15. Türchen 9- Training

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Für den Vormittag war eine Spielanalyse geplant, die auf die Gegner in der Gruppe taktisch vorbereiten sollte. Dies war zwar eher eine trockene Angelegenheit, doch die Spieler schafften es halbwegs sich auf die Erklärungen zu konzentrieren.

Spätestens als sie zu dem Punkt angekommen waren, bei dem sie ihre Vorschläge und Idee durchdiskutieren konnten, war zumindest jeder irgendwie beim Thema.

So verstrich die Zeit und schon war es 14:00 Uhr. Mit anderen Worten, das Mittagessen war angerichtet. Neugierig blickten die Nationalspieler auf ihre Teller, auf denen sich ein kleiner Brotlaib befand.

„Was ist das?", erkundigte sich Joshua, als Daniel mit dem restlichen Besteck rein kam.

„Zurek, kommt aus Polen", erklärte der Angestellte, ohne von seiner Tätigkeit aufzublicken.

Schnell probierten die ersten und sie musste zugebenen, das ihnen das ausländische Essen sehr schmeckte. Besonders gefiel ihnen, wie die Suppe serviert wurde. So kam es, dass das ein oder andere witzige Selfie für Instagram oder Facebook entstand.

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„Wir haben uns, nachdem es gestern zu Streitereien gekommen ist, gedacht, dass wir wieder ein Training in Richtung Teamstärke machen sollten. Ihr werdet in 2er-Teams eingeteilt. Was mit euch passiert, werdet ihr dann sehen", verkündete Jogi, der mit einem fetten Grinsen im Gesicht seine Spieler musterte.

Die Mannschaft hatte sich auf dem Trainingsplatz zusammengefunden und würde nun mit ihrem Tagesprogramm starten. Skeptisch blickten sich die einzelnen Spieler an. Eine gute Vorahnung hatte keiner so wirklich, doch sie wussten, dass sie so oder so nicht entkommen könnten – was der Trainer an Übungen machen wollte, wurde gemacht – so einfach war das.

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„Also wir haben beschlossen, nichts dem Zufall zu überlassen und euch selbst zuzuteilen", erklärte der Bundestrainer und hob einen Zettel, der wohl eine Liste war, in die Höhe. Wieder blickte die Mannschaft nicht überzeugt drein.

„Also Mario Götze und Emre, Marco und Sami, Thomas und Julian Draxler, Julian Weigl und Andre, Leroy und Erik, Manuel und Jonathan, Marc und Jerome, Mats und Christoph, Bernd und Jonas, Mario Gomez und Toni, Benedikt und Lukas, Mesut und Bastian und zu guter Letzt noch Joshua und Shkordan", las Joachim vor.

Nickend machten sich die Spieler auf zu ihren Partnern. So schnell konnten die ersten gar nicht schauen, hatten sie schon von einem der anwesenden Co-Trainer Handschellen verpasst bekommen. Schnell zog dies die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Nationalspieler auf sich. So kam es, dass jeder Spieler an seinen zugteilten Partner gekettet wurde, ohne auch nur eine Chance auf Widerstand gehabt zu haben.

„Ach ja, das hatte ich ja ganz vergessen zu erwähnen: Ihr werdet heute mit Handschellen das Training absolvieren", fügte der Jogi leicht grinsend hinzu. Die ungute Vorahnung der Mannschaft hatte sich so also bestätigt.

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„Also wir dachten, dass wir mit etwas mit etwas konzentrationsfördernden Anfangen. Zuerst werdet ihr nämlich Handschläge machen", erklärte einer der Co-Trainer und ließ seinen Blick über die Mannschaft schweifen.

Die Spieler waren bis jetzt ungewöhnlich ruhig geblieben. Sie hatten nicht wirklich etwas zu der Idee des Trainerstabs gesagt. Irgendwie wirkten sie großteils recht unbeteiligt und gedankenverloren.

„Gut, also verteilt euch etwas am Platz", ordnete der Co-Trainer an. Als diese Aufforderung durchgeführt war, fuhr er mit den Anweisungen fort. Sie begannen mit einfachen Handschlägen, die sogar das kleinste Kindergartenkind hätte nachmachen können, steigerten sich allerdings immer mehr.

„Das hat ja erstaunlich gut hingehauen, jetzt haben wir nur noch einen Handschlag", sagte Jogi, der sich alles aus der Ferne angesehen hatte. Er näherte sich mit seinem Tablet unterm Arm und begann auf diesem rum zu tippen.

„Schaut es auch erstmal an", meinte er zu seiner Mannschaft, die sich um ihn versammeln sollte. Als das geschehen war, startete er ein Video. Genauer gesagt einen bestimmten Ausschnitt des Musikvideos ‚Stressed out' von Twenty One Pilots.

„Das ist aber nicht euer Ernst, oder? Wie soll denn das mit Handschellen funktionieren?", wollte Mario Götze kopfschüttelnd wissen.

„Das werdet ihr gleich selbst herausfinden", konterte der Bundestrainer und deutete ihnen, sich wieder zu verteilen.

Schrittweisen wurden die einzelnen Bewegungen erklärt. Einige, so wie Thomas und Julian, sowie Joshua und Shkordan, hatten es schnell draußen und schaffte es bald, das Tempo zu steigern. Andere, wie beispielsweise Mario und Emre oder Lukas und Benedikt, bekamen es einfach nicht auf die Reihe und verhedderten sich immer wieder.

Bei den beiden Älteren lag das daran, dass Benedikt nicht wirklich konzentrieren konnte. Der Schalker stand nämlich genau so, dass er Mats im Blickfeld hatte. Dieser sprach gerade mit Christoph über irgendein anscheinend sehr witziges Thema und amüsierte sich dementsprechend köstlich. Benedikt kniff missbilligend die Augen zusammen und war nun voll auf die beiden fokussiert.

So bemerkte er auch nicht Lukas Hand, die sich immer näher seiner Wange näherte. Erst als er von diesem eine ordentliche Ohrfeige kassierte, wandte er sich wieder dem Mittelfeldspieler zu.

Keiner der beiden sagte etwas dazu und Benedikt verstand, was die Botschaft dieses Schlags war. Also drehte sich der Verteidiger sie etwas, sodass er seinen Freund nicht mehr so gut beobachten konnte und versuchte, sich dem Handschlag zu widmen. Während der Schalker krankhaft versuchte, sich zu konzentrieren und nicht zu Mats zu schauen, machte sich Lukas gedanklich eine Notiz, mit Bastian mal darüber zu reden.

Mario und Emre versuchten es konzentriert, jedoch wollte es irgendwie nicht klappen. Resigniert ließ sich der Ältere fallen und zog somit Emre automatisch mit sich, der auf ihm landete:

„Das wird einfach nichts. Können wir nicht einfach aufhören? Wir bekommen es einfach nicht hin"

„Und wie wir das hinbekommen werden. Komm, wir versuchen es jetzt einfach noch mal und jetzt denkst du auch von Anfang an, dass wir es können", sagte Emre eindringlich. Dabei stand er auf und zog so auch Mario auf die Beine.

Und tatsächlich, es funktionierte gleich viel besser. Der Stürmer konnte sich nicht erklären, wie das auf einmal möglich war, aber die Kleinigkeiten, die ihn vorhin noch auf die Palme gebracht hatten, hatten sich irgendwie in Luft aufgelöst. Bis auf ein paar normale Schwierigkeiten bekamen es die beiden den Handschlag hin.

Völlig außer sich vor Freude fiel Mario dem Liverpoolspieler um den Hals. So kam es, dass die beiden wieder aufeinander auf dem Boden lagen. Doch die zwei schienen es nicht wirklich zu stören, denn sie lachten wie Verrückte und ignorierten die Tatsache, dass sie gerade von ihrer ganzen Mannschaft beobachtet wurden.

EM 2016 - Das Trainingslager davorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt