Wie alles begann...

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Ich höre einen lauten Schrei und schrecke auf. Wer kann das gewesen sein? Vorsichtig schleiche ich raus auf den Flur. Die Wohnungstür von nebenan ist offen. Wer wohnt dort den? Wir sind erst vor kurzem eingezogen und außer der alten Dame mit dem Dackel, ein Stockwerk tiefer kenne ich noch niemanden. Ein weiterer Schrei hält mich davon ab zu klingeln. Ich komme mir vor wie in einem schlechten Krimi. Was mache ich da gerade? Ich breche in eine fremde Wohnung ein! OMG! Ich bin wohl nicht mehr ganz normal, aber das war ich noch nie.

Langsam betrete ich die Wohnung. Erst jetzt bemerke ich wie sehr meine Knie zittern. Ich sehe kaum noch etwas, weil mir die Tränen aus den Augen quellen. Ich versuche mich mit der Hand abzufangen, doch stürze ich zitternd auf den Boden. Ich breche vor den Augen einen wunderschönen Mädchens, mit langen lockigen Braunen Haaren zusammen. Sie bedeutet mir zu verschwinden und ich krieche in den nächsten Schrank. Von dort aus beobachtete ich den Mord.

Ein großer Mann, etwa 2m schlug immer wieder auf das Mäschen ein und hielt auf einmal mitten in seiner Bewegung inne, nur um ihr ins Gesicht zu spucken:

"Du bist keinen meiner Schläge wert, du miese Schlampe."

Daraufhin zieht er etwas kleines schwarzes aus seiner rechten Jackentasche und erst bei näherem hinsehen, erkenne ich die Pistole. Es ist zu spät um die Polizei zu rufen, außerdem liegt mein Handy auf meinem Nachtisch und summt dort vor sich hin. Obwohl, NEIN! Es ist ausgeschaltet. Sie werden mich nie finden, wenn mir jetzt etwas passiert.

Es fällt ein Schuss, danach folgt eine scheußliche Stille. Eilig entfernen sich Schritte vom Tatort. Ich kann sein Gesicht nicht erkennen, nur die hässliche Narbe, die seine rechte Augenbraue verziert. Lange saß ich erstarrt im Kleiderschrank. Ich konnte mich nicht bewegen, nichts tun, außer sie anstarren. Ihr wunderschönes Gesicht, dass selbst in so einem schrecklichen Moment zu einem kleinen Lächeln verzogen war.

In genau diesem Moment klingelte ihr Handy. Ich löste mich aus meiner Starre und krabbelte zitternd und weinend auf sie zu. In ihrer rechten Hand lag die Pistole und es sah schon fast so aus, als ob sie sich selbst erschossen hätte. Ihr Handy klingelte immer noch und ich nehme ab:

"Hallo?"

Niemand antwortet mir, wahrscheinlich, weil die Person am anderen Ende nicht mit mir gerechnet hat, doch das ein zigste was ich noch höre außer Rauschen und Knacken ist ein geflüstertes:

"You're the next!"

Ich weiß auch nicht, ob alle Engländer so verrückt sind, schließlich wohne ich eben erst seit ein paar Wochen hier und muss mich noch an alles gewöhnen. Aber eigentlich will ich nur noch weg. Was die wohl gemeint haben mit dem: Du wirst die nächste sein! Langsam breitet sich eine Gänsehaut auf meinem Arm aus. Bevor ich es mir anders überlegen kann rufe ich also die Polizei. Aber was will ich ihnen sagen? Niemand wird mir glauben, dass sie sich nicht selbst erschossen hat und wenn sie mir doch glauben, dann nur, weil ich der Mörder sein könnte.

"Hello, could you please come to Broadway 45. Here's a dead girl, lying on the ground."

Sofort lege ich auf, bevor sie mich noch irgendetwas anderes fragen kann. Niemand soll mich sehen, also verstecke ich mich wieder in dem Kleiderschrank. Erst als sie unten klingeln, wird mir bewusst, dass ich damit ein noch viel deutlicheres Tatmotiv hätte, also drücke ich auf den Summer und warte bis sie oben sind.

Einige Polizisten stürmen an mir vorbei und prüfen, ob das Mädchen auch wirklich tot ist. Sie ist es. Ich kann es immer noch nicht fassen. Vor meinen Augen wurde ein Mensch ermordet und ich schaffe es nicht mal meinen Mund auf zumachen und die Wahrheit zu sagen, stattdessen erzähle ich von den Schreien und dem anschließenden Schuss.

Eine Polizistin nimmt mich in die Arme und erklärt mir, dass sie mir den Termin der Trauerfeier, wenn eine stattfinden sagen wird. Sie meint, ich hätte ein Recht darauf mich von meiner Nachbarin zu verabschieden. Ein noch relativ junger und eifriger Kollege will mich gerade fragen, wo ich zu dem Todeszeitpunkt des Mädchens war, doch gerade rechtzeitig hielt ihn die nette Polizistin davon ab:

"She needs a rest."

Da hatte sie sogar recht. Als sie endlich alle gegangen waren, verzog ich mich zurück in mein Zimmer und versuchte den Kopf frei zu bekommen. Seit über einem Jahr war ich nicht mehr im Internet gewesen und deshalb nicht auf dem neusten Stand, der Charts oder ähnlichem bin.

Eigentlich wollte ich mich heute mal wieder bei twitter einloggen um zu sehen, was ich verpasst habe, doch jetzt ist alles anders. Alle meine Probleme, mit denen ich mich ein Jahr lang rumgeschlagen habe kommen wieder hoch, alles was ich versucht habe zu verdrängen.

Ich schaff das nicht mehr. Heulend breche ich neben meinem Bett zusammen. Bis spät in die Nacht weine ich und versuche die Tatsache zu ignorieren, dass mein Vatter noch nicht nach Hause gekommen ist. Ich bin verdammt noch mal allein. Ganz allein.

Mit diesem Gedanken schlafe ich unter Tränen ein. Die Schluchzer beruhigen sich und meine Augen fallen zu. Doch das erste Mal seit langem verspüre ich den alten Hass meiner Familie gegenüber. Einer Familie, die nie meine war.

Mord im Zimmer neben an ... oder, wie ich One Direction kennenlernteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt