38. Vorfreude

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Ich war gerade dabei, mein morgendliches Müsli in mich hinein zu schaufeln während Maja und Lou neben mir saßen und sich gegenseitig ihr Leid klagten.  "Maja, ma chouchoutte, und du glaubst ihm das?", fragte Lou, und schüttelte ungläubig ihre kastanienbraune Lockenpracht. Sie trug heute ausnahmsweise kein Kleid, hatte aber einen derart knallroten Lippenstift aufgetragen, dass ich mich fragte, wie ihr Tagesplan wohl aussehen mochte. Plötzlich strich mir jemand eine verirrte Haarsträhne aus meinem Gesicht, und bevor ich mich noch umdrehen konnte, hatte ich schon erkannt, wer es war. "Guten Morgen, Ani", murmelte Thomas, seinen Kopf auf meine Schulter gelegt, und umarmte mich von hinten. Für einen Moment hüllten mich der frische Geruch seines Aftershaves und seine behagliche Wärme ein.

Ich musste lächeln, lehnte mich an ihn und erwiederte seinen Gruß. Er drückte mir einen Kuss auf die Wange, und dann sagte er, leise und so nah bei meinem Ohr, dass ich seinen Atem spüren konnte: "Ich hoffe, du hast heute Abend noch nichts vor. Sagen wir, um acht? Ich hätte nämlich eine Idee, was wir beide unternehmen könnten, wenn du willst... ". Er ließ den Satz unvollendet ausklingen, und ich spürte die Vorfreude in mir flattern. Was hatte er wohl geplant?

Vollig unerwartet knallte jemand sein Frühstückstablett neben mir auf den Tisch, und ich zuckte zusammen. Wer das wohl war? Thomas blonder Haarschopf versperrte mir die Sicht. "Nur noch eines, zieh besser kein Kleid an. Bis heute Abend", wisperte mir ebendieser zu, bevor er mir noch einen kurzen Kuss gab und sich schnellen Schrittes entfernte, die Hände in den Taschen.

Ich sah ihm nach, ein bisschen überrascht, dass er so eine Show abzog. Nicht dass ich es ihm übel nahm, aber wo war das vorsichtige "die Gerüchteküche vermeiden" und all das geblieben. Gut, vielleicht war das einfach vergebliche Liebesmühe. Ich lächelte in mich hinein. Das würde heute einfach ein guter Samstag werden, ich spürte es einfach.

"Na, amüsierst du dich auch gut?", fragte Jamie geradezu verbittert, der sich mit einer gerade mit außergewöhnlicher Aggressivität Butter auf ein Brot strich. Sein Gesichtsausdruck war neutral, und auch in seinen tiefbraunen Augen waren keine Emotionen zu erkennen, aber trotzdem wirkte er verkrampft. Was war denn mit ihm schon wieder los? War er etwa eifersüchtig auf Thomas?

Ich überlegte kurz, dann beschloss ich aber, das Thema lieber nicht anzusprechen. Stattdessen konzentrierte ich mich auf mein eigenes Essen, und hörte lieber den anderen zu, die an meinem Tisch saßen - Lou und Maja. Anscheinend war Simon schon wieder - oder besser noch immer - abwechselnd unnahbar und anhänglich, was seiner Freundin ununterbrochen Sorgen bereitet. Meiner Meinung nach sollte der auch endlich einmal seinen Mut zusammennehmen und seine Prioritäten klären. Wenn er nicht mehr wollte, dann musste er doch einfach nur Schluss machen. Oder?

Aber anscheinend hatte Simon weder den Mut Schluss zu machen, noch die Motivation, die Beziehung zu kitten. Ich nahm mir vor, bei Gelegenheit mit ihm, oder besser noch, mit Lou darüber zu reden. Es war Maja gegenüber einfach nicht fair, dass er sie so hängen ließ.


*+*+*


Einige Stunden später war ich dabei, mein Outfit für den Abend zu planen. Ich hatte mir meine Haare frisch gewaschen und ein wenig Makup aufgetragen, nur dezent, ein bisschen Wimperntusche und Lidschatten, und jetzt wühlte ich ratlos in meinem Schrank. Ich hatte überhaupt nichts, das man auf ein Date anziehen konnte! Nichts! In meiner Not hätte ich ja eines der schwarzen, kurzen Kleider probiert, die mir meine alten Freundinnen als Abschiedsgeschenk beschert hatten, aber da mich Thomas dagegen gewarnt hatte, blieb mir wohl nichts anderes übrig, als nach einer anderen Alternative zu suchen.

Verzweifelt ließ ich mich auf mein Bett plumpsen und verschloss die Augen. In Momenten wie diesen vermisste ich Lou am meisten. Warum mussten wir ausgerechnet einen Zimmertausch machen? Es gab doch sicher andere Möglichkeiten, die Zusammenarbeit unter den Schülern der Akademy zu stärken! Aber nein, das war ja "traditionell", und jetzt musst ich dafür büßen.

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