FÜNFUNDVIERZIG

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„Öffne deine Augen.", nahm ich Emirs Stimme wahr. „Öffne sie, für mich, für deine Familie, für Bajazit. Du kannst nicht hierhin, du gehörst hier noch nicht hin.", hörte ich ihn erneut zu mir sagen. Bis ich ihn wahrnahm. Er strahlte hell, heller als ein Stern, er schien so glücklich und friedlich zu sein. Alles an ihm war einfach schön. Mein Herz schlug schneller und ich bekam, bei seinem Anblick, eine Gänsehaut. Er lächelte mich an und reichte mir seine Hand. „Komm ich führe dich.", ich reichte ihm meine Hand und verschränkte sie mit seiner. Eine Kraft erfüllte mich und machte mich stark.

Ruckartig öffnete ich meine Augen und blickte auf eine weiße Decke. Ich hörte ein Piepen, meine Herztöne und mein Blutdruck wurden gemessen und meine Atmung wurde durch ein Beatmungsgerät unterschützt. Eine Infusion steckte in meiner Hand und ich fühlte mich einfach elendig. Eine Fernbedienung lag griffbereit neben meiner Hand, sodass ich all meine Kraft zusammen nahm und den roten Knopf betätigte. Eine Schwester kam rein und befreite mich von der Beatmungsmase. „Gospodo Sinanovic, kako se osjecate? (Frau Sinanovic, wie fühlen sie sich?)", fragte sie mich. Ich öffnete meinen Mund und wollte ihr antworten, doch ich bekam kein Wort über meine Lippen. Mein Hals war trocken und fühlte sich kratzig an. Sie verstand sofort, gab mir ein Glas Wasser und half mir dabei mich aufzurichten. „Zvat cu doktoricu. (Ich rufe die Ärztin)", informierte sie mich und verließ mein Zimmer. Ehe der Arzt ins Zimmer kommen konnte stürmte eine Hochschwangere Albulena ins mein Krankenzimmer. „Was machst du denn hier?", fragte ich sie schwach und geschockt. „Wie was mache ich hier? Meine beste Freundin liegt zwei Wochen im Koma, wie soll ich da nicht her kommen. Ich habe so Angst gehabt.", sie fing an zu weinen und nahm meine Hand ihre. „Ich danke ALLAH, dass er dafür gesorgt hat, dass du wieder aufwachst. Ich wollte nicht wahr haben, dass du nur hier liegst und nichts von der Welt mitbekommst. Ich wollte meine beste Freundin bei mir haben, wissen, dass es ihr gut geht und deine Stimme hören.", sagte sie und ihre Tränen tropften auf meine Hand. Ehe ich etwas dazu sagen konnte, kam die Ärztin, die mich auch schon in Deutschland behandelt hat, ins Zimmer rein. „Aida, meine Liebe, wie fühlst du dich?", fragte sie mich. „Schwach, ausgelaugt, so voller Schmerzen.", krächzte ich. „Das ist normal. Sie hatten einen Schwächeanfall und ihr Herz drohte nachzugeben, doch wir haben schnell gehandelt. Dank des Jungen, der sie hergebracht hat, konnten wir sie schnell handeln und alles in unser Macht stehende tun, um sie zu retten.", erklärte sie mir. „Oh Gott.", entgegnete Albulena und hielt sich ihren Bauch fest. „Bekommst du das Kind?", fragte ich sie panisch und richtete mich ruckartig auf, was ich lieber nicht hätte tun sollen, weil mein kompletter Körper schmerzte. „Nein, das war nur eine Reaktion auf das, was die Ärztin gesagt hat.", beantwortete sie mir meine Frage. „Wieso fliegst du überhaupt hochschwanger? Was, wenn du im Flieger entbinden hättest müssen? Wieso denkst du nicht einmal an dich?", ich stellte ihr Fragen über Fragen. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht und...", ich unterbrach sie. „Was für und? Wo ist Jetmir? Er hat mir versprochen, dich vor Dummheiten zu bewahren.", meckerte ich sie an. „Er ist mit mir geflogen und wartet jetzt im Flur. Wir sind mit dem Flieger seines Vaters geflogen.", ich nickte. „Und was ist mit meinem Sohn? Wie geht es ihm? Wo ist er?", meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich merkte erst jetzt wie sehr sich mein Herz nach meinem Sohn sehnte und wie sehr es ihn vermisste. „Ihm geht es gut. Elena sorgt sich sehr gut um ihn und lässt ihn kaum spüren, dass du nicht da bist.", erleichtert atmete ich aus und widmete mich wieder meiner Ärztin. „Wann kann ich gehen? Was muss ich beachten?", fragte ich sie. „Du kannst in drei Tagen gehen. Wir möchten noch einige Untersuchungen machen, um sicher zu gehen, dass wir nun endlich alles herausgefunden haben. Du musst weiterhin deine Tabletten nehmen, bekommst andere Beruhigungstabletten, die dich weniger benommen machen, du darfst dich nicht unter Stress setzen und du darfst dich nicht aufregen. Schone dich und denke an deinen Sohn.", ich nickte und schon verabschiedete sie sich von mir.

Kampf zwischen Herz und VerstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt