52. Happy Halloween 4

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Valentins Augen weiteten sich kaum merklich, und ich dachte mir, dass ich wohl nicht die einzige gewesen war, die vergessen hatte, dass wir nicht in unserem Zimmer, sondern hier in aller Öffentlichkeit auf einer Party waren. Er zog seine Hand ruckartig zurück und drehte sich um, um unseren Zuschauern ins Gesicht sehen zu können.

Ich brauchte kurz, bevor ich auch auf die Beine kam. Mit einer Hand stützte ich mich gegen die mit schwarzem Samt beklebte Labyrinthwand, bis ich mein Gleichgewicht wiedergewonnen hatte. Dann atmete ich einmal tief durch, strich mein Kleid glatt und wandte mich ebenfalls um.

Selbst im gespenstisch bläulichen Licht der Party erkannte ich Lou sofort, und ein erleichtertes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Sie war mit Simon unterwegs, der als Mafioso verkleidet war, und in seinem dunklen Anzug, dem typischen Hut und einer weißen Krawatte ziemlich stilvoll aussah. Lous violettes Kleid strahlte direkt, und ich fragte mich, ob sie es ausgewählt hatte, weil sie gewusst hatte, dass es Schwarzlich geben würde.

"Sorry für die Unterbrechung", murmelte Simon, der ein betretenes Gesicht machte. "Lou, wenn's dir nichts ausmacht, dann geh' ich schon vor, hinter die Bühne?". Auf ihr Nicken hin verabschiedete er sich flüchtig von uns, und trat einen hastigen Rücktritt an. Ich sah ihm überrascht nach. Naja, das erklärte wenigstens, warum Maja mit mir und Jenny unterwegs gewesen war; ihr Freund war offensichtlich mit Lou und der Organisation der Party beschäftigt, genau wie meiner.

"Was ist denn mit dem los?", fragte ich die Französin, doch sie schüttelte nur den Kopf. "Nichts, Chèrie, nichts." Sie lächelte verschmitzt und gestikulierte zwischen mir und Valentin hin und her, der bisher nichts gesagt hatte und den Blick gesenkt hielt, sodass er Lou nicht ansehen musste. "Ah, le jeune amour, wie romantisch! Sag, Ani, hat er dir endlich gestanden, dass er es war, dein amant sècret? Dein mysteriöser Bewunderer, von dem ich dir erzählt habe?"

Ich stand da wie versteinert. Ich konnte mich vage daran erinnern, dass sie etwas in die Richtung gesagt hatte, am Anfang des Schuljahres, während dem Kennenlernwochenende. Ich hatte nur gedacht, dass es Thomas gewesen war, den sie gemeint hatte. Mit Valentin hatte ich ja bis zum Zimmertausch kaum zwei Worte gewechselt!

Lou schien nicht zu merken, dass ich ihr nicht mehr richtig zuhörte, denn sie zwitscherte einfach weiter: "Valentin, ich bin so fièr de toi, du kannst stolz auf dich sein, dass du deine Gefühle endlich ausgesprochen hast. Ich dachte schon, du hast aufgegeben, aber ich habe die letzten Sätze mitbekommen, wirklich, sehr romantisch. Bon, ihr lagt am Boden, auf meiner Halloweenparty, aber gut, man muss die Umstände nehmen wie sie kommen, nicht wahr?"

Sie schien sich ehrlich zu freuen, aber ich konnte gerade nichts damit anfangen, was sie sagte. Kümmerte es denn niemand, dass ich einen festen Freund hatte? War es einfach egal, dass ich gerade so knapp dran gewesen war, Valentin zu küssen? Richtig, nicht nur, weil es ein Halloween-Gag war. Die kleine, panische Stimme in mir wurde immer lauter. Im Hintergrund lief nun eine Remix-Version von "Spooky, Scary Skeletons", und ich beschloss, dass ein paar neue Drinks und Musik, die laut genug war, dass man keine Gespräche mehr führen konnte, vielleicht die einzige Chance war, um den Abend noch zu retten.

"Hey, Lou, weißt du was, reden wir später, ich hab' jetzt erst einmal Lust zu tanzen!", rief ich ihr, schon im gehen, zu, und verschwand, bevor sie oder Valentin mich aufhalten konnten. Sollten die beiden diese Konversation doch alleine zu Ende führen, ich hatte kein Interesse daran, weiter darüber nachzudenken, was gerade passiert war. Ich weiß, weglaufen war nicht besonders erwachsen, aber damit konnte ich gut leben. Zumindest im Moment.


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Zwei Drinks und zwei Dutzend Songs später war meine Stimmung um einiges besser, was nicht nur am Alkohol lag. "Ghost Busters!", schrien Nico und ich gemeinsam mit den anderen Leuten auf der Tanzfläche, und ich lachte laut auf, als er  bei dem Versuch, einen besonders gewagten Tanzmove zu bringen, in die Gruppe hinter ihm stolperte. Um uns herum waren lauter fröhliche Gesichter, über und über mit den neonfarbenen Stiften beschmiert, die im Schwarzlich zum Leben erwachten, sodass man kaum erkennen konnte, wer wer war. Viele trugen verrückte Kostüme und bunte Perrücken, rot und grün und blau, und ich erkannte sogar ein Mädchen aus Latein wieder, die sich wirklich die Haare pink gefärbt hatte.

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