1- die erste Nacht

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Beim Abendessen tauschten sich die Spieler über ihre Erlebnisse aus.

Während also Sami und Toni an ihrem Tisch reißerisch berichteten, dass sie im Dorf auf ein paar Fans getroffen hatten, vor denen sie dann geflüchtet waren, erzählte Thomas in einem Satz, dass er mit Manuel und Joshua draußen gewesen war. Emotionslos, kurz angebunden, sodass keiner nachfragen wollte beziehungsweise konnte.

Manuel fiel dies auf. Eigentlich war er davon ausgegangen, dass Thomas den Tag genau so genossen hatte, wie er und Joshua. Doch anscheinend war dies nicht der Fall gewesen. Lange grübelte der Torhüter noch darüber nach, jedoch entschloss er sich irgendwann, das Thema fallen zu lassen. Vielleicht war es einfach nicht der Tag seines besten Freund, oder etwas in der Art...

„Wir werden heute noch eine gemeinsame Gruppeaktivität machen. Und zwar werdet ihr euch gegenseitig zeichnen. Ihr dürft euch selbst aussuchen, wen ihr zeichnen wollt. Einzige Einschränkung dabei ist, dass ihr nicht mit eurem besten Freund zusammenarbeiten dürft. Wir treffen uns in einer halben Stunde im Seminarraum", verkündete der Bundestrainer. Wieder verließ er den Raum, ohne die Reaktionen seiner Mannschaft abzuwarten.

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Die halbe Stunde verging schnell. Teilweise schneller, als es einigen Spielern lieb war. So richtig begeistert war keiner von der Aufgabe. Doch die Mannschaft hatte ihr Schicksal akzeptiert und machte sie deshalb auf den Weg zum Seminarraum. Dort angekommen sahen sie schon viele einzelne Tische, auf denen Papier und verschiedene Stifte lagen, aufgestellt.

„Gut, dass ihr schon alle hier seid. Setzt euch bitte mit eurem Partner an einen der Tische. Ihr wisst ja, was zu tun ist", sagte einer der Co-Trainer.

Die Nationalspieler befolgten die Anweisungen. Und machten sich mehr oder weniger erfreut an die Arbeit. Zu Beginn war es noch recht still, da sich die Männer wirklich konzentrierten. Doch spätestens, als die ersten Gesichter Gestalt annahmen, änderte sich das.

„Man Thomas, ich bin doch keine Kuh", beschwerte sich Bastian nach einer Weile lauthals.

„Das behaupte ich doch auch nicht", entgegnete der Bayer verwirrt.

„Wieso hast du dann eine gemalt?", harkte nun der Kapitän etwas eingeschnappt nach.

„In welchem Universum ist das denn bitte eine Kuh?", wollte nun der Jüngere beleidigt wissen.

„Also in unserem auf jeden Fall", antwortete der ManUspieler ernst.

Neugierig waren einige aufgestanden, um sich selbst von dieser ‚Kuh' zu überzeugen. Viele mussten sich wirklich das Lachen verkneifen, passte dieser Vergleich ihrer Meinung nach, wie die Faust aufs Auge.

„Ach kommt schon, so schlimm ist das doch gar nicht", entgegnete der bayrische Mittelfeldspieler schnaubend.

Nun hob Bastian herausfordernd eine Augenbraue und schüttelte amüsiert den Kopf.

„Ach Leute, mobbt unseren kleinen Thommy doch nicht so, der Ärmste hat halt keine künstlerischen Fähigkeiten", mischte sich nun Mats breit grinsend ein.

„Schatz, das war jetzt aber gemein", tadelte ihn Bene.

„Manchmal schmerzt die Wahrheit einfach", entgegnete der Lockenkopf philosophisch.

Jetzt konnte selbst Thomas sein Schmunzeln nicht mehr weiter verstecken.

Im Laufe des Abends entstanden noch weitere wilde Kreationen, wobei keiner Kuh-Bastian übertrumpfen konnte. Keiner der Spieler hätte mit solch einer Entwicklung des Abends gerechnet.

„Ich denke, ihr seid nun alle fertig. Bitte gebt mir eure Zeichnungen ab. Vergesst aber nicht, euren Namen und den eures Partners auf die Rückseite zu schreiben. Jetzt möchte ich euch nur noch schnell auf die Nachtruhe hinweisen. Die beginnt um punkt elf, also in zwanzig Minuten, und dauert bis halb sieben", erklärte Joachim gähnend.

Die Spieler befolgten die Anweisungen ihres Trainers. Da der Tag trotz allem doch sehr anstrengend war, entschieden sich die Spieler sofort schlafen zu gehen. Erschöpft ließen sich viele der Spieler ins Bett fallen.

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„Ist dir auch aufgefallen, dass Thomas heute irgendwie komisch drauf war?", erkundigte sich Joshua bei seinem Zimmerkameraden.

„Naja, am Anfang dachte ich, dass er sauer auf mich ist, oder so etwas in der Art. Aber das könnte ich mir auch eingebildet haben. Jedenfalls hatte es auf mich irgendwie nicht den Eindruck, als hätte er den Tag mit uns genossen. Jedoch weiß ich nicht, wieso...", entgegnete Manuel zögerlich.

„Wieso sollte er sauer auf dich sein?", harkte der Jüngere irritiert nach. Ein Schulterzucken war die einzige Antwort, die er bekommen sollte.

„Meinst du wirklich, dass da was war?", fragte nun der Welttorhüter nachdenklich.

„Eigentlich bin ich mir sogar ganz sicher", erwiderte der ehemalige Leipziger. Doch bevor der Welttorhüter noch etwas dazu sagen konnte, machte sich Joshua auf den Weg ins Bad, um sich bettfertig zu machen.

Lange blickte Manuel seinem Vereinskollegen hinterher. Immer wieder gingen ihn dessen Gedanken durch den Kopf. Hatte Kimmich Recht? Auf diese Frage fand der Bayernkeeper keine richtige Antwort.

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Im Zimmer von Erik und Sami war es inzwischen sehr ruhig geworden. Während der Ältere nur versuchte, irgendwie einzuschlafen, war Erik noch gedanklich unterwegs. Je mehr Zeit er hier in Frankreich verbrachte, desto mehr gefiel es ihm hier.

Der Dortmunder fasste einen Entschluss: Bis zum Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Euro, würde er ein Ziel erreicht haben, das er schon lange anstrebte. Nichts stand Erik mehr im Wege, rein gar nichts.

Mit dieser Überzeugung glitt er in eine Traumwelt, in der sein Ziel schon längst real war. Am liebsten würde er diese nie wieder verlassen...

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„Was wollten Basti und Lukas vorher eigentlich von dir?", wollte Jerome neugierig von Mario wissen.

„Nicht so wichtig", antwortete der Ältere schnell. Gomez war der Meinung, dass es besser war, wenn kein ‚Außenstehender' ihren Plänen wusste.

„Bist du dir sicher? Normalerweise bedeutet es nie was Gutes, wenn die zwei gemeinsam was aushecken", sagte der Verteidiger skeptisch.

Schnell nickte der Stürmer und steckte sich seine Zahnbürste in den Mund, um weiteren Fragen zu entgehen. Misstrauisch blickte der Bayer Mario hinterher.

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So brach die erste Nacht im Trainingslager an. Noch wusste keiner, was noch alles auf sie zukommen würde. Vielleicht war das auch ganz gut so...

EM 2016 - Das Trainingslager davorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt