39. Das Date

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Thomas wartete vor der Tür, und für einen Moment konnte ich nichts tun, als ihn atemlos anzulächeln. Er trug eine simples weißes T-shirt, unter dem sich seine Muskeln deutlich abzeichneten, dunkle Jeans und eine schwarze Lederjacke. Eigentlich kein ungewöhnlicher Look, doch ich konnte mich einfach nicht von seinem Anblick losreißen. Sein blondes Haar war gestylt, und sein aristokratisch anmutendes Gesicht mit den spitzen Zügen und den hohen Wangenknochen war makellos wie eh und je. Ich konnte nicht verhindern, dass mir die Röte in die Wangen schoss, bei dem Gedanken, dass er wirklich mein Freund war. Es erschien mir wie ein Wunder, und das warme Gefühl, dass sich in meiner Magengegend  ausbreitet lies mir die Aussicht auf die nächsten Stunden wie ein Traum erscheinen.

"Hey Ani", meinte Thomas, lächelnd. "Du siehst gut aus. Können wir los?".

Es war geradezu perfekt.


*+*+*


Fünfzehn Minuten später hatten wir das gesamte Schulgelänge durchquert und am äußersten Ende der Mauer angelangt, die die Badboy Academy von der Außenwelt abgrenzte. Es war schon dunkel, und ein kühler Wind wehte, aber die Tatsache, dass Thomas meine Hand hielt und wir allein durch die Dämmerung schlenderten hielt mich warm. Die Granzmauer ragte vor uns auf, vielleicht zwei Meter hoch, schwach beleuchtet von den kleinen Laternen, die in regelmäßigen Abständen an Wegen und auch entlang der Mauer angebracht worden waren, aus massiven Backsteinen errichtet. Irgendwo zwischen den Bäumen raschelte es, und ich blickte mich nervös um.

"Du, Thomas. Was machen wir hier?", fragte ich ihn. Er grinste, beinahe schelmisch. Er wirgt so vergnügt, wie ich ihn schon länger nicht mehr erlebt hatte. "Wir klettern über die Mauer. Und dann können wir unsere neugewonnene Freiheit in vollen Zügen genießen." Als er meinen zweifelnden Blick sah, schenkte er mir ein sanftes Lächeln: "Keine Sorge, das ist Gang und Gebe. Eigentlich ungewöhnlich, dass wir noch niemanden anderen gesehen haben, der auch hier vorbei wollte."

"Aber wie soll ich da hinüber kommen? Ich meine, du schaffst das bestimmt mit Leichtigkeit... ich hingegen...", gab ich zu bedenken. Die Mauer war doch ziemlich hoch, und ich war keineswegs ein Klettertalent.

Thomas sah mir für einen Moment ernst in die Augen: "Vertraust du mir?", fragte er ruhig. Ich schluckte, dann nickte ich. Natürlich vertraute ich ihm. Wenn ich bei ihm war, dann fühlte ich mich sicher, geborgen. Er war eine der besten Personen die ich kannte, und ich konnte mich glücklich schätzen, dass - weiter kam ich mit meinen Gedanken nicht, denn Thomas hatte seine Hände um meine Hüften gelegt, und mich mit Schwung in die Höhe gehieft, sodass ich plötzlich und volkommen unerwartet auf der Oberkante der Mauer saß. Ein erschrockener, halblauter Schrei entfuhr mir und ich hätte beinahe wieder das Gleichgewicht verloren. Mein Freund hielt immer noch meine Hände fest, und ich erwischte mich dabei, wie ich mich ein bisschen weiter nach vorne lehte, um dieses Gefühl der Sicherheit noch deutlicher zu spüren.

"Alles klar da oben?", fragte er mich. Ich nickte, und dann mit einem einzelnen, gewandten Sprung und einer fließenden, akrobatisch anmutenden Bewegung, überwandt er die Mauer und landete er geschickt auf der anderen Seite, als würde er das jeden Tag tun. Ich sah über die Schulter zu ihm herunter. "Wow, wie hast du das gemacht?", brachte ich nur heraus. "Parkour", antwortet er. "Ich hab vor Jahren mal ein Sommercamp gemacht. Ist eigentlich garnicht so schwer. Kommst du da allein runter?"

Ich zögerte, dann vertrieb ich meine Unsicherheit. So hoch war die Mauer nun wieder auch nicht. Ich drückte mich ein wenig ungeschickt mit den Händen weg, und landete ich auch schon auf dem Boden, federte mit meinen Beinen den Sprung ab, und schwankte kurz, während ich mein Gleichgewicht wieder fand. Im Stillen dankte ich Valentin für die Stiefletten, die er ausgesucht hatte - hohe Absätze wären definitiv nicht förderlich für diese Klettermanöver geswesen. Oder hatte er geahnt, was auf mich zu kam?

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