ZWEIUNDDREIßIG

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Mein Blut gefror, mein Herz pochte Schneller. Alles was ich wahrnahm, war diese beruhigende Stimme und diese warmen dunklen Augen, die ich unter tausenden erkennen würde. Er schloss die Tür und stellte sich vor mich. Meine Hände zitterten zwar und dennoch hob ich sie an, um meine Hand an seiner Wange zu platzieren. „Mahir.", hauchte ich über meine Lippen und sofort flossen Tränen meine Wange entlang. „Was machst du hier?", fragte ich ihn ruhig. „Eine gute Freundin heiratet und hat mich eingeladen. Ich konnte nicht absagen.", erklärte er mir und ging einen Schritt zurück. Tränen über Tränen flossen meine Wangen entlang. Ich konnte mich nicht länger zurückhalten und fiel ihm um den Hals. Ich drückte ihn an mich, sog seinen Duft ein und lauschte seinem Herzschlag. „Ich habe dich vermisst.", flüsterte ich gegen seine Brust. Ich wartete auf seine Arme um meinen Körper, doch er schien nicht zu reagieren. Ich sah rauf zu ihm und ließ ihn los. Er sah mich mit einem undefinierbaren Blick an und trat erneut einen Schritt nach hinten. Sein Blick fiel auf meinen Brauch und dort verharrte er auch. „Ist es, ist es sein Kind?", fragte er mich stotternd. Unter Tränen nickte ich und sah auf meine Hände, weil ich ihm nicht in die Augen sehen konnte. „Geschieht mir wohl recht.", sagte er eher zu sich als zu mir. „Ich liebe dich Mahir.", entgegnete ich und legte meine zu Fäusten geballten Hände, auf seine Brust. „Wieso musstest du zuerst heiraten? Wieso? Wieso nur? Warum hast du uns das angetan?", ich wurde immer lauter und lauter und haute mit den Fäusten, wenn auch nur schwach, gegen seine Brust. Er nahm meine Hände in seine und hielt sie an seine Brust. „Ich liebe dich so sehr Mahir, so sehr. Es tut mir von Tag zu Tag mehr weh.", ich hörte, wie jemand sich räusperte und sah zur Tür. Emir stand im Türrahmen und sah zu uns rüber. Nun trat ich einen Schritt zurück und sah zu Emir. Sein Blick sprach Bände, doch er beherrschte sich. Er kam auf uns zu und zog mich leicht zu sich, um seinen Besitz zu markieren. „Ich bin Emir, Aidas Ehemann. Sie sind?", er reichte Mahir die Hand. Mahir sah sich seine Hand an und erwiderte den Händedruck. „Mahir.", gab er knapp von sich und verließ das Nebenzimmer. Kaum war die Tür geschlossen stellte sich Emir vor mich hin. „Was soll das? Was macht er hier?", fragte mich Emir wütend. „Er ist eingeladen.", entgegnete ich. „Wieso seid ihr hier alleine? Wieso gestehst du einem verheirateten Mann deine Liebe?", wollte er wissen. „Weil ich ihn immer noch liebe.", erwiderte ich. „Wir sind aber verheiratet. Du musst ihn vergessen. Ich liebe dich, das reicht.", ich schüttelte meinen Kopf. „Wie oft sollen wir das noch durchkauen? Ich liebe ihn immer noch. Auch wenn ich 100 Jahre mit dir verheiratet bin, werde ich ihn lieben. Mein Herz wird immer nur ihn lieben. Ich habe dir gesagt, dass ich ihn nie vergessen werde. Du solltest dich nicht so anstellen. Ich gebe mir Mühe, dir eine gute Ehefrau und Elvin eine Mutter, wieso machst es mir so schwer? Wieso findest du dich nicht damit ab?", mir wurde schwindelig und ich setzte mich hin. „Ich liebe dich verdammt, ich kann mich damit nicht abfinden.", ich schüttelte nur fassungslos meinen Kopf. „Ich liebe Mahir auch und versuche trotzdem mit all meiner Kraft seine Ehe zu akzeptieren und mich allem, was auf mich zukommt, zu beugen.", er lachte ironisch auf. „Du versuchst dich damit abzufinden? Nein Aida, du hast dich immer noch nicht damit abgefunden. Du hast mich geheiratet, um ihn genauso leiden zu lassen, wie er dich hat leiden lassen. Du hast dich gar nicht abgefunden du versuchst nur zu verdrängen.", Emir verließ den Raum und ließ mich alleine zurück. Ich fing an zu weinen und hielt mich, obwohl ich saß, an der Sofalehne fest. Ich weinte so stark, dass ich am liebsten zwischendurch schreien könnte. Ich blieb einfach so auf dem Sofa sitzen und weinte. Ich weiß nicht wie lange ich weinte, doch irgendwann kam Amna ins Zimmer und setzte sich zu mir. Sie nahm mich in den Arm und kurze Zeit später kam auch Albulena ins Zimmer. Aufgebracht sah sie mich an. „Oh mein Gott er ist hier und Emir ist auch hier und, Aida was ist passiert?", sie sah mich sofort besorg an, als sie mein Schluchzen