21. Türchen 9- Wahrheit oder Pflicht... das klärende Gespräch

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Der nächste Auserwählte der Flasche war Toni. Der Realspieler entschied sich wie beim letzten Mal für eine Frage. Der Wolfsburger überlegte lange, um etwas Geeignetes zu finden. Schlussendlich entschied er sich für den peinlichsten Trennungsgrund des ehemaligen Bayers.

„Naja... auf die Schnelle fällt mir da jetzt nichts ein. Hm... vielleicht das, als sich meine Ex von mir getrennt hat, weil sich der festen Überzeugung war, dass ich schwul bin und sie nur als Alibifreundin ausnütze.

Sie hat mir damals sogar einen Zettel geschrieben, auf der alle meine ‚homosexuellen Eigenschaften' aufgelistet waren. Dass sie fast ein ganzes A3 beidseitig voller Klischees beschreiben konnte, gab mir da ein wenig zum Nachdenken", erzählte Toni schulterzuckend.

„Was stand da zum Beispiel oben?", erkundigte sich Thomas neugierig.

„Zum Beispiel, dass ich schreckliche Stimmungsschwankungen habe. Pingelig, ordentlich und überdurchschnittlich viel auf mein Aussehen achte... solche Sachen halt", erklärte der Mittelfeldspieler darauf.

Ein allgemeines Schmunzeln ging durch den Kreis, jedoch kam sonst keine Reaktion von der Mannschaft.

„Also ich würde vorschlagen, dass Toni jetzt als letzter dreht und nach dieser Wahrheit oder dieser Pflicht hören wir auf. Einverstanden?", kam es gähnend von Sami.

Es gab keine Widersprüche, was den Juvespieler nicht sonderlich überraschte, schließlich konnten viele der Spieler die Augen kaum mehr offen halten.

Die Flasche landete bei Mesut, der sich erneut gezwungener Weise für Pflicht entschied.

Toni überlegte lange, um das bestmögliche aus der Situation rauszuholen. Im Endeffekt war seine Aufgabenstellung an den Deutschtürken ziemlich einfach:

„Führe ein klärendes Gespräch mit Daniel"

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„Was? Wieso ein klärendes Gespräch?", fragte Mesut gespielt verwundert.

„Du weißt genau, warum. Also hopp, hopp", forderte Sami seinen Kollegen auf und zog ihm am Arm gepackt auf die Beine.

Als er dasselbe bei Daniel machen wollte, bemerkte Sami, dass auf dessen Schoß immer noch Christoph saß. Durch dessen gleichmäßige Atmung war schnell klar, dass dieser eingeschlafen war. Vorsichtig versuchte der Angestellte aufzustehen. Doch der Nationalspieler klammerte sich an seine Brust und grummelte ein wenig.

„Wie wär's, wenn wir ihn ins Bett bringen, dann könnt ihr reden gehen", schlug Jonas hilfsbereit vor. Den missbilligenden Blick seines Freundes konnte er dabei nicht sehen.

„Gut, dann macht ihr das", sagte Toni sofort. Dabei befreite er Daniel irgendwie von seinem schlafenden Kollegen und drückte ihn Jonas und Julian Draxler in die Arme.

Sami packte nun Daniel und Mesut an den Handgelenken und zog sie in das Zimmer des Katzenbesitzers. Wortlos schloss er die Tür von außen. Dabei hoffte er, dass es die beiden endlich auf die Reihe bekommen würden.

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„Du gehst mir aus dem Weg", begann Mesut zögerlich.

Keine Reaktion von Daniel folgte.

„Wieso?", wollte nun der Fußballer wissen.

Seufzend drehte sich der 24-Jährige zum Nationalspieler und sagte:

„Ich denke, es ist das Beste, wenn du mich in Ruhe lässt und ich dich"

„Wieso das auf einmal?", wollte der Deutschtürke verwirrt wissen.

Als der Katzenbesitzer wieder Anstand machte, nicht zu antworten, fuhr der Ältere einfach fort:

„Vor ein paar Tagen bist du noch auf meiner Brust eingeschlafen und heute willst du nichts mehr mit mir zu tun haben? Was soll der Scheiß?", verlangte der Fußballer wütend zu erfahren.

