54. Morgengrauen

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Als ich die Augen aufschlug, fühlte ich mich schrecklich. Wieder einmal. Ich hatte nun schon die zweite Nacht auf Majas Couch verbracht, und mein Rücken protestierte, als ich mich aufsetzte. Fantastisch. Heute war Montag, und das bedeutete, dass ich zurück in das Zimmer musste, das ich die letzten beiden Wochen mit Valentin geteilt hatte. Beim Gedanken daran flatterte es in meinem Magen gewaltig, und ich unterdrückte das Bedürfnis, mir einfach die Decke über den Kopf zu ziehen und die Welt mit all ihren Problemen zu ignorieren. So hatte ich allerdings schon den ganzen Sonntag verbracht, mit jeder Menge Cookies, flauschigen Kissen und ein oder zwei Staffeln Teen Wolf. Heute würde ich nicht so einfach davonkommen. Wenigstens waren Herbstferien, und ich musste nicht auch noch zur Schule. Latein und Mathe konnten mir momentan echt gestohlen bleiben. Ich hatte andere Probleme.

"Guten Morgen", murmelte Stefan, Majas Zimmerkollege, der soeben aus dem Bad kam. Ich erwiederte seinen Gruß, und beeilte mich, mich ebenfalls fertigzumachen. Maja hatte mir ein paar von ihren Klamotten geborgt, sodass ich mich frisch machen konnte, aber trotzdem konnte ich mich nicht mehr lange hier verstecken. Wir hatten nur bis 9 Uhr Zeit, unsere neuen Zimmer für den zweiten Teil der Zimmertausch-Aktion zu beziehen. Ich konnte also nicht ewig bei Maja bleiben. Zu allem Überfluss musste ich in den dritten Stock, und noch dazu in den gelben Flügel, der am anderen Ende des Gebäudes lag. Fantastisch. Ich hoffte nur, dass ich nicht mit einem Idioten ins Zimmer musste, ich hatte schon genug Probleme, da konnte ich den extra-Stress wirklich nicht gebrauchen.

Maja hatte sich gestern auch nicht von der Couch bewegt, und ich war mir ziemlich sicher, dass sie keine Ahnung hatte, was Simon gerade tat. Zwischen den beiden herrschte Funkstille - wieder einmal. Ich suchte meine Sachen zusammen und dann verabschiedetet ich mich, um mein eigenes Zimmer aufzusuchen, und meine Koffer zu packen. 


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Wenig später trug ich meine Sachen die Stufen in den dritten Stock hinauf, und fluchte leise vor mich hin. Ich musste alle paar Schritte eine Pause machen, um nach Luft zu schnappen. Warum zum Teufel hatte ich nur gedacht, dass es eine gute Idee war, alles auf einmal zu nehmen? Richtig, um nur ja nicht Valentin zu begegnen. Schon bei dem Gedanken daran, wie seltsam die Dinge zwischen uns sein würden, jetzt, wo ich wusste, dass er mich mochte, und mehr als nur Freundschaft wollte, zog sich alles in mir zusammen. Hätten wir uns überhaupt noch irgendetwas zu sagen? Es tat mir seltsam weh, an die letzten zwei Wochen zu denken, in denen ich ihn nach und nach zu schätzen gelernt hatte. Jetzt gerade hatte ich andere Probleme: und zwar die unendlichen Stufen der Badboy Academy. Mittlerweile schien der Gedanke an Valentin, ja sogar Thomas Betrug, fast angenehm, im Vergleich zu der Tortur, die ich mir hier selbst antat. Ehrlich, es war eigentlich ein Wunder, dass ich es überhaupt so weit geschafft hatte. Ich hatte mein Schulzeug in einer Tasche, meinen Koffer, der wahrscheinlich so viel wog wie ich selbst, und dann noch meine Sporttasche, die ich mit den Sachen vollgestopft hatte, die nicht mehr in den Koffer gepasst hatten.

"Hey, Ani!", rief Jenny, die mir soeben treppab entgegen kam. Sie war ohne Gepäck unterwegs, trug ein enges schwarzes Kleid, eine gleichfarbige Lederjacke und hatte ihr kurzes braunes Haar im Nacken zu einem neckischen Zopf zusammengebunden. Wahrscheinlich war sie schon fertig mit ihrem Umzug, und würde nun frühstücken gehen. Beim Gedanken daran knurrte mein Magen - ich hatte noch nichts gegessen, und wenn ich in diesem Tempo weitermacht, dann würde es auch dabei bleiben.

"Hi", murmelte ich. Seit der Halloween-Party war Jenny wieder nett zu mir - warum, das war mir selbst ein Rätsel. Sie lächelte mich an, musterte mich und meinte dann: "Sag, soll ich dir tragen helfen? Das sieht schwer aus."

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