3. Ein Übel kommt selten allein

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Als ich aufwachte hatte mein Wecker noch nicht geläutet. Gähnend drehte ich mich um und kuschelte mich tiefer unter die warme, weiche Decke, es war definitiv noch zu früh um auf zu stehen. Mit halb geschlossenen Augen hörte ich, wie Lou geradezu aus ihrem Bett sprang. "Guten Morgen!", zwitschere sie fröhlich und war aus dem Zimmer - vermutlich in Richtung Bad - verschwunden, bevor ich mich dazu aufraffen konnte, auch nur ein "Guten Morgen" zu grummeln. Erraten, ich bin kein Frühaufsteher und alles vor zehn ist für mich jenseits von Gut und Böse. 

Schließlich läutete auch mein Handy und ich kroch mürrisch und zerzaust aus meinem Bett. Meine Motivation für Frühstück und anschließenden Unterricht hielt sich, um es gelinde auszudrücken, in Grenzen. Verschlafen zog ich mich an und machte mich fertig, stopfte Bücher in meine Schultasche und wurde dann von Lou trotz Protest zum Frühstück gescheucht, das ich aber im Grunde verschlief. Hätte mich nicht Jenny zu unserer ersten gemeinsam Stunde mitgeschleift, ich wäre wahrscheinlich gleich an Ort und Stelle eingeschlafen. 


*+*+*


In der erste Stunde hatten wir natürlich ausgerechnet Mathe. Ich war generell in der Schule eher durchschnittlich, aber Rechnen machte mir um einiges mehr Probleme als alles andere, vor allem wenn ich noch nicht richtig wach war. Jenny war wenigstens genau so ahnungslos wie ich und wir warfen uns ununterbrochen verzweifelte Blicke zu. 

Die zweite Stunde war nicht viel besser: Latein. Zu allem Überfluss war Jenny unterdessen im Spanischkurs und so würde ich allein zum Klassenzimmer finden müssen. Ich lief also - es hatte schon vor einigen Minuten geläutet und die Gänge leerten, die Türen zu den Klassen schlossen sich langsam - verzweifelt quer durch den dritten Stock. Eigentlich sollte ich ja in der Lage sein, einfach an den Nummern an den Türen der Räume zu erkennen, wohin ich musste und ihnen einfach folgen, bis ich bei 3-27 ankam, aber ich schaffte es nicht, auch nur die Zwanziger-Türen zu finden, obwohl ich bereits im richtigen Stock war. 

Gerade als ich um die Ecke bog, meine Latein-Bücher in den Armen, stolperte ich und prallte ziemlich unsanft gegen den Jungen, der mir entgegenkam. Ich schrie auf und versuchte, meine ins Wanken geratenen Balance wiederherzustellen, strauchelte einen Schritt zurück - und warf ihm dabei meine Lateinbücher an den Kopf. 

Er gab ein kleines, überraschtes Geräusch von sich und hob seine Hände, wie um sich zu verteidigen, womit er ziemlich geschickt auch meine Bücher vor dem Fall auf den Boden bewahrte. "Hey!", sagte er, halb belustigt, halb empört. "Sorry", murmelte ich und lächelte nervös. Er war nicht besonders groß, ich konnte ihm genau in die Augen sehen, und hatte hellbraune gelockte Haare, die ihm zusammen mit seinem von der Sonne gebräunten Gesicht einen exotischen Touch gaben. Er wirkte, als wäre er einer dieser Surfertypen, die ihr Leben auf den goldenen Stränden Floridas verbringen. 

"Normalerweise bewerfen mich die Mädels nicht mit Büchern, wenn ich ihnen in die Quere komme", meinte er mit einem schiefen Lächeln. Oh, das konnte ich mir gut vorstellen, so wie er aussah. Dieses Lächeln! Ich merkte, wie meine Wangen warm wurden und wiederholte nur noch einmal: "Sorry". Ziemlich einfallslos, ich weiß, aber ich wusste wirklich nicht was ich sonst sagen sollte. 

Er lächelte wieder, und reichte mir meine Bücher zurück. "Du bist auch im ersten Lateinkurs? Ich bin übrigens Jamie, und ich glaube ich hab sogar eine Ahnung wohin wir müssen." Ich sah ihn für einen Moment überrascht an, dann meinte ich: "Ja, ich gehe auch Latein. Aber sollten wir uns nicht besser beeilen, wir sind sowieso schon zu spät!" 

"Na dann los, wir wollen ja nicht dass unsere namenlose Prinzessin zu spät zum Unterricht kommt!" rief er spielerisch aus und nahm meine linke Hand, die nicht die Bücher festhielt, in seine. Er sah mir kurz in die Augen - er hatte schöne, ausdrucksstarke, tief braune Augen die an den Rändern heller wurden- oh, ich wurde schon wieder rot! Dann lächelte er mich an, drehte sich um und begann zu laufen, ohne meine Hand loszulassen. Lachend und mehr oder weniger freiwillig folgte ich ihm. "Hey, ich bin keine Prinzessin! Und ich habe einen Namen!"

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