hörte. „Oh nein, ihr seid euch begegnet und Emir war auch in der Nähe.", schlussfolgerte sie mein Weinen und nahm mich auch in den Arm. „Es tut so weh. So unnormal weh.", ich weinte und fing an zu hyperventilieren. Albulena handelte schnell, nahm sich meine Tasche zur Hand, holte meine Tabletten raus und reichte sie mir. Ich nahm sie schnell ein und die beiden halfen mir, mich hinzulegen, um mich besser ausruhen zu können. „Ich bleibe bei ihr Amna, geh du zu Vedad.", sagte Albulena zu Amna und begleitete sie bis zur Tür. Anschließend kam sie wieder auf mich zu und kniete sich zu mir. „Sie hat gewusst, dass ich immer noch trauere und hat ihn trotzdem eingeladen. Er hat gesagt zu mir gesagt, dass er nicht unbedingt wieder nach Deutschland zurück will und jetzt ist er hier, er stand vor mir. Sie weiß wie sehr ich ihn liebe, sie weiß auch, dass ich krank bin und dass mir diese Trauer nicht gut tut und sie hat ihn trotzdem eingeladen. Sie hätte ihm doch sagen können, dass ich krank bin und dass alles, was wir erlebt haben, mir noch mehr körperliche Schmerzen hinzufügt. Er hätte es verstanden. Vielleicht ist er auch nur zum Trotz hier. Wer weiß.", ich sprach einfach und Albulena hörte mir zu. Als ich zu mir kam, half sie mir dabei, mich aufzurichten und neu herzumachen. Gemeinsam traten wir dann in den Saal ein, wo alle Gäste schon am Tanzen waren und Spaß hatten. Ich setzte mich zu Emir an den Tisch und sah ihn kurz an, doch er ignorierte mich. „Möchtest du mit mir tanzen?", hörte ich meinen Bruder mich fragen und lächelte ihn an. Ich reichte ihm meine Hand und er half mir auf. Wir liefen zur Tanzfläche und tanzten zum langsamen Lied. „Dein Bauch ist echt groß geworden.", bemerkte mein Bruder. „Danke Amar, das hören schwangere Frauen gerne.", entgegnete ich ironisch und lachte. „Übrigens hat deine Frau bald auch so einen Bauch, dann kannst du dich über sie lustig machen.", fügte ich hinzu und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. „Ich vermisse dich Amar.", gestand ich ihm. „Wenn ich nachts Angst bekomme, dann bist du nicht mehr da, um mich zu beschützen.", ich wurde sentimental und meine Augen füllten sich wieder. „Aber du hast doch jetzt einen Ehemann.", bemerkte er. „Ja, aber mein Ehemann ist nicht mein Bruder. Das ist nicht dasselbe.", erwiderte ich seine Aussage und richtete meinen Kopf auf. „Darf ich übernehmen?", fragte ihn Mahir und Amar sah mich verwirrt an. „Wer bist du?", fragte er Amar. „Ein sehr guter Freund von mir.", beantwortete ich Amar seine Frage, ehe Mahir etwas sagen konnte. Amar grinste, stellte sich Mahir vor und überreichte ihm meine Hand. „Wieso bist du hier Mahir?", fragte ich ihn. „Meine Familie wurde von deinem Opa eingeladen.", beantwortete er mir meine Frage. „Wieso musstest du kommen? Deine Eltern hätten auch kommen können.", er sah mich mit einem leeren Blick an. „Ich wollte mal wieder nach Deutschland.", gab er knapp von sich. „Du wolltest mich nur noch mehr leiden lassen.", sagte ich feststellend. „Nein, ich wollte dich sehen, weil sich mein Herz nach dir gesehnt hat. Verdammt Aida, wir sind Mahir und Aida, unsere Namen und wir gehören zusammen. Wieso haben wir diese Dummheiten begangen?", ich sah ihn fassungslos an. „Anscheinend musste es so kommen, was ich mit einer Pause angefangen habe, hast du mit der Heirat einer anderen, beendet.", flüsterte ich. „Ich liebe dich immer noch.", flüsterte er zurück. „Ich liebe dich so sehr und ich vermisse dich, deinen Körper einfach alles an dir.", fügte er hinzu. „Ich möchte nichts von dir missen, doch mir wird jeden Tag klar, dass ich es muss. Mir bleibt keine andere Wahl, du bekommst ein Kind mit deinem Ehemann und ich bekomme ein Kind mit meiner Frau. Vielleicht haben die beiden ja mehr Glück.", ich schüttelte nur meinen Kopf. „Nicht?", fragte mich Mahir. „Nein. Ich möchte nicht noch mehr leiden.", flüsterte ich und wurde an der Schulter angetippt. „Darf ich jetzt?", fragte Emir Mahir und Mahir nickte. Somit übernahm Emir seine Position und tanzte mit mir. „Ich habe nachgedacht. Ich weiß, dass meine Worte mich verletzt haben, aber ich bin auch verletzt. Ich versuche mich nur deinetwegen zusammenzureißen. Nur deinetwegen. Wenn du nicht hier wärst, dann hätte ich ihm mit Sicherheit schon eine verpasst, vielleicht auch zwei. Ich weiß, dass du ihn liebst, aber versuche auch mich zu verstehen.", er legte kurz seine Hand auf meinen Bauch und spürte einen Tritt. „Habe ich es gerade doch richtig mitbekommen. Der Kleine tritt.", er lächelte und küsste meine Stirn. Als die Balladen nicht mehr gespielt wurden, hörten wir mit dem Paartanz auf und setzten uns hin. „Emir ich habe Hunger.", gestand ich ihm und er lachte mich an. „Das Buffet wird gleich geöffnet, dann bring ich dir und unserem Fußballspieler etwas zu Essen.", ich erwiderte, wenn auch nur schwer, sein Lächeln und stich ihm über die Hand. „Danke.", er nahm meinen Dank nickend entgegen und sah sich die ganzen tanzenden Menschen an. „Sollen wir etwas an die frische Luft?", fragte ich ihn und er nickte. Er half mir beim Aufstehen und führte mich nach draußen. Auf dem Weg nach draußen begegneten uns Mahirs Mutter und ihre Schwiegertochter. Ich stellte Mahirs Mutter erst Emir vor und begrüßte sie anschließend, indem ich sie umarmte und feste an mich drückte. „Moja ljepotice, kako si mi? (meine Schöne, wie geht es dir?)", fragte sie mich. „Onako, nekad sam dobro nekad nisam ali sve u svemu sam dobro. (Es geht so, mal geht es mir gut mal schlecht, aber alles in allem, geht es mir gut)", wir führten etwas Smalltalk bis sie sich an Emir wandte. „A ti sine, cuvas li ovu moju lijepu cerku? (Und du mein Sohn, passt du auch auf meine hübsche Tochter auf?)", Emir lachte charmant und nickte. „Naravno da je pazim. Ona je moje sve. (Natürlich passe ich auf sie auf. Sie ist mein ein und alles.)", erwiderte er und küsste meinen Kopf. Mahirs Mutter lächelte ihn zwar an, doch man sah, dass ihr die komplette Situation nicht recht war. Emir und ich entschuldigten uns bei den beiden und begaben uns nach draußen.

„War das seine Mutter?", fragte mich Emir als wir uns draußen auf eine Bank gesetzt hatten. „Ja, ich habe sie wirklich lieb.", beantwortete ich ihm seine Frage und er nickte. „War er der Junge, dem du dich vor mir hingegeben hast?", ich sah ihn verwirrt an. „Wieso willst du das wissen?", stellte ich ihm eine Gegenfrage. „Einfach nur so.", ich nickte. „Ja, er war der erste und der einzige vor dir.", beantwortete ich ihm seine Frage und nun nickte er wieder. „Emir, ich weiß du hast es bisher nicht leicht mit mir gehabt. Ich habe eben meinen eigenen Kopf und bin sehr eigen, aber wir könnten das schaffen.", ich nahm seine Hand in meine und sah ihn sanft an. „Natürlich schaffen wir das. Wir schaffen alles, wir sind das Ehepaar Sinanovic.", erwiderte er meine Aussage und lächelte mich an. „Danke für dein Verständnis. Ich weiß, dass es nicht einfach ist.", er nickte, lächelte jedoch trotzdem. „Darf ich jetzt mit ihr reden?", mischte sich Edina ein und sah und beide an. „Worüber willst du mit mir reden?", fragte ich sie. „Das würde ich gerne unter vier Augen mit dir klären, ich weiß ja nicht inwiefern du bei deinem Ehemann mit offenen Karten gespielt hast.", sie lächelte mich hinterhältig an und sah dann zu Emir. „Er kann hier bleiben. Er weiß alles, als sprich.", forderte ich sie auf und sie zuckte mit ihren Schultern. „Na gut, wie du willst. Vielleicht ist es auch besser so, wenn er hier ist, dann erträgst du das Gespräch besser.", Emir zog mich zu sich und wir sahen sie auffordernd an. „Siehst du das hier?", sie zeigte auf ihren Bauch. „Sehr leidenschaftliche Stunden haben wir verbracht, während wir die Kleine gezeugt haben. Er hat mich geküsst, mich verwöhnt und mir gesagt, dass er mich liebt. Und das nach jedem Kuss.", ich fing an schneller zu Atmen. „Schon seit Monaten gesteht er mir seine Liebe. Schließlich habe ich es geschafft ihn an mich zu binden mit diesem Kind und ihn zu meinem Mann zu machen. Er wird nie wieder zu dir zurück kommen. Nie. Er wird immer nur mich lieben und du wirst leiden. Er hat dich schon vergessen, in seinen Augen gibt es nur mich, verstehst du, nur mich.", ich nahm nur noch die Hälfte ihrer Worte wahr. Erst hörte ich ihre dumpfe Stimme, anschließend verschwamm meine Sicht, bis ich schließlich gar nichts mehr Wahrnahm und mein Bewusstsein verlor.


Uhh Leute, Mahir ist wieder da? Was meint ihr passiert noch?
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Kampf zwischen Herz und VerstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt