir so schwer, dass ich eine Pause machen und mich abstützen musste. „Was hast du Aida?", Amna kam auf mich zugelaufen und hielt mich fest. „Komm setzt dich.", mir wurde schwindelig und sie half mir zum Stuhl. Sie brachte mir auch ein Glas Wasser, meine Herz- und Beruhigungstabletten. „Danke.", entgegnete ich und schloss meine Augen, um wieder zu mir zu kommen. Ich wollte wieder aufstehen, um den Rest zu erledigen, doch Amna hielt mich zurück. „Ich mach das schon, du musst noch etwas zu dir kommen.", sagte sie zu mir und erledigte den restlichen Abwasch. Gemeinsam begaben wir uns ins Wohnzimmer. „U 6 krecemo, budite do tada spremne. (Um 6 gehen wir los, seid bis dahin fertig.)", wir nickten und begaben uns auf unser Zimmer. Erschöpft legte ich mich ins Bett und nahm mein Handy zu mir. Erneut versuchte ich Mahir zu erreichen, doch vergeblich. Er ging einfach nicht ran und das machte mich wütend und brachte mein Herz zum Rasen. Ich schmiss mein Handy weg und seufzte. „Was hast du Aida?", fragte mich Amna. „Mahir mi se ne javlja. (Mahir meldet sich nicht)", entgegnete ich. „Jesi li mu pisala? (hast du ihm geschrieben?)", wollte sie wissen. „Ja, er hat auch geantwortet, aber irgendwie war er total komisch.", erwiderte ich. „Er hat geantwortet?", fragte sie ganz erstaunt. „Ja, wieso so erstaunt?", sie schwieg und sagte nichts. Gegen fünf fingen wir beiden an und fertig zu machen. Wir machten uns nicht sonderlich schickt, wir schminkten uns leicht, zogen uns eine Hose und dazu eine einfache Bluse an und liefen zusammen ins Wohnzimmer. Oma und Tante waren auch schon fertig und warteten auf uns. „Sto nece Amidza i Dedo sa nama (Wieso gehen Opa und Onkel nicht mit uns)", wollte ich wissen. „Weil sie noch etwas zu tun haben.", antwortete Tante und wir begaben uns zur Tür. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zu den Nachbarn. Oma und Tante voraus, Amna und ich hinterher. Dadurch dass ich mich mit Amna unterhielt, bemerkte ich gar nicht wo wir entlang liefen. Amna schien immer nervöser zu werden, was ich gar nicht verstand. Am Haus angekommen, klingelte Oma und wir warteten darauf, dass uns jemand die Tür aufmacht. Als die Tür aufging erstarrte ich. Mahirs Mutter stand in der Tür und hieß und mit einem Lächeln willkommen, doch als sie mich erblickte verschwand ihr Lächeln. „Ich habe gedacht, dass du nicht mehr zurück kommst.", sagte sie zu mir, als sie mich begrüßte. „Ich musste zurück kommen, es ging nicht anders.", entgegnete ich und sie nickte. Wir wurden ins Wohnzimmer gelotst und nahmen dort Platz. Weder Mahir noch sein Vater waren da. Ich war zum ersten Mal in diesem Haus und da ich wusste, dass er hier lebt, stieg meine Sehnsucht nach ihm noch mehr. „Mama, ko je doso (Mama, wer ist gekommen)", hörte ich eine Weibliche Stimme. Es verwirrte mich sehr, Mahirs Schwester lebt doch in der Schweiz, ist sie zu Besuch hier. Ein hübsches blondes Mädchen betrat das Wohnzimmer und mir wurde klar, dass es nicht Mahirs Schwester war, weil ich sie schon auf Bildern gesehen hatte. Dann musste es aber seine Schwägerin, also die Frau seines Bruders, sein. „Dobro dosli. (Herzlich willkommen)", sie hieß uns auch willkommen und stellte sich mit dem Namen Edina vor. Sie bediente uns, wie es sich für die Braut des Hauses gehörte und setzte sich anschließend zu uns. „Majko stigo sam. (Mama, bin da.)", hörte ich seine Stimme aus dem Flur und