FÜNFZEHN

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„Wie stellst du dir das vor zivote moj (mein leben)? Ich arbeite hier, ich lebe hier, meine Familie ist hier, wie soll ich alles stehen und liegen lassen und nach Deutschland ziehen. Für mich ist das undenkbar einfach so nach Deutschland zu ziehen. Klar wir haben eine Wohnung dort, aber ich möchte bei meiner Familie bleiben. Ich möchte mein Leben hier verbringen, hier fühle ich mich wohl, hier fühle ich mich frei. Ich will nicht nach Deutschland.", mein Mund weitete sich. „Aber deinem Anschein nach habe ich wirklich gedacht, dass du mitkommst. Ich fühle mich hier nicht frei, ich will mein Leben in Deutschland leben. Ich habe meine Familie in Deutschland, meine Vergangenheit ist in Deutschland und meine Freiheit.", protestierte ich. „Ich bleibe hier Aida.", beharrte er auf seiner These. „Aber Mahir guck ich bin hier nicht glücklich, ich kann hier nicht glücklich werden. Meine Freunde, meine Familie, mein Leben alles ist in Deutschland.", sagte ich. „Du bist hier nicht glücklich? Was soll das denn heißen? Und die Zeit die wir zusammen verbracht haben, hat die dich etwa nicht glücklich gemacht? Unsere Beziehung hat, die dich auch nicht glücklich gemacht? War alles eine Lüge.", meine Augen füllten sich mit Tränen. „So war das nicht gemeint. Mit dir bin ich glücklich, aber ich möchte mit dir noch glücklicher in Deutschland werden, wieso willst du das nicht verstehen Mahir?", er schüttelte seinen Kopf. „Und wiesp möchtest du nicht verstehen, dass ich hier bleiben möchte? Dass ich hier meine Vergangenheit, Gegenwart und meine Zukunft verbracht habe, verbringe und verbringen werde. Ich möchte mir  hier eine Familie aufbauen, hier möchte ich alt werden, hier möchte ich heiraten.", ich schwieg und schaute auf meinen Teller. „Wieso möchtest du nicht mit? Deine Familie kann doch mitkommen, du könntest bei Babo arbeiten, wir könnten in Deutschland zusammenleben und glücklich werden.", protestierte ich. „Ich möchte nicht bei deinem Vater arbeiten, meine Familie will nicht zurück nach Deutschland, wir können auch hier heiraten, zusammenleben und glücklich werden, wieso muss das alles in Deutschland passieren?", er wurde ernst und in mir breitete sich eine gewisse Panik aus. „Ich habe meine Freiheit in Deutschland gelassen, ich möchte meine Freiheit wieder haben Mahir. Ich möchte diese Freiheit mit dir ausleben. Bitte tu mir das nicht an, komm mit.", ich nahm seine Hand in meine und schaute ihm in die Augen. „Ich kann nicht. Deutschland ist nicht meine Zukunft, ich liebe dich Aida, ich liebe dich und ich werde dich immer lieben, aber ich komme nicht mit nach Deutschland." „Tu mir das nicht an Mahir, tu mir das bitte nicht an.", ich weinte wie ein kleines Kind, wenn wir nicht von so vielen Menschen beobachtete werden würden, dann hätte ich mich vor ihn gekniet und ihn angefleht mitzukommen. Ich drückte seine Hand und zog sie mehr zu mir, meine Tränen fielen auf sie drauf. Wir beide schwiegen und sagen nichts. „Deine Freiheit oder unsere Liebe und das gefangensein?", das kann er doch nicht ernst meinen. Er kann mir doch nicht einfach so ein Ultimatum stellen, das geht doch nicht. Mein Herz brannte, es glühte und verbrannte mich innerlich. Eins wusste ich ab diesem Zeitpunkt ganz genau und zwar, dass es nicht gut Enden würde. Weder für mich und für ihn persönlich, noch für unsere Beziehung. „Was soll das heißen Mahir? Wieso stellst du mir dieses Ultimatum?", hinterfragte ich. „Was ist dir wichtiger Aida?", er zog seine Hand weg und breitete, durch diese