„Also wenn ich mich richtig zurück erinnere, bist du an dem Abend zu mir gekommen und nicht umgekehrt. Außerdem geht es dich einen feuchten Dreck an, wenn ich mein Verhalten ändere", zischte Daniel darauf.

„Das geht mich sehr wohl was an, schließlich sind wir Freunde", entgegnete Mesut stur.

„Echte Freunde würden mir so was nicht antun", erwiderte der Jüngere mit zugekniffenen Augen.

„Was habe ich dir denn bitte angetan? Du bist es doch, der mit einem anderen in die Kiste springt und mir dann noch vor allen unter die Nase reibt", kam es wütend vom Nationalspieler.

„Als ich das erzählt habe, ging es mir gar nicht um dich. Außerdem wieso sollte es dich auch interessieren, du hast ja auch die letzten Tage nicht wirklich versucht mit mir zu reden", sagte der Angestellte ungläubig.

„Ich soll nicht versucht haben mit dir zu reden? Nicht einmal hatte ich wirklich eine Chance dich auch nur anzusprechen. Entweder bist du in der Küche verschwunden, oder hast mir irgendwelche Ausreden aufgetischt, damit du ja nicht mit mir reden musst. Ich habe viel versucht, also unterstell mir ja nicht, dass ich es nicht wollte", erwiderte der Ältere scharf.

Dabei sah er dem Katzenbesitzer tief in die Augen. Während er diesen Blickkontakt aufrechterhielt, sprach der Fußballer zischend weiter:

„Du hingegen verletzt mich bei jeder dir bietender Gelegenheit. Nicht nur, dass du dich blenden mit Thomas und neuerdings Manuel verstehst, nein, du bist wohl auch ganz dicke mit Chris. Und wäre das nicht genug, lässt du dich von irgendeinem Wichser ficken"

„Mit wem ich mich verstehe und mit wem nicht geht dich nichts an. Du hast kein Recht über mich zu reden, als wäre ich billig und würde mich von jedem vögeln lassen", zischte der andere zornig zurück.

„Du bringst mir nichts als Unglück, also lass mich", fügte er noch aufgebracht hinzu.

„Wie soll ich dir denn bitte Unglück bringen?", wollte der Arsenalspieler wütend wissen.

„Denk mal scharf nach, vielleicht fällt es dir dann ein", fauchte der Jüngere.

„Weißt du eigentlich wie sehr du mich verletzt, wenn du mir nichts erzählst, dafür aber jeden anderen? Oder wenn du mir das Gefühl gibst, als würdest du ganz gut ohne mich klar kommen? Oder wenn du mich ignorierst und mir solche Dinge an den Kopf schmeißt, ich aber nicht einmal den Hauch einer Ahnung habe, wovon du sprichst? Höchstwahrscheinlich nicht... oder?

Es scheint nicht, als würdest du mich noch weiter in deinem Leben wollen. Und genau zerstört mich innerlich. Ich weiß nicht, was ich für dich bin, aber ich weiß, was du für mich bist", sagte Mesut traurig und wandte sich ab.

„Ach, und was bin ich deiner Meinung nach?", erkundigte sich Daniel kopfschüttelnd.

Der Arsenalspieler näherte sich Daniel, bis sich nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Sie blickte sich tief in die Augen. So erkannte der 24-Jährige auch, dass der Ältere gerade vollkommen ehrlich zu ihm gewesen war.

„Denk mal scharf nach, vielleicht fällt es dir dann ein", entgegnete der Deutschtürke leise. Daraufhin drehte er sich um und verließ das Zimmer des Jüngeren ohne sich noch einmal umzudrehen.

Als die Tür ins Schloss fiel, erkannte der Katzenbesitzer erst, was er da gerade abgezogen hatte und was ihm Mesut gerade gesagt hatte. Weinend ließ er sich aufs Bett fallen.

Er hatte es also wirklich geschafft, den Arsenalspieler zu verletzen und sich dabei jede Chance auf eine gemeinsame Zukunft verbaut. Diese hätte er auch gar nicht verdient, so wie er sich benommen hatte.

EM 2016 - Das Trainingslager davorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt