7. Ein ganz normaler Schultag

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Natürlich schafften es Jenny und ich nicht, pünktlich zum Unterricht zu kommen, obwohl wir gerannt waren. Glücklicherweise schien es unser Lehrer auch nicht gerade eilig zu haben, mit dem Unterrichten anzufangen, denn er war noch nicht einmal im Klassenzimmer. 

Als wir den Nachmittagsunterricht hinter uns gebracht hatten, verbrachten wir einige Zeit im Aufenthaltsraum unter dem Dach, in dem ich auch schon am ersten Tag gewesen war. Wir setzten uns an einen der Tische in der Nähe des riesigen Fensters, das die gesamte Rückwand des weitläufigen Zimmers einnahm. Dort erledigten wir unsere Hausaufgaben zusammen, wobei das natürlich nicht besonders lange funktionierte, denn schon nach kürzester Zeit waren wir total abgeschweift. 

"Und du bist dir ganz sicher, dass du nichts von Jamie willst, ich meine, du warst zuerst da und so, alsooooo?", fragte Jenny mit einem heimtückischen Grinsen im Gesicht. "Weil sonst werd' ich ihn mir angeln, wart's nur ab!", fügte sie hinzu. Ich konnte nur den Kopf schütteln, ehrlich, ich war mir ziemlich sicher, dass sie niemals den Mut aufbringen würde, Jamie um ein Date zu fragen, auch wenn ich all meinen "Rechten" entsagte. 

Da ich nichts dazu sagte und sie deswegen das Thema nicht ausweiten konnte, begann sie, mir etwas anderes zu erzählen. "Stell dir vor, während wir heute Volleyball gespielt haben, hat mir Jamie erzählt, dass es Tradition ist, dass es für die neuen Schüler ein Kennenlernwochenende gibt, das vom Schülerkommitee organisiert wird. Jamie weiß das nur weil er nämlich letztes Jahr durchgefallen ist, in Mathe und Latein gleich, deswegen weiß er das schon. Ist das nicht super? Generell soll es eigentlich eine Überraschung für uns Erstklässler sein, und deswegen wird das offiziell erst am Donnerstag Abend verkündet, sodass nur noch ganz wenig Zeit zum Packen bleibt und dann gehts schon los! Ich sag dir, ich bin schon so gespannt was wir alles erleben werden!". Mit funkelnden Augen strahlte Jenny mich an, ihre Stimme hatte sie die ganze Zeit verschwörerisch gesenkt. 

Unwillkürlich lächelte ich zurück. "Oh, das klingt toll! Stimmt, das wird sicher super!", meinte ich fröhlich. Ich hatte zwar schon von Lou von dem geplanten Wochenende erfahren, aber da ich ihr versprochen hatte, nichts zu sagen, verriet ich auch Jenny nichts. Dass Jamie die Klasse wiederholte überraschte mich nicht, er war irgendwie der Typ dafür.

"Um noch einmal auf Jamie zurückzukommen...", wechselte meine Freundin geschickt das Thema. "Jenny!", stöhnte ich "Ich will nicht mehr darüber reden, wie wäre es, wenn du dich lieber mit dem Mathebeispiel beschäftigst, das wir schon seit zehn Minuten ahnungslos anstarren?". Doch sie ließ sich nicht beirren. "Aha, also gibt es etwas, über das man reden könnte! Ani, du kannst mir alles erzählen, keine Sorge ich sag' nichts weiter, versprochen!", flötete Jenny. 

Ich zögerte. Sollte ich sie ins Vertrauen ziehen? Sollte ich ihr von Jamies Kuss erzählen? Ich atmete tief durch. Warum eigentlich nicht, es war ja schließlich nicht so als wäre es ein großes Geheimnis, und außerdem glaubte ich ihr, dass sie nicht tratschen würde. "Also, Jenny, es gibt da irgendwie schon etwas, dass ich dir erzählen könnte...", druckste ich ein bisschen herum. Meine Freundin machte große Augen, und ich sah wie sie den Mund öffnete, um irgendetwas zu sagen - wahrscheinlich etwas ähnliches wie "Ich habs gewusst, ich hatte Recht!" - und sich dann in letzter Sekunde jede Bemerkung verkniff und nur eine auffordernde Bewegung machte. 

Noch bevor ich etwas sagen konnte, wurde die Tür so kraftvoll aufgestoßen, dass sie mit einem lauten, dumpfen Geräusch gegen den Türstopper stieß, mit Schwung wieder zurückprallte und krachend ins Schloss fiel. Maja und Lou, meine Zimmergenossin, betraten im Laufschritt das Zimmer. Maja war vollkommen aufgelöst. Ihr rotes Haar war zerwühlt und ihr Make-up durch ihre Tränen und den Versuch, diese wegzuwischen, vollkommen verschmiert. Dadurch, dass der Tisch, an dem ich und Jenny saßen, vom Eingang nicht zu sehen war, weil er von den Bücherregalen verstellt wurde, glaubten die beiden älteren Mädchen wahrscheinlich, dass sie allein waren. 

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