6- Mesut und Daniel

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Mesut entschloss sich, wirklich zu Daniel zu gehen. Fast schon schüchtern klopfte der Nationalspieler. Keine Antwort. Dies wiederholte sich noch zweimal, bis der Deutschtürke das Zimmer einfach betrat.

Auf dem großen Doppelbett lag er zusammengerollt. Der Angestellte weinte, das konnte man klar hören. Stumm ging der Arsenalspieler auf ihn zu und legte ihm die Hand auf den Rücken. Daraufhin drehte sich Daniel schnell um und blickte Mesut mit verheulten Augen an.

„Was willst du hier? Mir unter die Nase reiben, dass sie es dir gesagt haben und du jetzt", begann der Katzenbesitzer krächzend.

„Sie haben mir rein gar nichts erzählt. Kaum warst du weg, hat dich Thomas verteidigt und in Schutz genommen. Ich weiß nicht, was dich bedrückt, aber du willst es mir nicht erzählen und dass respektiere ich", unterbrach ihn der Deutschtürke einfach.

„Wieso?", wollte der Jüngere wissen.

„Ich kenne es auch, wenn man wirklich nicht reden will. Daher weiß ich, wie lästig diese ganzen Fragen sein können. Normalerweise harke ich auch nicht so oft nach, aber ich war halt neugierig, und ja...", murmelte der Nationalspieler.

„Danke", sagte nun der Katzenbesitzer.

„Du musst dich nicht bedanken, zumindest nicht bei mir", entgegnete Mesut einfach.

„Wieso bist du hier?", fragte nun der Jüngere und setzte sich auf.

„Thomas meinte, du würdest Beistand brauchen", gab der Mittelfeldspieler beschämt zu.

„Wärst du auch gekommen, wenn er nichts gesagt hätte?", harkte nun Daniel nach.

„Vermutlich nicht", erwiderte der Arsenalspieler wahrheitsgemäß.

Der Jüngere wollte es nicht zugeben, aber diese Antwort verletzte ihn mehr, als für ihn jetzt gut war. Es herrschte Stille bis Mesut die eine Frage stellte, die ihm schon die ganze Zeit auf der Zunge gelegen hatte:

„Wieso geht dir das eigentlich so nah? Ich meine klar, es ist nicht toll, wenn eigentlich Fremde sich in das eigene Privatleben mischen. Aber gibt es eine spezifischen Grund für deine Reaktion?"

Der Katzenbesitzer musterte den Nationalspieler lange, bevor er schließlich zu sprechen begann:

„Ja, den gibt es. Sagen wir's mal so: Ich hatte es nicht einfach, nachdem ich bei meinen Eltern ausgezogen war. Die Geschichte umfasst mehrere prägende Kapitel. Am liebsten würde ich alles vergessen, aber das geht halt nicht so einfach. Mein Plan war es neu anzufangen, nicht aufzufallen und mein Leben wieder halbwegs auf die Reihe zu kriegen. Aber seit ich in das Drama hier involviert bin, scheint sich alles zu wiederholen. Ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich das auch ein zweites Mal durchstehe"

Mesut setzte sich zu nun zu Daniel aufs Bett und zog ihn einfach zu sich.

„Willst du mir erzählen, was genau passiert ist?", erkundigte sich der Fußballer vorsichtig.

„Nein", war die knapp angebundene Antwort des Gefragten. Die beiden verharrten schweigend in ihrer Position.

Irgendwann fiel dem Deutschtürken das regelmäßige Heben und Senken des Brustkorbes des Jüngeren auf. Dieser war tatsächlich eingeschlafen. Der Nationalspieler überlegte nun, wie er am besten aufstehen sollte, damit er den Katzenbesitzer nicht weckte. Während er die verschiedensten Möglichkeiten durchdachte, nahm der Angestellte ihm die Entscheidung ab. Dieser hatte sich nämlich mit seinem gesamten Körper auf den Älteren gelegt, sodass Mesut sich nicht mehr rühren konnte. Ergeben schloss der Mittelfeldspieler nun die Augen. Kurz darauf fielen ihm selbst die Augen zu.

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