Diagnosen

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Stille. Ich hörte nur das Tippen der Schwester in ihren uralten Computer mit der grau gelben Tastatur. Als sie irgendwann fertig war, sah sie mich mit einem komischen Blick an. ,,Wir müssen Sie wiegen, messen und Ihnen Blut abnehmen okay?'' Ich nickte stumm. Zitternd ging ich auf die Waage zu. Ich sah die Zahl einfach nicht an, aus Angst wahrscheinlich. Sie sprach die Zahl aus, aber sie hat das so leise gesagt dass ich sie nicht gehört hatte. Zum Glück. Dann miss sie mich. Schließlich ging sie einen Moment aus dem Zimmer und kam dann mit einer Spritze wieder. Ich hasste diese Dinger. Aber ich konnte nichts machen, sie mussten mir ja Blut abnehmen. Also sah ich zu wie die Nadel sich langsam meinem Arm näherte. ,, Schauen Sie weg wenn Sie das nicht sehen können.'' Ich beachtete die Schwester nicht. Ich beobachtete stattdessen die Nadel die langsam in meinen Arm versank. Ein kurzes piksen und die Kanüle füllte sich mit dunklem Blut. Dann verschwand die Schwester lautlos in ein anderes Zimmer.

Ich wartete lange bis endlich jemand kam. Kurz dachte ich schon, ich müsste einfach wieder in mein Zimmer aber ich wusste den Weg nicht bis dahin. 2 Pfleger brachten mich vorher raus aus der E1. Ich hatte keinen Plan wo ich bin und alleine rumlaufen darf ich ja nicht. Ich bin ja ne Irre und somit unberechenbar. Nach einer Zeit kam dann doch so eine Psychologin. ,, Hallo. Ich bin die Frau Kiefer. Hier ist ein Fragebogen. Denn solltest du jetzt bitte ausfüllen, ich warte solange. '' Sie gab mir 3 bedruckte Blätter. Dann ging sie auf den Sessel in der Ecke des Raumes zu und trank ihren Kaffee. Sie beachtete mich nicht mehr großartig. Also laß ich mir die Fragen durch. Ich dachte, jetzt kommen so voll die normalen Fragen aber ich sah schon auf dem ersten Blick dass es sicher lustig wird. Beim Lesen musste ich schon fast anfangen zu lachen. Es waren Fragen wie: ,, Haben Sie Freunde?'' Ich kreuzte mit ja an. ,, Sind es mehr als 2?'' Ja. ,,Haben Sie Angst vor Tieren?'' Ehm nein. ,, Finden Sie sich dick?'' Achwas. ,, Sind Sie öfters traurig?'' Ja. ,,Haben Sie das Gefühl jemand ließt Ihre Gedanken?'' Nein. ,,Haben Sie das Gefühl Sie werden fremdgesteuert? Etwa wie eine Marionette?'' Bei der Frage habe ich wirklich gezweifelt. Ich ließ sie einfach aus. ,,Haben Sie sich öfters vorgestellt wie es wäre, jemanden schwer zu verletzen oder gar umzubringen? Wenn ja, wie genau?'' Wenn ich mit Ja antworte komm ich hier nie wieder raus haha. Also Nein. ,,Hören sie Stimmen?'' Ja, verdammt. ,,Sehen sie Dinge, die nicht real sind?'' Ja. ,,Ist Ihnen oft schwindelig?'' Ja. ,, Haben Sie das Gefühl sie werden nicht akzeptiert?'' Vielleicht. ,, Haben Sie Selbstmordgedanken? '' Ich legte den Stift weg. Das waren mir zu viele Fragen und ich war ja nicht mal bei der Hälfte. Wieder sah ich aus das Blatt. ,, Fällt es Ihnen schwer Entscheidungen zu treffen?'' Und wie. ,,Geben die Stimmen (wenn vorhanden) Befehle?'' Oh ja. ,, Erscheinen Ihnen die Personen und Gegenstände der Umgebung unwirklich?'' Ja. ,,Haben Sie öfters das Gefühl sie werden Beobachtet?'' Keine Ahnung. ,,Haben sie dass Gefühl sie werden verfolgt?'' Ich ließ die Frage aus. ,,Haben Sie es sehr schwer , Menschen zu vertrauen?'' Natürlich. Nicht umsonst. ,,Sind sie öfters Aggressiv?'' Nein, eher nicht. ,, Erinnern Sie sich manchmal nur schematisch oder gar nicht mehr an ein Gespräch oder an eine Handlung ?'' Ja. Scheiße. ,,Erinnern Sie sich gut an ihr früheres Leben?'' Wie wärs mit gar nicht? ,,Verletzen Sie sich selber?'' Ich ließ die Frage wieder aus. 10000 Fragen und alles auf einmal. Ich gab das Blatt einfach ab. Sie laß sich alles durch. ,,Hmm'', sagte sie. ,, Stimmen also? Wieviele?'' ,,Viele.'' ,, Männlich? Weiblich? '' ,,Nur weibliche.'' Sie schrieb sich alles auf. Vielleicht war das ein Fehler ihr einfach alles zu sagen, aber ich wollte unbedingt wissen was Sache ist. ,, Sie haben viel ausgelassen. Wenn sie nicht alles beantworten kann man Ihnen nicht wirklich helfen. Aber ich sehe schon viele Anzeichen auf eine mittlere bis schwere Depression. '' Ich nickte. Ich und Depressionen? Niemals. Trotzdem immer schön nicken und nicht ausrasten. ,, Was für Befehle geben die Stimmen ?'' Ich schwieg. ,,Haben sie manchmal das Gefühl nicht Sie selbst zu sein.'' Ich nickte. Ich weiß nicht aber bei der Frage kamen mir fast die Tränen. Ich erkannte mich manchmal gar nicht mehr im Spiegel wieder. Es ist als wär ich jeden Tag jemand anderes. ,, Ich habe hier ein paar Notizen über dich . Die ganze Zeit die Sie hier verbracht haben, haben alle dein Verhalten beobachtet und ich muss sagen, es könnte eine psychische Krankheit vorliegen.'' ,,Die wäre?'', fragte ich unsicher. ,, Multiple Persönlichkeitsstörung. Sie, oder darf ich du sagen - hast mehrere Symptome gezeigt. Und wenn dieser Fragebogen wirklich ehrlich ausgefüllt wurde, würde ich nicht mehr dran zweifeln.'' Ich wurde blass. Ich wusste nicht was das war? ,,Was ist das?'' ,,Eine dissoziative Störung ist die schwerste Form der Dissoziation. Du bildest zahlreiche Persönlichkeiten die abwechselnd die Kontrolle über dein Verhalten übernehmen. Hier hast du angekreuzt , dass die dich danach öfters nicht mehr dran erinnerst. Das ist doch richtig oder?'' ,,Ja'', sagte ich mit einer zittrigen Stimme. ,,Die Ursache kann ein Trauma sein. Erinnerst du dich wirklich nicht mehr an früher?'' Ich schüttelte den Kopf. Ich wusste nichts mehr. ,, Sehr eindeutig ist auch dass du die Folgestörungen hast. Depressionen, Selbstverletzung..'' , fing sie aufzuzählen. Ich sah auf meinen mit Bandagen bedeckten Arm. ,, Essstörungen, Suchterkrankungen, psychosomatische Körperbeschwerden..'' fuhr sie fort. Oh nein. Ich fing gleich an zu heulen. Es stimmt . Diese Frau hat Recht. ,,Alles okay?'' , fragte sie mich. ,,Nein. Sie tischen mir hier irgendeine Lüge auf. Was soll das? Sie kennen mich doch gar nicht? Warum denken Sie also ich bin psychisch krank? '' , sagte ich unzweifelhaft. Die Psychologin sah mich fassungslos an. ,, Ja da schauen Sie was? Sie wissen gar nichts also hören sie mir auf hier irgendwelche Diagnosen zu geben. '' , sagte ich respektlos. Leider. Es platze einfach raus. ,, Sie zeigen es wieder.'' , informierte sie mich. ,,Was?'', fragte ich. Ich verstand nicht. Was war denn jetzt? ,,Sie können jetzt auf ihr Zimmer.'' Ich stand auf und ging langsam raus. Was zeigte ich wieder? Diese Frau sprach in Rätseln.

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