Geste, den Schmerz in meiner Brust noch weiter aus. „Mahir, ich liebe dich, bitte stell mich nicht vor die Wahl, bitte.", er schüttelte seinen Kopf. „Alleine schon, dass du dich nicht entscheiden kannst, dass du nicht weiß, was für dich wichtiger ist und was für dich mehr Priorität hat, zeigt mir ganz genau, dass du eine schwache Person bist.", meine Augen weiteten sich. „Wie bitte? Mahir kannst du mich nicht verstehen. Ich, das verwöhnte Mädchen, komme in ein Dorf, bin ohne Ende eingeschränkt, kann nicht, so wie zu Hause, tun und lassen was ich will und danach habe ich Sehnsucht. Ich sehne mich nach meiner Freiheit, nach meinem zu Hause, nach allem, was für mich wichtig ist. Woher hätte ich wissen sollen, dass ich mich unsterblich in dich verliebe? Woher hätte ich wissen sollen, dass ich dir mein Herz schenke und es nie wieder zurückbekommen werde? Ich kann doch nichts dafür, dass ich dich liebe, aber so sehr wie ich dich liebe, so sehr liebe ich auch meine Freiheit. Bitte zwinge mich nicht eins davon auszuwählen." Stille. Er schwieg, ich schwieg. Weder er rührte sein Essen an, noch ich. Wir haben alles um uns herum vergessen, es gibt nur noch uns beide. Doch für wie lange? „Ich möchte, dass du hier und jetzt eine Entscheidung triffst.", entgegnete er kalt. Seine Augen provozierten mich, will er das jetzt wirklich? Ich richtete mich auf, wischte mir meine Tränen weg und schaute ihn entschlossen an. „Wenn das so ist, dann wähle ich meine Freiheit Mahir.", ich stand auf und lief zum Ausgang. Ich lief ohne groß darüber nachzudenken zu dem Ort, wo ich den Ring von ihm bekommen habe. Ich ließ mich auf meine Knie fallen und weinte erneut wie ein kleines Baby. „Steh auf alle schauen dich schon an.", hörte ich Mahirs Stimme. „Bjezi, ne zelim da te vidim Mahire. (Geh weg. Ich möchte dich nicht sehen Mahir)", er half mir auf und setzte mich auf die Bank. „Sta cemo sada Aida? Wie soll es weiter gehen? (Was sollen wir jetzt machen Aida?)", ich drehte meinen Kopf zu ihm „Sta sad? Du fragst mich noch was jetzt? (Was jetzt)", ich wurde wütend. „Was sollen wir denn machen Mahir? Was schwebt dir denn so vor? Was sollen wir machen. Ich in Deutschland, du in Montenegro? Was sollen wir deiner Meinung nach machen?", ich schrie schon fast und ließ meine Wut nahezu an ihm aus. „Heißt es wir gehen getrennte Wege?", fragte er mich fast flüsternd. Ich blickte ihm in die Augen und wagte mich die folgenden Worte nicht auszusprechen, doch sie kamen über meine Lippen ehe ich so richtig über sie nachdenken konnte. „Wie es scheint, müssen wir fürs Erste eine Pause einlegen.", ich schluchzte, unkontrolliert rollten mir Tränen die Wange entlang. Ich wusste nicht wie mir geschieht, doch irgendwie suchten meine Lippen den Weg zu seinen. Wir küssten uns so, als würden wir uns nie wieder in den Arm nehmen. Wir küssten uns, als wäre es ein Abschiedskuss. Wir küssten uns so, als wäre dies unser letzter Kuss. Nach langer Zeit lösten wir uns. Er legte seine Stirn auf meine und nahm meine Hände in seine. Auf meine Hände, fielen Tränen, doch nicht meine Sondern seine. Ich wischte sie ihm weg und schüttelte, während meine Stirn noch auf seiner lag, meinen Kopf. „Wenn du weinst bist du hässlich, bitte weine nicht. Deine Tränen sind wie Öl, welches das Feuer in meiner Brust, noch größer werden lässt.", flüsterte ich gegen seine Lippen und hauchte einen kurzen Kuss gegen seine Lippen, bevor ich mich ganz von ihm löste, ihm dem Rücken zukehrte und weglief.

Kampf zwischen Herz und VerstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt