12. Die zweite Aufgabe

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Nachdem sich Jamie von Jenny beim Abschminken helfen hatte lassen und die beiden sich angeregt über die nächste Aufgabe unterhielten und ich mich mit meinem Handy beschäftigte, meinte meine Freundin nach einem kurzen Blick auf die Uhr: "Wir sollten langsam zum Mittagessen gehen, das hat schon angefangen!"

Gesagt, getan, und so standen wir, um vielleicht eine Viertelstunde zu spät im Speisesaal, der fürchterlich voll war. Wir standen mehr oder weniger unschlüssig herum, und ich wollte gerade vorschlagen, dass wir uns aufteilen sollten - ich wollte Jamie im Moment sowieso nicht mehr sehen, vor allem, solange ihm Jenny unaufhörlich schöne Augen machte - als sie mir plötzlich einen entschuldigenden Blick zuwarf und dann zu Jamie sagte: "Schau, da hinten ist noch ein kleiner Tisch, da werden wir schon hinpassen", und ihn mit einem weiteren beschwörenden Wink in meine Richtung zu besagten Plätzen zu bugsieren. 

Es war ein kleiner Tisch mit nur zwei Stühlen, den man in eine Nische gestellt hatte, wahrscheinlich, weil dort kein größerer hingepasst hatte, perfekt für ein relativ ungestörtes Mahl zu zweit. "Na toll", murmelte ich, denn nun stand ich ganz allein da. Tolle Freundin hatte ich mir da ausgesucht, wirklich, mich einfach so stehen zu lassen, wegen eines Typen. Aber gut, Jenny stand eben ziemlich auf Jamie, es war irgendwie zu erwarten gewesen, dass sie jede Gelegenheit nutzen würde, mit ihm allein zu sein - notfalls auch auf meine Kosten.

Die Tatsache, dass wir alle in einem Raum waren, nutzte die Leitung der Schülerkommitees für die Ankündigung der nächsten Aufgabe. Ein asiatisch anmutendes Mädchen mit kinnlangen schwarzen Haaren, das ich zuvor noch nie gesehen hatte, verkündete, dass es ein Wettkampf gegen die Zeit werden würde -  diejenigen die am kürzesten brauchen würden, würden diese Runde gewinnen. Innerlich stöhnte ich auf, ich hasste Wettläufe jeder Art, und in allen Dingen, bei denen es um Schnelligkeit ging, war ich ziemlich nutzlos - vor allem was Sport betraf. 

Mit meinem Pech stellte sich heraus, dass wir eine Lauf- und eine Radstrecke zurücklegen müssten - so schnell wie möglich, aber als Team, das heißt, zu zweit: zwei würden zusammen laufen, und dann an die zwei anderen Gruppenmitglieder übergeben, die radfahrend das Ziel erreichen sollten. Ich war erledigt. 

*+*+*


Nach dem Essen trafen Thomas, Paul, Nico und ich uns, um unsere Strategie und unsere Einteilung zu besprechen. Die Jungs diskutierten eine Weile, wer wo am schnellsten sein würde und waren eigentlich ziemlich motiviert. Ehrlich, sie taten mir leid dass sie ausgerechnet mit mir in einem Team waren, ich war ja wirklich wie ein Klotz am Bein!

Schließlich bemerkte Thomas, dass ich mich nicht am Gespräch beteiligte und fragte mich, ob alles in Ordnung sei.

"Natürlich, bis auf die Tatsache, dass ich absolut schlecht in Sport bin, wir diesen Wettkampf ohnehin verlieren würden und meine derzeit beste (und einzige) Freundin auf einen Typen stand, der zwar echt gut aussah aber irgendwie chraktermäßig eine chaotische Ansammlung von absoluten Gegensätzen ist", dachte ich mir mit sarkastischem Unterton, aber antworten tat ich lieber mit einem nicht sehr überzeugten "Klar, alles okay." 

Er sah mich aus seinen graublauen Augen seltsam an, sagte aber nichts weiter dazu, denn die anderen beiden Jungs nahmen ihn mit ihren Diskussionen in Beschlag. Abwesend beobachtete ich Thomas, wie er sich eine Strähne seines blonden Haars aus seiner Stirn strich und ein leichtes, überhebliches Lächeln um seine Lippen spielte. Er wirkte wie jemand, der sich aus purer Langeweile auf ein Gespräch mit einem Grundschüler einlässt und sich aber die ganze Zeit über bewusst ist, dass das eigentlich  weit unter seinem Niveau und seinen Kapazitäten liegt. 

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