mein Herzschlag erhöhte sich. Meine Hände fingen an zu zittern und ich wurde richtig unsicher. Er kam ins Wohnzimmer und dieses Mädchen stand auf und lief auf ihn zu. „Dobro doso ljubavi.", hieß sie auch ihn willkommen. Ljubavi? Fragte ich mich innerlich. Was hat das zu heißen? Mahir schaute in die Runde und sein Blick blieb bei mir hängen. Wir schauten uns eine Weile in die Augen, doch seine Augen leuchteten schon lange nicht mehr so, wie vor einem Monat. Er begrüßte seine Mutter und dann uns. Mein Brustkorb brannte erneut, ich verstand die Welt nicht mehr.  „Ah, jel ovo tvoja nova Snaha? Ja sam boga mi mislila da je ona Mirsadovica. (Ist das deine neue Schwiegertochter? Ich habe wirklich gedacht, dass sie die Frau von Mirsad ist)", sagte meine Oma. Neue Schwiegertochter? Das Atmen wurde mir schwer und ich blickte hilfesuchend zu Mahir. Er jedoch blickte mich leer an. Mein Blick wanderte zu seiner Mutter. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Ja, Edina je moja nova Snaha. Prije dvije Sedmice su se ona i Mahir vjencali. (Ja, edina ist meine Schwiegertochter. Vor zwei Wochen haben sie und Mahir geheiratet)", bestätigte Mahirs Mutter. Mein Herz zog sich zusammen, nein das hat er mir nicht angetan. Nein, bitte lass das alles ein Traum sein. Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich schaute zu Amna, die mich entschuldigend an sah. Ich konnte es nicht glauben. Sie wusste es, sie wusste es. Während ich im Krankenaus war, hat er geheiratet. Er, mein Mahir hat geheiratet. Er war doch mein Mahir. Ich schüttelte leicht meinen Kopf, das kann doch alles nicht wahr sein. „Ljubavi moram nesto da ti kazem. (Schatz ich muss dir was sagen)", fing Edina an, doch Mahir reagierte nicht. „Hallo Mahire, ljubavi.", versuchte sie seine Aufmerksamkeit auf sich zu richten, doch er wand sein Blick von mir nicht ab. „Mahire, ja sam trudna. (Mahir ich bin schwanger)", reflexartig drehten Mahir und ich unsere Köpfe in ihre Richtung. Das wurde mir zu viel. Das konnte ich einfach nicht glauben. Er hat mir ihr geschlafen, er hat wirklich mit ihr geschlafen. Ich stand auf, weil mein Brustkorb wieder schmerzte. „Nano, ja moram po lijekove, opet me bolu prsa. (Oma, ich muss meine Medikamente holen, meine Brust tut mir wieder weh)", versucte ich eine Ausrede zu finden, um endlich von hier abhauen zu können. Ich lief so schnell ich konnte zum Ausgang, meine Tränen flossen mir schon die Wange entlang ohne dass ich sie aufhalten konnte. Mir wurde schlecht, ich bekam wieder schwer Luft und von meinen Schmerzen in der Brust möchte ich gar nicht erst anfangen zu reden. In meinem Kopf drehte sich alles, mir wurde schwarz vor Augen und das nächste, was ich mitbekam, war der kalte Boden auf dem ich lag. Ich war zwar bei Bewusstsein, doch ich konnte mich weder regen, noch etwas sehen oder richtig atmen.


BÄÄÄM, Mahir ist verheiratet und der Grund ist nicht der, dass Aida zurück geflogen ist, sondern ein anderer, aber das werdet ihr noch erfahren :D Hahaha bestimmt denken sich jetzt einige 0815, blabla, aber wenn ich dranbleibt und weiterlest, dann werdet ihr merken, dass es nicht 0815 enden wird :D Ich hoffe wirklich, dass sich meine Leseranzahl erweitert und dass ich auch einige Kommentare, die mir beim Weiterschreiben helfen, bekomme.
Viel Spaß beim Lesen :D

Kampf zwischen Herz und VerstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt