57. Wir müssen reden

638 31 5
                                    


Als ich aufwachte war es schon taghell im Zimmer, und ich blinzelte geblendet, bevor ich mich aufsetzte. Simon schnarchte leise vor sich hin, und schien noch tief und fest zu schlafen. Orientierungslos schaute ich mich um. Einige Polster und die Decken aus dem Wohnzimmer waren auf dem Boden zwischen unseren Betten ausgebreitet, und die Popcornreste, die über allem ausgebreitet waren taten gemeinsam mit den beiden leeren Cola-Flaschen ihr übriges, um das Chaos zu vervielfältigen. Mein Koffer stand immer noch unangetastet vor meinem Kasten, und ich hatte auch keine große Lust, ihn auszupacken - bald konnte ich sowieso zurück in mein ursprüngliches Zimmer, da zahlte sich das nicht einmal wirklich aus.

Simon und ich hatten gestern abend noch beschlossen, American Football zu schauen, die Montag Abend Partie. Nur blöd, dass das tatsächlich eher ein Dienstag-Früh-Spiel geworden war, schließlich hatte der Spaß um 1:45 morgens angefangen, und wir waren erst gegen fünf ins Bett gekommen. Naja, es waren Ferien, da war es nicht so wichtig, wann man schlafen ging. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es schon Nachmittag war. Ich musste grinsen. Es war schon ewig her, dass ich ein ganzes Football-Spiel gesehen hatte, und ich hatte ungefähr alle Regeln vergessen, die man hätte wissen müssen, um zu verstehen, was da genau vor sich ging, aber es war trotzdem total lustig gewesen, vor allem, da sich Simon super auskannte.

Unter meine Decke gekuschelt sah ich die Nachrichten durch, die ich bekommen hatte, bevor ich aufgewacht war, und sofort war meine gute Laune wie verfolgen. Thomas hatte mir geschrieben.


Ani, ich glaube wir müssen reden. Heute Nachmittag um 3, bei der Brücke im Park?


"Oh, jetzt glaubt er, dass wir reden müssen? Jetzt? Ehrlich, wir hätten schon viel früher klären sollen, was da los ist. Vielleicht, bevor er sich an jemand anderes ranwirft und ihm die Zunge in den Hals steckt", dachte ich ärgerlich. Schnell antwortete ich ihm, dass ich da sein würde. Ich wollte diese ganze Kathastrophe von einer Beziehung einfach nur noch hinter mir haben.


*+*+*+*


Es war November, und es regnete in Strömen. Das hieß, dass es nicht nur eisig kalt war, sondern alles auch noch schlammig und damit rutschig war. Ich hatte meine wärmsten Stiefel und meine veillchenblaue Regenjacke angezogen, die mir bis zur Hälfte der Oberschenkel reichte, damit ich nicht so nass werden würde. Ich kam nur langsam vorwärts, weil ich achtgeben musste, dass ich nicht das Gleichgewicht verlor. Es war keine Menschenseele freiwillig bei diesem Wetter auf dem Gelände, also würde mich niemand fallen sehen, aber bei meinem Glück landete ich bestimmt in einer Schlammlache, und das wollte ich unbedingt vermeiden. Der Tag heute war schon schlimm genug.

Ich trottete langsam an den Sportplätzen vorbei und wanderte durch den Park, der sich im Regen in eine einzige riesige Tropfsteinhöhle verwandelt hatte. Schließlich erreichte ich den kleinen, malerischen See, über den sich die hölzerne Brücke spannte, die Thomas mir gezeigt hatte. Es kam mir so vor, als wäre das ewig her, aber eigentlich waren es nur ein paar Wochen.

Thomas wartete bereits, die schwarze Kapuze seines Mantels tief ins Gesicht gezogen. Wie lange er da wohl schon stand? Ich hatte direkt ein schlechtes Gewissen, aber irgendwie hatte er es auch verdient. Die Planken der Brücke waren glitschig, und ich hielt mich am Geländer fest, um nicht jetzt erst recht auszurutschen, nachdem ich den ganzen Weg unversehrt überstanden hatte.

"Hey, Ani", begrüßte er mich vorsichtig. Er sah gut aus, glücklich, nicht wie ich mir vorgestellt hatte, dass man aussieht, wenn man mit jemandem Schluss macht, den man betrogen hat. Ich hatte mir zumindest Augenringe und Schuldgefühle erwartete, aber Thomas war so cool wie immer, ganz der Eisprinz, den Nichts aus der Ruhe brachte. Irgendwie machte mich das noch wütender.

Badboy AcademyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt