4. Zwischen Büchern und Badboys

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Die Bibliothek war eine seltsame Mischung zwischen alt und neu. Großflächige, moderne Fenster und alte Regale aus dunklem Holz, Metall-Plastik-Tische und antik anmutende Säulen und Bögen, die die Bibliothek in einen Sitzbereich und einen Buchbereich trennten. Es war eine seltsame Mischung, hell und dunkel, alt und neu, glänzend und matt, sehr gegenteilig und trotzdem harmonisch in Farbe und Form. Sie war dunkel und geheimnisvoll, als wären alle Geheimnisse dieser Welt zwischen ihren hoch aufragenden Regalen versteckt, und dort, wo das Licht durch die Fenster fiel und den Raum hinter ihnen flutete, offenbarten sich die klaren, neuen Linien, das alte Wissen blieb unberührt.

Während ich auf Jamie wartete, las ich über den Ausspruch, unser Schulmotto, der anscheinend Teil einer längeren Aussage war: 

Bella gerant alii, tu felix Austria nube. Nam quae Mars aliis, dat tibi diva Venus.

Es wurde zwar lang und breit über einen vergessenen Kaiser berichtet, der das angeblich über seine Politik gesagt haben soll, aber mehr war auch nicht zu holen. Ein wenig frustriert - war schließlich nicht der erste vergebliche Versuch, etwas Brauchbares zu finden - klappte ich das Buch zu. In diesem Moment kam Jamie zur Tür herein, einen Rucksack über eine Schulter geworfen und generell umwerfend. Er sah sich suchend um, erblickte mich und kam dann schnell zu meinem Tisch herüber, so, als hätte er es eilig. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen.


*+*+*


Mit Jamies Hilfe und einem Lateinwörterbuch gelang es uns dann, den Spruch zu übersetzen. Unser Schulmotto hieß also: Denn was Mars den anderen, gab dir die göttliche Venus. Das machte natürlich so gut wie keinen Sinn. Großartig. Jamie hatte genau so wie ich leider keine Ahnung, und so brüteten wir weiter über historischen Büchern und dämlichen Lateinfiebeln, ohne der Lösung einen Schritt näher zu kommen. 

Trotz der Tatsache, dass wir so gut wie nichts weitergebracht hatten, hatte ich eine Menge Spaß mit Jamie. Er brachte mich zum Lachen und war charmant wie immer, auch wenn ich es nicht unbedingt flirten nennen wollte, er hatte etwas an sich, das mir warm ums Herz werden ließ. Egal wie kitschig sich das anhörte. Wie beiläufig fragte ich mich, ob das wohl bei Jenny als ein Date zählen würde. Wir waren zu zweit allein an einem quasi öffentlichem Raum und eigentlich... nunja, nicht dass ich viel Erfahrung hatte, aber es fühlte sich irgendwie schon so an.

Gerade kam Jamie mit einem weiteren dicken Buch zurück, das wahrscheinlich seit Jahrzehnten keiner angesehen hatte. Wie beiläufig lehnte er sich über meine Schulter und schaute mir zu, wie ich eine Passage aus einem der anderen Bücher abschrieb. Ich konnte seinen Atem an meiner Wange spüren, und plötzlich war mir seine Nähe geradezu aufdringlich bewusst. Er sagte etwas, aber ich hörte nicht hin, konnte mich nicht darauf konzentrieren, was. Hoffentlich war es keine Frage, denn ich hatte keine Ahnung, was ich hätte antworten sollen.

Meine Wangen glühten, und ich konnte mir vorstellen, dass ich aussehen musste wie eine Tomate. Jamie trat zurück und ließ sich lässig auf den Sessel  fallen, so nah, dass sein Bein wie zufällig meines unter dem Tisch streifte. Wieder lächelte er dieses umwerfende schelmisch-schiefe Lächeln. Und wir waren immer noch alleine in dieser großen, leeren Bibliothek zwischen Licht und Schatten. 

Jamie sah mir in die Augen, tief, und Stille senkte sich über uns. Es war eine seltsame Lautlosigkeit, irgendwie prickelnd und intensiv, beinahe intim, und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Verlegen richtete ich meine Aufmerksamkeit auf die aufgeschlagenen Bücher vor mir, aber ich spürte seinen Blick immer noch auf mir, es war nicht unangenehm, aber doch irgendwie beunruhigend. Noch immer sagte keiner von uns beiden ein Wort.

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