2- oh Thommy

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Wortlos öffnete Daniel die Tür. Die Gespräche verstummten augenblicklich. Jeder musterte die beiden mit neugierigen Blicken. Der Braunäugige ignorierte die Anwesenden einfach und zog Thomas weiter zu Jogi. Diesen nickte er stumm zu, drückte noch einmal die Hand des Bayers, bevor er sie losließ und machte sich auf den Weg zurück zur Küche.

„Ich hoffe, dir ist bewusst, dass du eine Viertelstunde zu spät bist", begann der Bundestrainer wütend.

Wortlos nickte Thomas. Die Tatsache, dass der Bayer nicht mit ihm sprach, brachte Jogi dazu, sich den Mittelfeldspieler genauer anzusehen. Dabei fielen ihm seine geröteten Augen schnell auf.

„Was ist los?", wollte er nun beunruhigt wissen. Doch es kam keine Antwort. Ein paar Versuche startete der Bundestrainer noch, bevor er beschloss, dass er sein Vorhaben nicht von Erfolg gekrönt sein würde und aufgab.

„Gehen wir", meinte er nun zu seiner Mannschaft. Es herrschte eine merkwürdige Stimmung, als sich diese in Bewegung setzte.

Allein trottete Thomas seinen Kameraden nach. In Gedanken versunken, merkte er nicht, dass sich jemanden zu ihm zurückfallen ließ. Erst als ihn dieser Jemand ansprach, registrierte er dies.

„Hallo? Thomas???" Die fragende Stimme von Manuel Neuer erklang neben ihm.

„Was ist denn?", fuhr der Mittelfeldspieler seinen Kollegen an.

„Ich wollte nur...", begann dieser leicht eingeschüchtert.

„Mir doch egal was du wolltest! Lass mich einfach in Ruhe", zischte Thomas wütend. Das ‚Geh doch einfach zu deinem Joshua' ließ er dabei weg.

Wieder setzte der Torhüter an, wurde jedoch von der Stimme Joshuas abgehalten:

„Man Manu, lass Thomas doch in Ruhe"

„Er ist mein bester Freund, da werde ich nicht einfach zuschauen, wenn es ihm schlecht geht!", protestierte Manuel.

Ohne auf die beiden zu achten, suchte sich Thomas den Weg zu Jerome. Er wusste, dieser würde keine Fragen stellen und ihn von den neugierigen Blicken ihrer Kollegen beschützen. Thomas hatte sich bislang immer auf ihn verlassen können und auch dieses Mal wurde er nicht von dem Verteidiger enttäuscht.

Er bemerkte nicht die Blicke, die ihm Manuel zuwarf, als er diesem den Rücken zugekehrt hatte.

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Das Training schien auf den ersten Blick ganz normal abzulaufen. Viele der Spieler hatte das Thema Thomas abgeharkt und fingen wieder an zu lachen und Späße während der Einheit zu machen. Doch bei genauerem Hinsehen sah man vereinzelt noch Unkonzentriertheit.

Nach der Trainingseinheit war es auch schon Zeit fürs Abendessen. Wieder hielt sich Thomas an Jerome. Gemeinsam setzten sie sich an einen Tisch mit Mesut und Sami.

Thomas bekam keinen Bissen von der Lasagne runter. Er hatte seit dem Frühstück nichts mehr gehabt, konnte aber trotzdem nichts essen. Das bekam auch Jerome mit.

„Komm schon, Thomas. Du musst was essen"

„Ich krieg nichts runter", erwiderte dieser trocken.

„Versuch es doch wenigstens", probierte es Boateng erneut.

Thomas wusste, dass er, wenn er seine Ruhe haben wollte, keinen Ausweg hatte. Deswegen spießte er einen Teil seiner Lasagne auf seine Gabel und schob sich diese in den Mund.

Jeromes Lächeln verging genauso schnell, wie es gekommen war, denn Thomas konnte den Bissen nicht im Magen behalten. Er spie es mit seinem restlichen Mageninhalt aus und sah dabei nicht mehr recht gesund aus.

„Oh Thommy", meinte Jerome verzweifelt und nahm Müller in den Arm.

„Ich geh in die Küche und frage, ob ich etwas zum Wegmachen haben kann", meinte nun Sami bevor er sich erhob.

Mit diesem Satz hatte er wieder die gesamte Aufmerksamkeit seiner Kollegen auf Thomas gelenkt.

Keine zwei Minuten später war Sami auch schon wieder zurück. Er hatte Daniel, welcher einen Eimer und ein Tuch zum Aufwischen trug, dabei. Wortlos beugte sich dieser hinunter, um die Kotze des Bayernspielers verschwinden zu lassen.

„Tut mir leid", murmelte Thomas schuldbewusst.

Nun hob dieser den Kopf und blickte den Mittelfeldspieler in die Augen.

„Muss es nicht. Ist ja nicht so schlimm", erwiderte der Braunäugige schulterzuckend.

„Ich glaube", fuhr er fort, "du solltest jetzt lieber auf dein Zimmer gehen. Wenn du willst bring' ich dir einen heißen Kakao hoch. Aber du solltest dich jetzt wirklich ausruhen, okay?"

Daraufhin nickte der Bayernprofi. Bei der Erwähnung von heißen Kakao glitzerten seine Augen etwas.

„Habt ihr heute ein Abendprogramm?", wollte Daniel vom hergeeilten Jogi wissen.

„Nichts, das man nicht verschieben könnte", erwiderte dieser. Darauf nickte der Angestellte.

„Kommst du mit nach oben?", erkundigte sich Thomas leise krächzend.

„Ich kann nachkommen, aber zuerst gehört das alles abgewaschen und für morgen vorbereitet", erklärte der Gefragte. Dafür erntete er einen traurigen Blick von Thomas.

„Ich komm so schnell wie möglich nach", meinte Daniel besänftigend. Damit schien sich Thomas fürs Erste zufrieden zu geben.

„Wir könnten dir doch helfen, dann wärst du schneller fertig", kam es nun von Khedira, der die ganze Szene beobachtet hatte.

„Gut, dann bring ich in der Zwischenzeit Thommy nach oben", kam es von Jerome.

Schon war Sami mit Mesut in der Küche verschwunden, während sich Boateng mit Thomas auf dem Weg machte.

„Warte kurz", hielt Daniel sie auf. Er drückte Boateng noch einen Kübel in die Hand, was dieser mit einem dankbaren Nicken quittierte. Daraufhin verließen die drei den Speisesaal.

Niemand bemerkte Manuel, dem die ganze Szene von vorne bis hinten nicht gefiel, bis der sich an Joshua wandte.

EM 2016 - Das Trainingslager davorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt